Der Bürohengst (Finn Falkner Reihe)
seltsam!
Ich schaue auf die Uhr. Zehn Minuten noch. Tja, Sören, heute kommst du mir nicht so leicht davon. Und tatsächlich guckt er schon wieder zu mir. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass darin eine gewisse Aufforderung liegt. Jedoch macht das keinen Sinn, wenn er immer zusieht, dass er mir aus dem Weg geht.
Sieben Minuten. Er steht auf. Eilig sperre ich meinen PC und stehe genau in dem Moment auf, als er an mir vorbeigeht. Wieder der Blick. Aber selbstverständlich schön nichtssagend und neutral. Sören Molander, über dich darf man nichts Privates erfahren und Gefühlsregungen sucht man auch vergeblich. Im Grunde ein völlig uninteressanter Typ, wenn ihn nicht genau das so interessant machen würde …
Wir gehen nebeneinander durchs Großraumbüro.
„Na? Schon Pause?“, fragt er.
„Nö, muss aufs Klo.“ Die Antwort habe ich mir zurechtgelegt. Ich will ihn ja nur ein bisschen aus der Reserve locken, aber nicht aufdringlich wirken.
Kurz vor den Aufzügen biege ich also auf die Herrentoilette ab und – huch, er folgt mir! Ich halte ihm die Tür auf.
„Danke!“
„Mmh“, mache ich. So ein Mist! So weit hatte ich nicht geplant. Stelle ich mich jetzt echt ans Pissbecken? Kommt bestimmt seltsam rüber, wenn ich doch nicht pinkle. Allerdings, falls ich in eine der Kabinen verschwinde, würde ich eine eventuelle Annäherung seinerseits verhindern. Das will ich ja noch weniger.
Ich stelle mich also vor ein Pissoir und öffne meine Hose. Tatsächlich stellt sich Sören neben mich. Dabei sind noch zwei weitere Becken frei. Oh Mann, jetzt gilt’s! Ich hole meinen Schwanz raus und schaue angestrengt nach unten. Ich höre Sörens Reißverschluss. Er ist sicher anderthalb Köpfe größer als ich und hat somit einen guten Ausblick. Verdammt, ich spüre, wie mir das Blut in die Schwellkörper schießt. So schnell kann ich gar nicht reagieren, wie mir plötzlich einer steht. Ich drehe mich ein wenig weg und hoffe, dass Sören nicht rüberguckt. Wenn ich einfach einpacke, macht das ja auch einen komischen Eindruck. Obwohl ich natürlich sagen könnte, dass ich auf öffentlichen Toiletten Hemmungen habe. Das würde mich vielleicht sogar sympathisch machen …
„Kein Problem“, sagt Sören völlig unerwartet.
Ich schaue überrascht zu ihm rüber. Erst nach oben in seine wahnsinnig blauen Augen, dann nach unten auf seinen Schwanz – seinen voll ausgefahrenen Schwanz …
„Ich kann auch nie pinkeln, wenn andere dabei sind. Und mit einer Erektion erst recht nicht.“ Er zwinkert.
„Ha …“, krächze ich ein halb abgewürgtes Lachen heraus. Was bedeutet das denn jetzt? Muss er wirklich Wasser lassen? Oder war das der Eisbrecher, der mich zu einer Handlung motivieren soll? Und wenn ja, er sieht doch, dass ich ebenfalls eine Stange habe, warum macht er dann nicht den ersten Schritt? Verdammt, Sören, warum musst du denn immer so vage sein?
„Ich glaub, so wird das nichts“, unterbricht er meine Gedanken. „Wir sollten wohl nacheinander pinkeln.“
Danke-danke-danke! Er muss wirklich! Nicht auszudenken, wie peinlich das geworden wäre, wenn ich ihm jetzt an den Schwanz gepackt hätte und er mir dann ganz unerwartet erzählt, dass seine Frau das gar nicht gut finden würde. Bei diesem Kerl habe ich echt keine Peilung!
„Willst du …“
„Nein“, unterbreche ich ihn. „Mach du zuerst.“ Ich packe meine Latte ein und verschwinde aus dem Klo. Ich hab’s ziemlich eilig. Irgendwie war das total schräg. Ich hab nicht mal richtig auf sein Teil geschaut. Ich weiß nur, dass es da und verdammt lang war. Aber so wirklich konnte ich mir kein Bild davon machen. Unglaublich! Ich sehe Sörens Teil und schaue nicht richtig hin! Aber dass er ebenfalls einen Steifen bekommen hat, spricht doch Bände. Weshalb sollte ein Heterokerl einen hochkriegen, nur weil ein anderer Kerl mit Lolli neben ihm steht. Obwohl, es gibt alles. Hab mal was gelesen, dass Heteros ab und an Freundschaftslatten bekommen. Natürlich heißt das auf gar keinen Fall, dass sie irgendwie schwul sind, nein-nein-nein, das bedeutet nur, dass sie sich wohlfühlen. Heten sind schon lustig. Vielleicht war das gerade ja was ähnliches. Aber ich glaub’s nicht. Sören ist schwul oder zumindest bi. Trotzdem traue ich mich nicht, den ersten Schritt zu machen. Das wäre echt fatal, wenn ich mich von seiner vieldeutigen Art zu irgendwelchen Peinlichkeiten hinreißen ließe.
„Marco hat angerufen. Du sollst hoch. Brauchst nichts
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