Der Buick: Roman (German Edition)
Pennsylvania noch von anderswo. Auf der Windschutzscheibe waren überhaupt keine Plaketten oder Aufkleber. Der Besitzer des Buicks war anscheinend weder Mitglied der AAA noch der Elks, weder des Lions Clubs noch von Kiwanis. Er förderte weder die Pitt noch die University of Pennsylvania (zumindest hatte er keine Aufkleber dieser Unis an den Fensterscheiben), und seinen Wagen schützten weder Mopar noch Rusty Jones.
Trotzdem war es ein ziemlich cooles Auto … auch wenn ihm sein Chef gesagt hätte, er solle das Fahrzeug nicht bewundern, sondern nur schnell betanken.
Der Buick schluckte Hochleistungsbenzin für elf Dollar. Das war damals, als ein Liter davon für neunzehn Cent zu haben war, eine Menge Kraftstoff. Entweder war der Mann im schwarzen Regenmantel mit fast leerem Tank losgefahren, oder er hatte eine lange Strecke am Stück zurückgelegt.
Dann wurde Bradley klar, dass Letzteres nicht sein konnte. Schließlich waren die Straßen noch nass und standen in den Senken sogar unter Wasser, aber auf der glatten dunkelblauen Hülle des Buicks war kein einziger Schlammspritzer zu sehen. Und auch die breiten, luxuriösen Weißwandreifen waren makellos sauber. Bradley Roach erschien das absolut unbegrei fl ich.
Es ging ihn natürlich so oder so nichts an, aber vielleicht konnte er darauf hinweisen, dass eine gültige Prüfplakette fehlte (Mann, da klebte nicht mal eine ungültige ). Vielleicht brachte ihm das ein Trinkgeld ein. Vielleicht genug für ein Sixpack. Es war noch ein halbes Jahr hin, bis er selbst legal Bier kaufen durfte, aber wenn man nur wollte, gab es da Mittel und Wege, und Bradley wollte.
Er ging zurück ins Kassenhäuschen, setzte sich, nahm wieder die Inside View zur Hand und wartete darauf, dass der Mann im schwarzen Mantel wiederkam. Es war ein verdammt heißer Tag für so einen langen Mantel, aber Bradley dachte, wenigstens das hätte er mittlerweile durchschaut. Der Mann war ein BD , bloß ein wenig anders als die in der Gegend um Statler. Anscheinend aus einer Sekte, die das Autofahren gestattete. BD – so nannten Bradley und seine Freunde die Amish. Bauerndeppen.
Eine Viertelstunde später, als Brad den Artikel » Die Außerirdischen waren hier!« des Ufo-Experten Richard T. Rumsfeld (Veteran der US Army) zu Ende gelesen und ausführlich das blonde Mädel von Seite vier betrachtet hatte, das dem Anschein nach in BH und Höschen an einem Bergbach angelte, wurde ihm klar, dass er immer noch wartete. Der Typ war anscheinend nicht auf die Toilette gegangen, um nur ein kleines Geschäft zu erledigen; nein, hier ging es eindeutig um eine größere Investition.
Kichernd stellte er sich den Mann vor, wie er da unter den rostigen Rohren im Dämmerlicht (die einzige Glühbirne war einen Monat zuvor ausgebrannt, und weder Bradley noch Hugh waren bisher dazu gekommen, mal eine neue einzuschrauben) auf dem Klo hockte, den schwarzen Mantel um sich her ausgebreitet, sodass Mäusekötel daran kleben blieben. Dann nahm Brad wieder die Zeitung zur Hand und schlug die Seite mit den Witzen auf. Die beschäftigten ihn weitere zehn Minuten. Einige der Witze waren so komisch, dass Brad sie drei- oder gar viermal las und immer noch dabei kicherte, doch auch die geistreichsten Scherze verlieren irgendwann an Reiz. Er legte die Zeitung wieder aufs Pult und sah auf die Uhr über der Tür. Dahinter, bei den Zapfsäulen, schimmerte der Buick Roadmaster in der Sonne. Fast eine halbe Stunde war vergangen, seit der Fahrer mit erstickter Stimme » Öl ist okay!« gerufen hatte und dann, hinter sich bauschenden schwarzen Stoff, um die Ecke des Gebäudes verschwunden war. War er ein BD ? Gab es überhaupt welche, die Auto fuhren? Brad glaubte nicht, nein. Die BD hielten doch alles, was einen Motor hatte, für Teufelswerk, nicht wahr?
Also gut: Dann war er wohl doch keiner. Aber was auch immer er war – wieso kam er nicht wieder?
Mit einem Mal kam ihm die Vorstellung, wie der Typ da hinter der Tankstelle im Dunkeln auf dem Klo hockte, gar nicht mehr so lustig vor. Das Bild vor seinem geistigen Auge hatte sich geändert, und nun saß der Mann zwar immer noch da, den Mantel auf dem schmutzigen Linoleum und die Hose um die Fußknöchel, aber er drückte und grunzte nicht mehr mit hochrotem Kopf. Jetzt hatte er den Kopf gesenkt, und sein Kinn ruhte auf seiner Brust, und sein breiter Hut (der eigentlich wirklich nicht wie ein Hut der Amish aussah) war ihm nach vorn über die Augen gerutscht. Er regte sich nicht. Er atmete
Weitere Kostenlose Bücher