Der Bürohengst (Finn Falkner Reihe)
aber noch mal um. „Ach so, also, wenn du – ähm, also, du verabschiedest dich doch noch, bevor du – abhaust, oder?“
Ich muss lachen. „Klar.“ Ich weiß ja nicht mal, ob ich das wirklich durchziehe …
Dann sitze ich wieder an meinem Arbeitsplatz und warte auf eine Nachricht von Lukas. Verdammt, warum antwortet er nicht? Zumindest in der Mittagspause wäre eine kleine SMS drin gewesen! Aber nichts. Ich komme mir bis zum Feierabend so allein vor, wie schon lange nicht mehr. Allerdings bin ich auch ziemlich froh, dass weder Marco noch Sören auf der Arbeit sind.
Auf dem Heimweg halte ich es kaum aus. Ich habe extra eine Stunde länger gemacht, um meine Verspätung von heute Morgen ein bisschen wiedergutzumachen. Ich hoffe, dass Lukas bereits auf mich wartet.
Aber er ist natürlich nicht zu Hause. Marek ist in seinem Zimmer mit seiner Freundin beschäftigt und Mara schreibt an ihrer ersten Hausarbeit für dieses Semester herum. Wenn ich mitbekomme, wie sie sich für die Uni ins Zeug legt, plagt mich auch hier ein schlechtes Gewissen. Von meinen fünf Kursen habe ich nur vier bis zum Ende besucht. Dabei fällt mir ein, dass ich Marco dringend noch auf die Bescheinigung anhauen muss, damit ich mir die Arbeit als Praktikum anrechnen lassen kann. Vielleicht hätte ich das mal besser früher gemacht …
Zwei Stunden lang liege ich nackt im Bett rum und warte auf Lukas. Das kann echt nicht sein! Selbst wenn er die Verspätung ausgleichen wollte, hätte er längst zu Hause sein müssen! Und er hat natürlich sein Handy aus! Verdammt!
Irgendwann ist es mir zu doof. Ich ziehe mich wieder an und laufe nervös durch die Wohnung. Mara meint auch, dass Lukas längst zurück sein sollte, aber ich soll mir mal keine Sorgen machen. Ja, Lukas ist erwachsen, das weiß ich selbst. Trotzdem fühle ich mich nicht gut. Gerade nach unserem Wiedersehen finde ich es schon ziemlich komisch, dass er nicht so schnell wie möglich mit mir in die Kiste springen will. Aber vielleicht ist das auch nur mein Denken und Lukas empfindet inzwischen ganz anders … Das hätte ich allerdings gestern merken müssen, oder?
Schließlich rufe ich auf der Wache an. Ich komme mir so dämlich vor, wie eine besorgte Mutter, deren Kind sich verspätet. Ich muss warten. Irgendwann werde ich durchgestellt und man sagt mir, dass Lukas nicht da ist. Beinahe gebe ich mich damit zufrieden, dann hake ich doch noch nach:
„Oh, gut, wann hat er denn Feierabend gemacht?“
Die Frau am anderen Ende zögert.
„Ich bin ein Freund von Lukas“, sage ich. „Wir sind verabredet und er hätte eigentlich längst hier sein müssen, aber …“
„Ich kann leider keine Auskunft geben“, höre ich die Stimme. Irgendwas stimmt da nicht!
„Ja, das verstehe ich, allerdings bin ich sein Mitbewohner und irgendwie – er hätte längst zurück sein müssen …“
„Mmh, komisch …“
„Was ist komisch?“ Ich beschließe, nicht lockerzulassen.
Die Frau seufzt. „Er ist heute nicht zur Arbeit erschienen …“
Mir läuft es eiskalt den Rücken hinunter. Erst Sören, dann Marco, jetzt Lukas … Ich unterbreche das Gespräch und rufe sofort bei Marco an. Es klingelt und klingelt und klingelt … Das kann doch alles kein Zufall sein! Wenn ich recht bedenke, hat das mit dem Verschwinden ja schon viel früher angefangen – nämlich bei Werner Zielke.
„Mara!“, schreie ich. „Irgendwas stimmt nicht. Ich muss zu Marco!“
Ich warte nicht auf eine Antwort und renne sofort aus dem Haus. Marco ist der Einzige, der eine Erklärung abgegeben hat, zumindest, wenn ich Pascal glauben darf. Aber wenn er wirklich krank ist, warum geht er dann nicht ans Telefon?
Für die Öffentlichen habe ich jetzt keine Ruhe. Ich bestelle mir ein Taxi und treibe den Fahrer zur Eile an. Zumindest darauf ist Verlass. Bahnen kommen immer zu spät und sind überfüllt, während Taxifahrer dafür wie die letzten Henker rasen. Mein Glück, dass ich ein Exemplar erwischt habe, das tatsächlich noch auf meine Forderung eingeht und durch die Stadt brettert, als hätte es nie Verkehrsregeln gegeben.
Dann stehe ich endlich vor Marcos Haustür. Ich klingle und warte. Mein Herz klopft wie verrückt. Irgendwie ahne ich, dass das alles nichts Gutes zu bedeuten hat. Ich weiß doch, dass Marco in seinem Wahn viel weiter gehen kann, als es gut ist ... Andererseits, ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass er Lukas etwas antut. Nein! Das glaub ich einfach nicht!
Ich klingle jetzt Sturm. Er
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