Der Bund der Drei
Die ganze lange Schnauze bis hinten hin voller Zähne, vom die gefährlich aussehenden beiden Reißzähne, dazwischen die kleinen Schneidezähne, ebenso weiß wie eine Perlenkette. In Kiefer und Rachen das vorschriftsmäßige Pigment. Das ganze Wesen strahlte hohe, etwas dekadente Rasse aus.
»Na, gefällt er Ihnen ?« hörte ich die Stimme des Arztes hinter mir.
»Blendend schön! Wenn ich nicht schon meine beiden Strolche hätte, würde ich ihn sofort nehmen .«
»Glaube ich, aber Sie würden ihn nicht bekommen, mein Lieber! Den gebe ich niemals her .«
»Er erinnert mich so an mein Puckchen... Ich hätte doch einen Drahthaarfox nehmen sollen; es sind richtige Menschenhunde, und keine Rasse spielt so niedlich wie sie. Rauft er sich auch so? Das war bei meinem Puck die ewige Angst .«
»Nein, er ist ganz friedlich. Aber laut! Das ist aber auch nicht schlimm, denn meine Frau ist viel allein, und er bringt wenigstens Leben in die Bude .«
»Wie heißt er denn ?«
»Puck.«
»Puck...«, sagte ich und griff nach ihm, »süßer kleiner Puck !« Und im Innern bat ich dem Unvergeßlichen ab, daß ich einen anderen Puck so schön fand. Er indessen schien das als eine Aufforderung aufzufassen, denn er ließ den Ball fallen; plötzlich hatte ich das kleine, leichte Tier auf meinem Schoß, zwei kleine Fellärmchen legten sich um meinen Hals, und eine kleine knallrote Zunge polierte meine Nase.
»Wie alt ist er denn ?«
»Ein halbes Jahr.«
Dann trennten wir uns schweren Herzens.
Ein halbes Jahr später brachte ihn Dr. Nebelthau mit auf Besuch. Puck war nun ausgewachsen und etwas größer und kräftiger geworden. Als ich wieder mit ihm spielte, überfiel mich erneut die alte Wehmut und das Bedauern, dieses bezaubernde Geschöpf nicht besitzen zu können. Puck warf meinen Papierkorb um und zerfetzte den Inhalt im Akkord, daß das Zimmer aussah, als habe es geschneit. Draußen tobte das eifersüchtige Gespann Cocki-Peter gegen die Tür, kläffte und knurrte mit der besten Absicht, den Eindringling sofort zu zerreißen. — Puck trabte steifbeinig gegen die Tür, legte den Kastenkopf schief und stieß seinerseits ein langes Knurren aus. Dann drehte er um, sprang mir auf den Schoß, gab mir einen Kuß und sah sich noch einmal verächtlich nach dem Getöse vor der Tür um: »Blöde Gesellschaft, nicht ?« Dr. Nebelthau flüsterte derweilen mit meiner Gefährtin im Nebenzimmer. Als er weg war, sagte sie:
»Übrigens, bei Nebelthaus wird in diesen Tagen etwas Kleines kommen! Während der kritischen Zeit will er Puck wahrscheinlich in den Zwinger zurückgeben .«
»Schade«, meinte ich, »daß wir ihn nicht derweilen nehmen können; aber erstens würden ihn die beiden anderen umbringen, und zweitens würden wir uns, glaube ich, noch mehr in ihn verlieben, und das wäre wiederum ein Unrecht gegen unsere beiden Strolche.«
Und abermals verging ein halbes Jahr. Es war gerade wieder Frühling. Da warf mich eine Krankheit nieder, eine jener tückischen Gallenaffären, die ihren Ausgangspunkt im Seelischen haben.
Das schlimmste war, daß man mich nicht genug bedauerte. Meine Hunde waren fast immer >auf Fahrt<. Die ersten Tage hatte mir wenigstens Peterchen Gesellschaft geleistet, während der Dicke nur dann erschien, wenn der Teewagen an mein Bett gerollt wurde. Da man aber vorwiegend Haferschleimsuppe servierte, folgte er sehr bald nicht einmal mehr dem Teewagen und holte Peter obendrein einen Tag später zu einer neuen Braut ab.
Also auch von diesen, meinen letzten Freunden verlassen... Da, auf diesem Tiefpunkt meiner Stimmung, tat sich die Tür auf, nur für einen Moment wurde eine Hand sichtbar und schob etwas Weißes ins Zimmer, etwas schmales Weißes mit großem Kastenbart, das sofort auf mein Bett flog und mich umarmte und küßte. Pucki!
Ich erwiderte seine Liebkosungen, und schließlich legte er sich neben mich aufs Kopfkissen, die dicken steifen Beinchen starr in die Luft gereckt, während ich ihm seinen rosa dunkelgefleckten Kinderbauch streichelte.
»Siehst du«, sagte ich zu meiner Gefährtin, die inzwischen hereingekommen war, »niemand kümmert sich um mich, ein fremder Hund muß kommen...«
»Es ist kein fremder Hund, ich habe ihn gekauft und schenke ihn dir !«
Ein Gallenleiden ist ja eine merkwürdige Geschichte, wenn es nervöse Ursachen hat: Ich saß jedenfalls sofort aufrecht und fühlte gar nichts mehr. Mit Ausnahme eines großen unfaßbaren Glückes.
»Du bist ja verrückt«, stammelte ich, »drei
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