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Der Buick: Roman (German Edition)

Der Buick: Roman (German Edition)

Titel: Der Buick: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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nicht. Er schiss nicht, nein, er war tot. Herzkasper oder Schlaganfall oder so was in der Richtung. Das war durchaus möglich. Wenn selbst der King of Rock ’n’ Roll beim Kacken abkacken konnte, konnte das jeder .
    » Nee«, sagte Bradley Roach leise. » Nee … das würd er nich … nee …«
    Er nahm wieder die Zeitung zur Hand und versuchte einen Artikel über die fliegenden Untertassen zu lesen, die uns unentwegt observierten, verlor aber sofort den Faden. Er legte die Zeitung hin und sah zur Tür. Der Buick stand immer noch da und schimmerte im Sonnenschein.
    Von dem Fahrer keine Spur.
    Eine halbe Stunde … nein, jetzt waren es schon fünfunddreißig Minuten. Mist . Bradley griff wieder zur Inside View und versuchte einen Artikel über jugendliche Satanisten in Florida zu lesen. Eines der Mädchen hatte mächtig Holz vor der Hütte, aber wenn es nach Bradley Roach gegangen wäre, konnten die anderen getrost zum Teufel gehen.
    Weitere fünf Minuten vergingen, und dann ertappte er sich dabei, dass er schmale Streifen von der Zeitung riss und in den Mülleimer trudeln ließ, wo sie wirre Papierhäufchen bildeten.
    » Scheiß drauf«, sagte er und stand auf. Er ging zur Tür und dann um die Ecke des kleinen weißen Kassenhäuschens aus Ytongsteinen, in dem er arbeitete, seit er die Highschool geschmissen hatte. Die Toiletten befanden sich hinten an der Ostseite. Brad überlegte noch, ob er die Sache ohne Umschweife – Mister, alles in Ordnung mit Ihnen? – oder doch eher humorvoll angehen sollte – he, Mister, ich hab da einen Böller, falls Sie einen brauchen. Wie sich dann herausstellte, kam er nicht dazu, einen dieser sorgsam zurechtgelegten Sprüche anzubringen.
    Die Tür zum Herrenklo hatte einen Riegel, der nicht richtig hielt, und wehte, wenn sie nicht von innen verschlossen war, bei jedem starken Luftzug auf, und deshalb stopften Brad und Hugh immer ein zusammengefaltetes Pappstück in den Türschlitz, wenn niemand auf der Toilette war. Wäre der Mann aus dem Buick dort drinnen gewesen, dann hätte er das Pappstück entweder mitgenommen (und wahrscheinlich auf das Waschbecken gelegt, während er sein Geschäft erledigte), oder das Pappstück hätte auf der kleinen Betontreppe vor der Tür gelegen. Letzteres war meistens der Fall, erzählte Brad später Ennis Rafferty; er oder Hugh mussten das Pappstück immer wieder reinstecken, wenn die Kunden weitergefahren waren. Meistens mussten sie auch die Spülung betätigen. Die Leute drückten ihre Würste achtlos in die Welt, wenn sie nicht zu Hause waren. Die Leute waren geradezu widerlich, wenn sie nicht zu Hause waren. Nicht alle natürlich, aber erstaunlich viele. So ist das nun einmal im Leben, sagte Bradley später wie ein weiser, alter Mann und nicht wie der Zwanzigjährige, der er war, der Pickel am Kinn hatte und in dessen linkem Nasenloch ein ziemlich dicker Popel hing, der sich im Haar dort verfangen hatte wie eine Fliege in einem Spinnennetz.
    Das Pappstück war genau da, wo es hingehörte, ragte knapp über dem Riegel, wo es am besten hielt, aus der Ritze zwischen Tür und Türpfosten. Der Mann mochte auf der Toilette gewesen sein und beim Gehen das Pappstück wieder reingesteckt haben, so was passierte hin und wieder schon mal. Es war zwar selten, dass sich Fremde Gedanken machten, kam aber durchaus vor. Doch dann hätte er es ja wohl kaum wieder an genau die gleiche Stelle gesteckt, da er nicht hier aus der Gegend war und diese prima Stelle fünf Zentimeter über dem Riegel nicht kennen konnte.
    Trotzdem machte Brad die Tür auf, um mal nachzusehen, und fing dabei das herausfallende Pappstück mit der freien Hand auf – genauso geschickt und beiläufig, wie er dann in späteren Jahren am linken inneren Türgriff seines Buicks immer Bierflaschen öffnete. Wie er es im Grunde seines Herzens gewusst hatte, war niemand in dem kleinen Raum. Keine Anzeichen dafür, dass die Toilette benutzt worden war, und Brad hatte ja auch die Spülung nicht gehört, als er in seinem Kassenhäuschen gesessen und die Zeitung gelesen hatte. Und auch keine Wassertropfen auf den rostigen Rändern des Waschbeckens.
    Da kam es Brad in den Sinn, dass der Mann vielleicht nicht um die Tankstelle herumgegangen war, um aufs Klo zu gehen, sondern um sich den Redfern Stream anzusehen, der hier für einen Durchreisenden durchaus einen Blick (oder sogar einen Schnappschuss) wert war, mit dem Felsvorsprung dort am Nordufer und den vielen Weiden darauf, die ihr grünes Laub

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