Der Bund der Drei
Hunde, wie stellst du dir das vor ?«
»Ich stelle mir das ganz reizend vor! Es wird schon irgendwie gehen...«
Noch ganz benommen, starrte ich auf die kleinen Pfoten, die mir in seliger Geborgenheit entgegenragten. Sie hatten rosa Zehen, und die fünf Polster waren genau wie bei meinem ersten Pucki meist abgelaufen, so daß die rosa Farbe darunter zum Vorschein kam. Dann hob ich das kleine Gebäude hoch und stellte es auf den Teppich. Es war wunderschön, aber merkwürdig schwach auf der Hinterhand und federleicht.
»Ja — wieso — ich verstehe das alles noch gar nicht! Wo kommt er denn her — haben Doktors...«
»Ich habe ihn soeben direkt aus dem Zwinger abgeholt. Nebelthaus hatten ihn sich, als das Kind da war, wieder nach Hause genommen; aber es ging nicht. Der Kleine fängt jetzt an zu krabbeln, quält den Puck und steckt sich vor allem, wenn er unbeobachtet ist, seinen Schwanz in den Mund. Das arme Puckchen hat viel aushalten müssen, er war so eifersüchtig, und das Baby ging natürlich vor. So fühlte er sich immer zurückgesetzt. Schließlich mußte er wieder für eine Zeit in den Zwinger zurück, und man entschloß sich endlich, ihn schweren Herzens zum Verkauf anzubieten. Zufällig erinnerte sich Dr. Nebelthau, daß du ihn so gern haben wolltest, und — da habe ich ihn gekauft. Er soll dein Hund sein, dein eigener, verstehst du ?«
Ich verstand.
In meinem ganzen Leben hatte ich mich weder so schnell von einer Gallengeschichte erholt noch mich je so schnell
angezogen.
Dann gab es im Oberstock nochmals große Begrüßung des neuen Hausgenossen durch Mama und Mathilde. Beide mußten zugeben, daß er >einfach süß< sei, aber sie taten es mit Vorbehalten. Mathilde, die enthusiastische Anbeterin >ihres Cocki<, fand offenbar in ihrem Herzen keinen Raum mehr für dieses neue Geschöpf, während die Mama, hartgeprüft durch das stürmische Auf und Ab im Leben zweier unruhiger Kinder, in dem Neuankömmling eine Mehrbelastung gerade in dem Augenblick sah, wo >man doch ziemlich schieflag<. Außerdem beherrschte sie die bange Frage: »Wer weiß, ob sie sich vertragen (die drei Hunde, meinte sie!) ?«
»...und wer weiß, ob er nicht die Staupe kriegt?«
»...und wer weiß, ob — und ob — und ob...«
— und in diesem Augenblick bohrte Pucki das Köpfchen zwischen ihre Beine und wollte gekrault sein.
»Na, dann komm mal mit«, sagte sie und führte ihn in ihr Zimmer, das immer nach Lavendel riecht und wo die Fotos und die Artikel Herrchens seit den frühesten Tagen aufgehoben sind, wo Mamas einzige kleine Schwäche, die Likörflasche, steht und wo es vor allem Schokolade und Keks für die kleinen Jungen gibt. Sie brach ein kleines Stück Schokolade ab, legte einen Keks dazu und setzte sich damit auf ihren Diwan.
Pucki machte weder Männchen wie Peter noch tatzte er brutal wie Cocki, er war wie ein Schatten auf ihrem Schoß und nahm dann ganz vorsichtig, was ihre Hand ihm gab.
Er schlang die Schokolade auch nicht, wie die beiden anderen, mit einem einzigen Ruck herunter, sondern kaute ungeheuer umständlich und bedächtig daran herum. Hinterher legte er Mama die Arme um den Hals, gab ihr ebenso sanft ein Küßchen hinters Ohr, sprang hinunter und kam zu uns. Er hoppelte an uns empor, sah uns mit unternehmungslustigen Augen an, wedelte mit dem steifen Krummschwänzchen und gab zu verstehen: So, nun wollen wir mal weitersehen!
»Süß ist er ja«, hörten wir die Mama sagen, als wir die Treppe hinunter ins Erdgeschoß stiegen, Puck immer dicht an meinen Fersen.
Unten gab es ungeheuer viel zu entdecken. Besonders interessierten ihn die Spuren seiner künftigen Kameraden, die sich noch irgendwo auf der Straße herumtrieben. Zunächst steuerte er auf Cockis Schatzkammer unter der Kommode zu. Er verschwand mit dem Vorderteil darunter, während sein Hinterteil mit den Fellhöschen und dem aufgebogenen Schwänzchen in die Höhe ragte. Eine Weile sortierte er die Knochensammlung, dann kam er tief erschüttert und mit verwüstetem Bart wieder ans Tageslicht und nieste ein paarmal so kräftig, daß ihm die Vorderbeine unter dem Körper wegflogen. Es hatte ihm da unten ganz offensichtlich nicht gefallen, und es zeigte sich auch in der Folgezeit, daß er niemals, wie die beiden anderen, Verfaultes oder nicht mehr ganz Einwandfreies fraß.
Dann ging er steifbeinig ins Eßzimmer und saugte dort mit der Nase den Teppich ab. Am gründlichsten die Stellen, an denen unsere beiden anderen Hundesöhne während der
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