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Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung

Titel: Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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laufend stolperte Erienne mehrmals, doch sie blieb auf den Füßen. Hinter ihr heulte Thraun. Der Laut hallte zwischen den Mauern wider und stieg zum Himmel empor wie ein Schrei aus der Hölle. Erienne fragte sich, wer sie verfolgte und ob das Heulen die Verfolger aufhalten mochte. Sie selbst hätte ganz gewiss gezögert.
    Sie folgte Sol um mehrere Ecken, bis sie wieder eine breitere Straße erreichten. Zu beiden Seiten erhoben sich hohe Gebäude mit glatten Mauern. Hier waren die Schatten schwärzer als die Nacht. Thraun war nun wieder neben ihr, und hinter ihr hörte sie die Meute der Verfolger. In die Rufe mischte sich das unverkennbare Geräusch von Hufen auf Stein und Matsch.
    Dann konnte sie sehen, wie sie durch die Schatten näher kamen und vor ihnen die Pferde zügelten. Sol stürmte weiter, der Hausgeist nahm wieder die Gestalt einer Katze an. Jetzt erst erkannte Erienne, dass es sich bei den beiden Reitern um Denser und Jandyr handelte. Sie taumelte hinüber.
    »Bist du verletzt?«, fragte Denser.
    »Frag nicht«, keuchte sie. »Sie sind nahe, wir müssen uns beeilen.«
    Wie um ihre Worte zu unterstreichen, stürmten etwa zwanzig Männer in die Gasse. Pfeile surrten und prallten von den Wänden ab, und die Dordovaner spannten die Bogen neu. Sol warf Will auf ein Pferd, riss Erienne hoch und
setzte sie in ihren Sattel. Dann stieg er selbst auf, zog sein Pferd scharf herum und galoppierte davon. Wiehernd und mit klappernden Hufen folgten ihm die anderen Pferde; die Reiter hatten die Köpfe eingezogen und kauerten dicht an den Pferderücken.
    Thraun jedoch machte kehrt und stellte sich dem Feind.
    Sol führte sie zum Lagerhaus zurück und nach links wieder auf die Hauptstraße. Denser war dicht hinter ihm, gefolgt von Erienne, deren Kräfte schwanden. Sie konnte sich vor Erschöpfung kaum noch im Sattel halten. Neben ihr ritt Jandyr, der Thrauns reiterloses Pferd führte.
    Pfeile zischten über seinen Kopf hinweg zu den Pferden, als Thraun die erste Reihe der Verfolger erreichte. Er sprang über einen Mann hinweg und packte den Hals eines zweiten. Ein Ruck mit dem Kopf, und er hatte dem Opfer die Kehle herausgerissen. Sein Schrei ging in einem Gurgeln unter. Zehn Sekunden Wüten mit Zähnen und Krallen, und Thraun hatte die fassungslosen Verfolger zerstreut. Einige waren weggerannt, einige waren zurückgewichen. Andere lagen reglos am Boden, und ein oder zwei würden sich nie mehr erheben.
    Nachdem sein Werk getan war, ließ er von ihnen ab und streckte sich. Jetzt kam der lange Lauf in den Wald. Er heulte vor Freude, als er sich auf den Weg machte.

22
    »Ist es nicht aufregend, zum Raben zu gehören?« Hirad lehnte sich an den Baumstamm und streckte die Beine aus.
    »Geht es dir jetzt besser damit?«, fragte Ilkar.
    »Nein, ich fühle mich schrecklich überflüssig.«
    »So ist das aber nicht.«
    »Du weißt schon, was ich meine.«
    Das Lager war abgebaut. Alle Gerätschaften waren verstaut und an den Sätteln festgezurrt. Drei Pferde, darunter das von Denser, waren ein paar Schritte entfernt angebunden.
    Hirad lächelte, als er sich an die drängenden Worte seines Freundes erinnerte, während sie das Lager aufgelöst hatten. Jetzt saßen sie schon seit einer Stunde an Bäume gelehnt untätig herum. Eigentlich sollte er sich besorgt fragen, was in Dordover vor sich ging, doch abgesehen von seinem hartnäckigen Zorn auf Denser war er aus irgendeinem Grund seltsamerweise völlig ruhig. Vielleicht lag es daran, dass keiner der anderen ursprünglich zum Raben gehört hatte, so dass ihm deren Schicksal egal war. Teilweise traf dies zwar zu, doch das war nicht alles. Einigen Neuen,
vor allem Thraun und Jandyr, vertraute er sehr. Fast so sehr, wie er dem Unbekannten und Sirendor vertraut hatte. Fast.
    Die Trauer legte sich über ihn wie die tiefste Nacht, und Erinnerungen schossen ihm durch den Kopf. Bilder von Tod und Verlust verdrängten die Erinnerungen an die gute alte Zeit, die nun so vergänglich schien. Ras war gestorben, während sie rings um ihn kämpften. Richmond wollte einen Mann verteidigen, den er nicht einmal kannte, und musste mit seinem Leben bezahlen. Der Unbekannte, dessen Blut die Erde vor der Scheune benetzte … Sirendor, dessen Leben verging, während Hirad nur hilflos zuschauen konnte. Trotz all seiner großen Worte war er unfähig gewesen, sie zu beschützen, und jetzt war auch Talan fort, vertrieben von der Furcht und dem Wissen, dass sein Tod unausweichlich war, wenn er blieb.
    Hirad

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