Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung

Titel: Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
Vom Netzwerk:
Turm. Er wusste, dass derjenige, der seinen Hausgeist gefangen hielt, auf ihn wartete und seine Gegenwart spüren konnte, ohne jedoch zu sehen, wo er sich tatsächlich befand. Die Erfahrung lehrte, dass die Menschen selten nach oben schauten, wenn sie andere Menschen suchten. Denser war im Vorteil.
    Lautlos ließ er sich zum Dach des Turms sinken und schwebte ein paar Fuß über dem Schieferdach. Immer wieder sandte er den Suchimpuls aus. Er bewegte sich langsam über das gesamte Dach und hoffte auf eine Antwort, auf irgendeinen Hinweis, in welche Richtung er sich wenden sollte. Er war nahe, das konnte er spüren, doch eine falsche Bewegung wäre jetzt verhängnisvoll.
     
    Der Hausgeist hörte abrupt auf, sich gegen seinen Mana-Käfig zu wehren, und legte den Kopf schief. Er packte die Stangen mit den Händen und beugte sich vor. Ein Grinsen erschien im unbehaarten Gesicht.

    Der Magier zuckte unwillkürlich zusammen, als er es sah, doch er schaffte es, trotz seiner Abscheu zu lächeln.
    »Ausgezeichnet. Dann darf ich annehmen, dass er gekommen ist«, sagte er.
    »Ja«, antwortete der Dämon mit einer Stimme, die klang wie Schritte auf feuchtem Kies. »Und du gehörst mir.«
    »Das glaube ich nicht«, erwiderte der Magier. Er drehte den Stuhl zur Tür herum. Sein gehässiges Grinsen kaschierte die Anstrengung, die es ihn kostete, den Spott des Geschöpfs im Käfig zu überhören.
     
    »Bleibt da hinter der Ecke zurück, ich stehe vor dem nächsten Wachzauber.«
    Eriennes Warnung brachte Will wieder zu sich. Er schaute auf, an Thrauns Rücken vorbei zu Erienne, die mitten in einer Gangkreuzung stand. Die Kugel leuchtete über ihrem Kopf, und hinter ihr verlor sich ein Gang in der Dunkelheit. Links und rechts waren nun keine Simse mit Särgen mehr, sondern nackte Wände. Der Gang war schmaler geworden.
    »Wo sind wir?«, fragte er.
    »Vor Arteches Gruft«, erwiderte Erienne. Sie deutete nach rechts. »Die Tür dort ist der Eingang. Sie ist geschützt. Niemand außer den gegenwärtigen Angehörigen des Rats der Meister der Überlieferung darf dort hinein. Sie sind vom Schutzspruch ausgenommen.«
    »Kannst du ihn umgehen?«
    »In gewisser Weise. Um es genauer zu sagen, ich kann ihn verschieben.«
    »Warum machst du dann …«, begann Will.
    »Für einen Dordovan-Magier ist dies nicht mehr als eine Abschreckung, aber selbst wenn man die Struktur kennt, ist es nicht ungefährlich, das Gebilde zu verschieben.
Leute wie ihr, gewöhnliche Menschen, hätten keine Chance. Ich könnte das, was von euch danach übrig ist, in der hohlen Hand halten.«
    »Hübsch«, murmelte Thraun. »Aber was genau ist es eigentlich?«
    »Im Grunde ist es eine Mana-Blase, welche die Tür bedeckt. In ihrem Innern befindet sich der Spruch, der wie eine Falle aufgebaut ist. Wenn du vorsichtig bist, kannst du die Blase verschieben. Wenn nicht, dann platzt sie … Ich rufe euch, sobald ich fertig bin. Aber tretet leise auf.«
    »Viel Glück«, sagte Thraun.
    »Danke«, sagte sie und verschwand hinter der Ecke.
    Vor der Sperre stellte sie ihre Augen um und stimmte sich auf das Mana-Spektrum ein. Es war genau, wie sie es beschrieben hatte, eine Mana-Blase, die sich bis etwa fünf Fuß vor die Tür erstreckte und an allen vier Seiten verankert war. Sie war leicht orange gefärbt. Das statische Mana, das sie speiste, besaß nicht das helle Strahlen des gebündelten Mana. Drinnen pulsierte blau, kalt und tödlich die Falle.
    Sie streckte die Hände aus und drückte sachte gegen die Blase. Sie gab nach wie ein voller Wasserschlauch. Das war ein gutes Zeichen. Diese Nachgiebigkeit ließ ihr ein wenig Spielraum für Fehler, wie es bei einem straff gespannten Schutz nicht der Fall gewesen wäre. Offenbar war diese Schutzvorrichtung schon seit längerer Zeit nicht mehr überholt worden.
    Erienne ließ die Hände sinken und konzentrierte sich. Sie erzeugte eine Mana-Form, mit der sie den Schutz vollständig umhüllen konnte. Sie arbeitete sich vom Zentrum nach außen vor und musste kaum auf die Reserven ihres eigenen Körpers zurückgreifen, weil die Gruft ihr fast alle Energie lieferte, die sie brauchte. Die Hülle wuchs, blähte
sich auf und nahm eine Form an. Zuerst war es ein Kreis, dann folgte sie dem Umriss des Wachzaubers und ahmte dessen Getalt in allen Einzelheiten nach. Im Gegensatz zum eingesperrten Zauber war ihre Hülle jedoch völlig starr.
    Es dauerte etwa fünf Minuten, und die ganze Zeit über war Erienne nervös, weil sie fürchtete,

Weitere Kostenlose Bücher