Der Bund der Illusionisten 3: Brennender Wind (German Edition)
in deiner geschlossenen Hand hierherbringen würdest, würde es zurückfliegen und sich wieder mit den anderen verbinden, sobald du deine Hand öffnest. Ich habe das Gefühl, dass dieser Sand ein lebendiges Wesen ist. Und es ist teilweise halb-fühlend, wenn man so will. Ein Wesen wie kein anderes, aber trotzdem lebendig. Nicht alle stimmen mir da zu. Korden denkt, ich bin mondverrückt, aber es würde erklären, wieso der Sand im Wind nicht davonfliegt.«
» Wann kann ich hineingehen?«
» Heute nicht. Dazu ist es bereits zu spät. Die Illusionierer werden jetzt nicht da sein, nicht, wenn es auf die Abenddämmerung zugeht und der Sand aufhört zu tanzen. Morgen in der Hitze des Tages werden sie dich rufen. Wenn du ihren Ruf nicht hörst, darfst du nicht eintreten, sonst bist du verdammt. Es ist kein angenehmer Tod.«
Angesichts der Vorsicht in seiner Stimme weiteten sich Arrants Augen. » Er hat Angst«, dachte er und war überrascht, dass selbst ein Mann wie sein Vater, der die Zitterödnis unzählige Male durchquert haben musste, immer noch so viel Achtung vor ihr hatte.
» Erinnerungen rühren einen alten Kummer auf«, sagte Temellin leise. » Ich habe Freunde in ihr verloren. Aber sie hasst uns nicht. Sie macht sich nur einfach nichts daraus.«
Ligea – nein, Sarana – hatte ihm das auch gesagt. Die Sandkörner töteten ohne schlechtes Gewissen. Sie zerfetzten die Kleidung, bis sie nur noch aus einem Haufen Fäden bestand. Dann scheuerten sie einen so lange ab, bis man tot war, rieben die Haut wund und schabten sie ab und raspelten mit ihren winzigen Partikeln am Fleisch. Das Fleisch begann zu nässen, dann zu bluten. Sand sprang in die Ohren, trieb das Opfer in den Wahnsinn, während die Trommelfelle durchlöchert wurden und die Sandkörner noch tiefer eindrangen. Augenlider wurden zerfetzt, Augen zerkratzt, bis sie blind waren. Keine Körperöffnung war vor der wirbelnden, schürfenden, scheuernden Abtragung sicher. Wenn man Glück hatte, erstickte man am Sand. Wenn man nicht so viel Glück hatte, starb man, wenn man schließlich zu sehr blutete, um noch überleben zu können.
Temellin zog sein Schwert aus der Scheide. » Hier draußen in der Zitterödnis gibt es nur noch eine Magie, die funktioniert. Sieh her.« Er schwang die Waffe in einem Bogen zum Sand hin. Die durchscheinende Klinge flackerte am Scheitelpunkt der Kurve kurz auf. » Das Flackern verrät uns die Richtung des nächstliegenden Teils der nächsten Strebe. Auf diese Weise haben wir unseren Weg gefunden.«
» Das ist noch genauer, als wenn man den Sternen folgt«, fügte Garis hinzu.
» Wieso funktioniert die andere Macht der Magori hier nicht?«, fragte Arrant.
Temellin antwortete. » Wer weiß das schon? Manche sagen, dass die Zitterödnis sich dadurch nährt, dass sie unsere Cabochone und unsere Schwerter leersaugt. Seltsam ist, dass die Kräfte der Illusionierer nicht gemindert werden. Ich habe mich oft gefragt, warum. Was unterscheidet ihre Macht von unserer, wenn der Ursprung unserer Macht doch in ihrer liegt?« Er zuckte mit den Schultern. » Ich schätze, es spielt eigentlich keine Rolle. Es ist einfach nur ein kleineres Rätsel, das an meiner intellektuellen Neugier nagt.«
Samias Augen schimmerten, als sie sich bückte und die Sandkörner berührte, die am Rand des roten Felsens tanzten. Sie wogten davon, und Samia lachte.
» Versuch es mit der linken Hand«, sagte Garis, und Samia tat es. Sandkörner ließen sich im Herzen ihrer Handfläche nieder, sammelten sich um ihren Cabochon herum.
» Sie haben alle verschiedene Farben!«, rief sie. Arrant beugte sich vor, um sie sich ebenfalls anzusehen. Es stimmte: Einzeln betrachtet, hatten die Sandkörner alle Farben des Regenbogens. Sie kicherte. » Sie kitzeln.«
» Hör zu, sie summen«, sagte er. Es stimmte. Als er sich vorbeugte, um zu lauschen, konnte er ihr Lied hören, aber die Worte waren immer noch unerreichbar.
» Erinnerst du dich?«, fragte Temellin leise, an Garis gewandt. » Es kommt mir vor, als wäre es erst gestern gewesen…«
» Ich erinnere mich.«
» Woran erinnern?«, fragte Samia.
» An den Moment, als Arrants Mutter die Zitterödnis zum ersten Mal gesehen hat.«
» Warst du damals auch hier?«, fragte Arrant und sah Garis an.
Es war Temellin, der antwortete. » Ja. Und auch Brand. Wir vier waren hier.«
Alle schwiegen. Arrant war verlegen. Als er hörte, wie sein Vater im gleichen Atemzug von Sarana und Brand sprach, wäre er am liebsten vor
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