Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung
hektisch an Zaumzeug und Zügeln herum und rief Befehle, die nicht immer befolgt wurden.
Er verknotete immer zwei Zügel und legte sie mit einer Schlinge hinten über seinen Sattel. Als er gerade wieder aufgesessen war, hielt ihn eine Stimme auf.
»Willst du die Pferde verkaufen? Es sind gewiss zu viele für einen einzigen Mann – Verzeihung, für einen einzigen Elf.«
Denser ließ sich neben Sols Schulter sinken.
»Ihr lauft in eine Falle. Biegt rechts ab und folgt mir.« Der Magier führte die Fliehenden durch Seitengassen. Er stieg höher, um sich zu orientieren und nach Jandyr zu sehen, und bemerkte, dass dieser vor einem Ring von Fackeln zurückwich.
»Verdammt auch.« Sein Bewusstsein verschmolz mit dem Hausgeist. »Folge meinen Blicken und führe Sol zu mir.« Der Dämon verließ den Mantel und flog los.
Es waren fünf, einer für jedes Pferd, bemerkte Jandyr. Drei hatten Fackeln, alle trugen Schwerter. Er hatte den bereits gespannten Bogen aus den Riemen gerissen, der Köcher war schon auf die Schulter geschnallt. Mit einem eingelegten Pfeil wich er zurück und hielt die Pferde hinter sich. Er musste auf Zeit spielen. Die Frage war freilich, wie viel Zeit ihm überhaupt blieb.
»Entferne dich von den Pferden«, befahl einer der Männer. Die Fackeln beleuchteten grobe Gesichter. Die Männer drangen weiter vor.
»Das kann ich nicht.«
»Dann müssen wir dich leider töten.«
»Einer von euch ist noch vor mir dran. Wer will es sein?« Jandyr zog den Bogen herum und bedrohte sie alle. »Du da?«, sagte er, und zielte auf einen, in dessen Augen er Unsicherheit erkannte. »Noch ein Schritt, und du bist ein toter Mann.«
Der Mann blieb stehen, doch die anderen kamen näher und wurden schneller, je näher sie kamen.
»Auf diese Weise kannst du uns nicht alle aufhalten.«
Jandyr blickte kurz zum Himmel und sah Denser herabstoßen wie einen Adler, der seine Beute gefunden hat. Er lächelte.
»Das ist auch nicht nötig.«
Denser rammte mit angezogenen Knien den Kopf eines Mannes, so dass dieser gegen einen anderen prallte. Beide stürzten schwer zu Boden. Jandyr ließ den Pfeil fliegen und traf einen weiteren Mann in die Brust. Er legte einen neuen Pfeil ein, spannte den Bogen und zielte auf die beiden, die noch standen.
»Wenn ihr wegrennen wollt, dann tut es jetzt.« Eine weitere Einladung brauchten sie nicht.
Denser achtete nicht weiter auf die beiden Männer, die
er umgeworfen hatte, und löste die Zügel der Pferde voneinander. Da seine Schattenschwingen verbraucht waren, stieg er auf ein Pferd. Jandyr nahm sich einen Moment Zeit, den Pfeil aus dem Toten zu ziehen.
»Los, komm schon.« Denser trieb sein Pferd an, die anderen folgten gehorsam. Jandyr schwang sich in den Sattel, und die Jagd ging weiter.
Erienne fühlte sich, als könnten jeden Moment ihre Lungen explodieren. Ihr Herz hämmerte wild in der Brust, die Beine waren schwer wie Baumstämme, und es pochte in ihrem Kopf. Sie hielt die anderen auf, das wusste sie, und die Verfolger kamen näher. Ein Pfeil verfehlte sie um wenige Handspannen und sauste durch die Straße, wo ein Unschuldiger ähnliches Glück hatte wie sie. Laute Verwünschungen drangen an ihre Ohren, während sie keuchend rannte.
Thraun trabte leichtfüßig neben ihr, ein halbes Dutzend Schritte vor ihr lief Sol. Der Hausgeist stand auf seiner rechten Schulter, eine Hand zeigte den richtigen Weg an, während die andere um den Kopf des Kriegers gelegt war. Der Anblick allein bahnte ihnen schon einen Weg.
Sie liefen jetzt eine breite Straße hinauf, näherten sich dem Zentrum von Dordover und rannten dann mitten über den großen Marktplatz, vorbei am alten Kornspeicher, in dem jetzt das Hauptquartier der Stadtwache untergebracht war. Die Straßen um das Kolleg waren nach Einbruch der Dunkelheit ruhig, doch Dordover selbst war auch am Abend noch eine belebte Stadt. Stadtwächter waren auf Streife und überwachten die Scharen der Theaterbesucher, die Imbissbuden und die Gassen, in denen Dirnen ihre Dienste anboten und wo der Dolch ebenso als Zahlungsmittel galt wie die Münze.
Gerade als sie einen Warnruf ausstoßen wollte, bog Sol nach rechts ab und entfernte sich durch eine schmale Gasse von der Hauptstraße. Hier war es ruhiger, über dieser Gegend lag die stumme Drohung eines nächtlichen, menschenleeren Industriegebiets. Straßenräuber versteckten sich im Schatten, und jede Ecke war eine Falle für den Unvorsichtigen. Ohne Lampe und tief im Schatten
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