Der Bürohengst (Finn Falkner Reihe)
lange. Und mit jeder Sekunde, die verstreicht, fehlen mir mehr Worte für eine Antwort.
„Ich …“, fange ich schließlich an, aber Lukas unterbricht mich, indem er mich bestürmt. Hart landen seine Lippen auf meinen. Unsere Zähne stoßen schmerzhaft gegeneinander. Dann schmecke ich ihn und bin für einen Augenblick wie weggetreten. Erst, als er seine Hand zwischen meine Beine schiebt, reagiere ich.
„Hey! Stopp!“
Lukas sieht mich erschrocken an. „Entschuldige.“
„Ich – also – nein, das ist nicht richtig.“ Ich fühle mich, als befände ich mich plötzlich im freien Fall. „Ich kann nicht einfach wieder zurückkommen.“
„Also – bist du – mit …“
Ich weiß, was er fragen will. Und die Tatsache, dass er überhaupt daran denkt, schockiert mich. Noch mehr schockiert mich jedoch, dass ich diese Frage eigentlich mit ja beantworten muss. Auch wenn ich auf keinen Fall wieder was mit Marco anfangen will, kann ich nicht leugnen, dass wir eine Art Beziehung führen. Erst jetzt wird mir klar, dass Marco im Grunde exakt das bekommen hat, was er wollte. Wir nennen es nicht Beziehung , wir sprechen nicht von Liebe , aber mit der Zeit wird sich das ganz unbemerkt einschleichen. Es hat ja längst begonnen … Und genau das hat Lukas doch ebenfalls versucht, oder nicht? Ich sollte mir keine Sorgen machen um etwaige Fehltritte, weil er die Hoffnung für uns beide hatte, dass ich mich schon irgendwann mit ihm einleben werde.
„Ich liebe ihn nicht und ich will nichts von ihm“, sage ich viel zu spät. „Es ist eine reine Zweckgemeinschaft. Ich wohne bei ihm, weil ich mir keine eigene Bude leisten kann, und ich arbeite für ihn.“
Lukas nickt mit zusammengekniffenen Lippen. „Klar.“ Dann räuspert er sich. „Ich wollte dich auch noch sehen, weil ich mit dir über ihn reden muss.“
„Lukas, bitte …“
„Ich hab herausgefunden, dass er tatsächlich derjenige war, der die Videos veröffentlicht hat. Die sind alle von seiner IP-Adresse ins Netz geladen worden.“
Plötzlich sieht Lukas gar nicht mehr wie ein liebesbedürftiger Junge aus. Auf seinem Gesicht zeigt sich ein Audruck von Triumph, der ihm gar nicht gut steht. Und ich weiß gerade nicht, was mich mehr erschreckt.
„Lukas, ich hab das mit Marco geklärt.“
„Mann, der Sack hat dich verarscht!“
„Ich hab dich auch verarscht und trotzdem fragst du mich, ob ich zurückkomme …“
Lukas schaut mich an, als ob ich ihn geschlagen hätte. Ich beiße mir auf die Unterlippe, weil mir auffällt, dass meine Antwort ziemlich daneben ist.
„Wenn es so ist, wie bei mir …“ Lukas schluckt. „Dann empfindest du noch was für ihn.“
„Nein“, sage ich schwach. Dabei stimmt das nicht. Ich bin noch immer verletzt und auch manchmal noch sauer. Das sind Empfindungen. Und in letzter Zeit hat sich da ja wieder etwas Wohlwollendes eingeschlichen.
„Okay“, Lukas nickt erneut. „Meld dich einfach, wenn du das Schwein doch anzeigen willst. Vorausgesetzt natürlich, du kannst es dir leisten, den Job zu verlieren, und willst nicht länger sein Sklave sein …“
Mit den Worten lässt er mich stehen. Und ich stehe eine ganze Weile auf dem Flur und kann nicht fassen, dass er das tatsächlich gesagt hat. Wenn ich recht überlege, stimmt es sogar: Ich hab mich ziemlich abhängig gemacht. Wenn ich ihm das mit den Videos wirklich heimzahlen wollte, müsste ich auf meinen Job, die Creditpoints für die Uni und das Geld verzichten. Andererseits: Es wäre ein verlorenes Semester, aber ansonsten würde sich nicht viel zu vorher ändern. Also doch nicht so schlimm. Wenn ich will, kann ich jederzeit aussteigen. Lukas ist nur sauer. Und ich kann es verstehen. Allein das Gefühl, als ich ihn gesehen habe, sein Kuss und die Berührungen … Nein, mit Marco läuft echt nichts mehr. Er hätte niemals die Macht, mich zu verletzen. Das kann nur Lukas, weil ich wirklich was für ihn empfinde.
Bevor ich in den Seminarraum zurückkehre, geht schon die Tür auf und die ersten Studenten kommen heraus. Gut, dass Lukas weg ist.
„Hey, wie ist es …“, fängt Mara an. Dann sieht sie mein Gesicht. „Oh nein!“
„Was hast du denn gedacht? Dass wir plötzlich merken, wie dumm wir waren und jetzt heiraten wollen?“
„Ja, so in etwa – zumindest hab ich es gehofft.“
„Lüg nicht. Du hast ihm lediglich einen Gefallen getan, aber du fühlst dich bestimmt besser, wenn aus der Geschichte nichts mehr wird, gib’s zu.“
Mara seufzt. „Da ist
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