Der Bronzehändler
leuchtende Spuren über den Stein gezogen. Sonnenglast prallte von hellen Flächen zurück und markierte die Adern von Glimmergestein; unerträglich heiß, blendend grell. Im weiten Umkreis fanden die einundvierzig Männer knochig ausgedörrte Dinge: Leder von zerfetzten, versengten Blasebälgen, fast unkenntlich, graue Feuerstellen, zerborstene Reste halbkugeliger Schmelzöfen, Schmelzgruben, Steinhämmer – woher war das Brennholz geschleppt worden? – Spuren von Hütten und Wasserführungen aus wohlgemeißelten Quadern, Reibesteine, steinerne Stößel und viele Aufschüttungen zertrümmerten Gesteins. Am dritten Tag nach dem Morgen der Sperber kletterten, stapften und stolperten sie durch die Ruinen einer Siedlung, in der einst Hunderte Menschen gearbeitet hatten; zwischen pulverisierten Holzkohlenresten war eine Felsenquelle, an deren Wasserlauf zwei dürre Schakale eine Schlange zerrissen. Das winzige Rinnsal, ehe es spurenlos versickerte, war das einzige, das die Landschaft mit rieselndem Plätschern von der Totenstille trennte. Karidon notierte schweigend, dass täglich fünfzig Eselslasten zwischen dem Ufer und dem talkesselartigen Gebiet geschleppt werden müssten; jede Kleinigkeit, die ein paar hundert Menschen zum Leben und Arbeiten brauchten. Er kletterte über heiße Felsen bis zum höchsten Punkt der Felswand, zwei rissigen Steinnadeln, hockte sich in den Schatten und spähte über die Landschaft, die an tausend Stellen leuchtete und funkelte, als sei sie von Goldstaub gesprenkelt. Gold. Viel Gold. Nur mit diesem Tauschmittel konnte Chakaura seine brüchige Macht sichern: bei Priestern, habgierigen Händlern, nehesischen Bogenschützen oder selbstherrlichen Gaufürsten. All das, was ihm Jehoumilq erklärt und was er auf zahlreichen Fahrten und Märkten, in Schenken und bei Händlertreffen erfahren hatte – hier erkannte er den trostlosen Teil der Macht, Größe und Gottähnlichkeit. Das Gleichnis des Sehedhu-Grabmals des alten Gottkönigs – der Mann, Gott oder Goldhorus, Knabe im Schilf oder Herr beider Länder, war die Spitze. Ganz unten kratzten einige Hunderte oder Tausende von zwei, drei Millionen das Gold für seine Macht aus den Höhlen im harten Fels.
»Spätestens jetzt weißt du's, Karidon aus Kefti«, murmelte er, rückte den Bogen auf der Schulter zurecht und kletterte nach prüfenden Rundblicken hinunter zu seinen Leuten. Sie füllten sämtliche Wassergefäße und machten sich in der größten Mittagshitze auf den Weg; ihre Schatten wanderten drei Handbreit neben ihnen entlang der grässlichen Pfade im Land der Skorpione, Schlangen und Steine.
Am Ufer warteten, Tage später, vier Boote. Karidons abgekämpfte Horde, stinkend und müde, umrundete die letzten Ausläufer des Schilfsumpfes und schwankte auf Feuer und Fackeln zu. Die Esel schrien, als treibe man glühende Kupferstangen in ihre After. Mlaisso und Ptah rannten auf Karidon zu und schwenkten Fackeln. Über dem bleisilbernen Band des Hapi hing der bleiche Mond, zu zwei Dritteln gefüllt. Karidon ächzte in der schweißigen Umarmung des hochgewachsenen Kushiten.
»Wir alle sehen wenig blühend und ausgeschlafen aus«, sagte er mürrisch und musterte die Freunde im Licht knisternder Fackeln. »Keine Verletzungen, keine Tote; nur zwei Grautiere sind elend krepiert.«
»Und viele Einsichten und Erkenntnisse, wie?« Ptah legte freundschaftlich die Hand auf Karidons Schulter und schlug, als Herashtkeru vorbeihinkte, die Faust an dessen Arm. »War es schlimm, ihr Tapferen?«
»Steck den Finger in den Arsch«, murmelte Karidon, »und riech dran. So war's. Nicht anders. Wir sind so ausgedörrt, alle, dass wir nicht mal pissen können.«
»Kommt zu den Booten. Frisches Bier aus Iken!«, brüllte Mlaisso. »Nicht alle auf einmal, beim Chons! Hintereinander. Wir sind nicht in Men-nefer!«
Die Männer warfen Waffen und Ausrüstung in den Sand, wateten in den Hapi, tauchten unter, grunzten und murmelten Undeutliches, hockten sich ins Schilf, und die Bootsbesatzungen knoteten pflichtbewusst die Tragegurte der Eselslasten auf. Karidon genoss stöhnend vor Wohlbehagen die sternflirrende Finsternis, die Flammen, die strömende Kühle des Wassers und die hastigen Schlucke des Bieres aus beschlagenen Krügen.
Im Pharmuti, dem vierten Mond der Jahreszeit Peret, führte der Hapi Niedrigwasser. Unterhalb der zweiten Stromschnelle war die Schifffahrt erschwert; an einigen Stellen unmöglich. Die kleineren Boote auf dem Oberlauf kamen im schmalen
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