Der Bund der Illusionisten 3: Brennender Wind (German Edition)
und sah zu seinem Vater hinüber, der im Schatten eines gezackten Gipfels der Strebe an einem Felsen lehnte. » Sie rufen mich«, sagte er.
» Dann ist es so weit.« Temellin kam zu ihm und ging mit ihm hinunter zum Rand der Sandwüste.
Garis musste Samia festhalten, damit sie nicht hinterherging. » Nein«, sagte er. » Das ist ein ganz persönlicher Augenblick zwischen einem Mann und seinem Sohn.«
Sie dachte darüber nach und nickte. » Fühlst du dich schlecht, weil du dies niemals für mich tun wirst– mich hierherbringen, so dass ich ein Magorschwert erhalten kann?«, fragte sie.
Er lächelte sie an und schüttelte den Kopf. » Nein. Warum sollte ich? Ich denke, du wirst auch ohne gut zurechtkommen.«
» Das tue ich. Aber Arrant braucht seines. Er braucht es dringend.«
» Ja, ich fürchte, das stimmt«, sagte er weich. Sie drehten sich gleichzeitig um, um zuzusehen.
Temellin blieb an der Stelle stehen, wo der Sand den Felsen berührte, und als Arrant seine linke Hand ausstreckte, nahm er sie, und sie legten ihre Cabochone aneinander. Arrant spürte nichts und vermutete, dass sein Vater auch nichts spürte; keine Schichten von Kommunikation, kein Wissen über die Emotionen des anderen, ein Mangel, der das Bedauern, das sie beide spürten, noch verschärfte.
Temellin sagte leise: » Sag ihm… sag ihm, dass ich oft an ihn denke. Jeden Tag seines Lebens habe ich an ihn gedacht und mir gewünscht, dass die Dinge anders gekommen wären.«
Arrant stand starr da. Temellin sprach nicht von Tarran; nicht wirklich. Er meinte den Bruder, von dem er glaubte, dass Arrant ihm noch nie begegnet war. Laut sagte er: » Er ist vielleicht gar nicht da.«
» Natürlich wird er da sein. Hör zu, wenn du im Sand bist, wirst du nur sehr wenig sehen. Geh auf die Stimmen zu, die du hörst. Wenn du danach zur Strebe zurückkehren willst, nun– sollte dein Schwert funktionieren, dann kannst du sein Flackern nutzen, um zu sehen, welchen Weg du nehmen sollst. So, wie ich es dir gezeigt habe.«
» Und wenn es nicht funktioniert?«
» Dann wirst du dich auf die Illusionierer verlassen müssen. Sie warten immer, bis der Empfänger des Schwertes sicher zurück auf der Strebe ist. Solange sie da sind, wird der Sand dir nichts tun. Wenn dein Schwert nicht sofort flackert, sobald du es in der Hand hältst, frage sie, was du tun sollst. Früher haben sie meistens in Bildern mit uns gesprochen, in Illusionen geradezu, aber seit dein Bruder bei ihnen ist, scheinen sie unsere Sprache besser verstehen zu können.«
Er nickte und unterdrückte seine Nervosität. Natürlich würden die Illusionierer helfen. Es gab keinen Grund, Angst zu haben. Er hielt den Kopf hoch und drehte sich um, um in die Zitterödnis zu gehen. Die quyriotische Kette war seltsam heiß an seinem Hals; das war noch nie so gewesen, wenn er nicht auf einem Reittier gesessen hatte. » Die Sonne muss die Perlen erwärmt haben«, dachte er. Er stopfte den Hemdkragen unter sie, damit sie nicht mehr seine Haut berührten.
Der Sand vor ihm teilte sich, so wie er es vierzehn Jahre zuvor für seine Mutter getan haben musste. » Dies ist mein zweites Mal«, dachte er verwundert; sie war damals mit ihm schwanger gewesen.
Der Boden unter seinen Füßen war hart, und der Sand wurde tiefer, als er hineinging: Er reichte ihm bis zu den Knien, dann bis zum Oberschenkel, dann bis zur Taille. Nichts berührte ihn; die Sandkörner wirbelten und wogten, ein Strudel mit ihm in der Mitte. Es war, als würde er ins Meer gehen und vom Meerwasser nicht berührt werden. Er ging tiefer, und der Gesang wurde stärker, wurde rasender. Worte liebkosten ihn – er hätte schwören können, dass es Worte waren –, denen er trotzdem keinen Sinn entnehmen konnte. Er hatte das Gefühl, als würde sich seine Kette bewegen, und legte eine Hand auf die Perlen. Die Runen verlagerten sich unter seinen Fingern, und er riss die Hand weg. » Du hast zu viel Phantasie, du Narr«, murmelte er.
Er spürte die Sehnsucht nach Kommunikation in der Luft, den Wunsch einer fremden Entität zu sprechen. Das Geflüster des Sandes war da, in seinem Geist, aber er konnte es nicht verstehen.
» Ganz bestimmt ist die Ödnis lebendig«, dachte er. » Sie fühlt sich jedenfalls so an, als wäre sie es.« Er fragte sich, ob die Runen versuchten, ihm mitzuteilen, was sie sagte, etwa so, wie sie versuchten, ihm etwas über seine Reittiere zu erzählen.
Schulterhoch. Er sah zur Strebe zurück. Temellin war noch da, wo
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