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Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung

Titel: Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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schlürfte seine Suppe und beobachtete Travers über den Rand seines Bechers hinweg. Der Hauptmann runzelte die Stirn.
    »Eines will ich Euch aber fragen, Denser. Glaubt Ihr wirklich, dass die Wytchlords nicht schon längst von den Kräften von Xetesk vernichtet wurden?«
    »Eure und meine Auffassung von der Geschichte unterscheiden sich, Travers«, erwiderte Denser. »Wir besaßen damals nicht die Fähigkeit, die Wytchlords zu vernichten. Und jetzt sind sie aus ihrem Gefängnis geflohen.«

    »Oh, ja, das … wie hieß es noch gleich? Das Gefängnis zwischen den Welten oder so?« Travers schüttelte den Kopf. »Eine hübsche Geschichte. Sie war sicher gut geeignet, um die anderen Kollegien bei der Stange zu halten, das muss man Euch lassen. Ihr habt wohl auch selbst daran geglaubt, was?«
    Denser schwieg sich aus.
    »Natürlich glaubt Ihr daran«, fuhr Travers fort. »Ich kann wohl kaum erwarten, dass Ihr auf einmal alles abschüttelt, was Ihr in so vielen Jahren der Indoktrination gelernt habt, nicht wahr?«
    »Ihr missversteht die Motive von Xetesk«, sagte Denser. »Unser Ruf ändert sich nur langsam, aber unsere Ideale und Motive haben sich in der Tat verändert.«
    Jetzt klatschte Travers langsam Beifall, und Denser wurde allmählich wütend. Er hatte Mühe, sich zu beherrschen.
    »Mit solcher Inbrunst habt Ihr gesprochen, aber ich fürchte, Ihr seid ernstlich in die Irre geführt worden. Mein Wissen über Eure Forschungen lässt ein ganz anderes Bild entstehen, und Ihr müsst doch zugeben, dass Dawnthief ganz gewiss kein moralischer Spruch ist, nicht wahr?«
    Wieder trat Schweigen ein. Denser leerte seinen Becher, und seine Hand wurde wieder gefesselt.
    »Habt Ihr denn nun die Identität der Katalysatoren herausgefunden?« , fragte Travers leichthin. Er beugte sich vor und wiegte sein Glas in beiden Händen.
    »Nein«, sagte Denser.
    »Ich verstehe. Nun gut. Macht ja nichts.« Der Hauptmann wandte sich an Isman. »Du kannst Denser auf sein Zimmer führen.« Isman nickte, band die Hände des Xeteskianers los und zog den Magier hoch. Isman mochte groß und schlaksig sein, doch er war auch sehr stark. »Ihr werdet
feststellen, Denser«, fuhr Travers fort, nachdem er sein Glas wieder gefüllt hatte, »dass Eure Suppe ein wenig mit Drogen versetzt war. Eure aber, Ilkar vom Raben, war es leider nicht.«
     
    Der Regen hörte allmählich auf, und der Dunst hob sich von den Hügeln, bis droben eine niedrige Schicht dunkler Wolken zu sehen war. Hirad fühlte sich, als wollte seine Haut nie wieder trocken werden. Ganz zu schweigen davon, einen klaren Kopf zu bekommen. Sie waren mehr als drei Stunden lang ohne Pause gelaufen, und die Feuchtigkeit klebte ihm in jeder Pore. Noch schlimmer, die Nachwirkungen des Brophane bestanden aus einem Kopfschmerz, der sich zu einem Pulsieren und Stechen auswuchs, das den ganzen Schädel von innen auszufüllen schien. Er sah sich nach rechts und links um und stellte fest, dass Talan und Richmond so mies aussahen, wie er sich fühlte.
    Vorher, bevor das Licht verschwunden war und die Gespräche dem trägen, aber entschlossenen Tappen von Stiefeln auf Fels und Erde gewichen waren, hatten Richmond und Talan sich überlegt, dass sie die Burg der Schwarzen Schwingen frühestens zwei Stunden vor der Morgendämmerung erreichen konnten. Ihre körperliche Verfassung, das schwierige Gelände und die Dunkelheit unter den schweren Wolken verlangsamten ihr Marschtempo. Steile Felsen erhoben sich zu beiden Seiten des Weges, und vom Wind gebeugte Bäume, Heidekraut und eine Grassorte mit dicken Stängeln waren die einzigen Pflanzen, die sich in dieser kargen Landschaft noch halten konnten. Im Osten und Westen erhoben sich, so weit das Auge blicken konnte, die nackten Berghänge. Die sanften Hügel des Landes von Pontois waren nur noch eine ferne Erinnerung.
    Während er sich mit gesenktem Kopf ein halbes Dutzend
Schritt hinter seinen Freunden dahinschleppte, sah Hirad sich einer Woge von ohnmächtiger Wut ausgesetzt. Vor weniger als einer Woche hatte der Rabe, sieben Mann stark und unbezwingbar, noch die Wehrgänge einer Burg gesichert und einen Sieg gefeiert. Aufrecht hatten sie da gestanden, lebendig und tatkräftig und stolz auf das, was sie in zehn großartigen Jahren geleistet hatten.
    Jetzt war ihre Truppe auf drei müde Schwertkämpfer geschrumpft, die verzagt durch die Gegend krochen und wahrscheinlich ihrem sicheren Tod entgegengingen. Und das alles hatten sie einem einzigen Mann zu

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