Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers
um zu gehen, und stellte den leeren Becher auf den Schreibtisch, wo er auf einem Organisationsplan einen feuchten Ring hinterließ. »Entschuldigung.«
Kard zuckte mit den Achseln. »Schon gut. Ich glaube, die brauchen wir bald sowieso nicht mehr.« Er gab Barras zum Abschied die Hand. Der Händedruck war fest und zuversichtlich. »Viel Glück.«
Barras nickte. »Wir sehen uns nachher oben im Turm. Mögen die Götter mit Euch sein.«
»Wenn sie es nicht sind, dann werden wir ziemlich bald bei ihnen sein.«
»Ein bedrückender Gedanke.« Barras lächelte.
»Aber ein realistischer.«
Barras verließ das Zimmer und ging zum Herzen im Turm von Julatsa.
Die Rabenkrieger hatten im Windschatten einer kleinen Anhöhe eine Rast eingelegt, wo die Krieger vor dem stetig wehenden Wind geschützt waren. Über ihnen am Hang raschelten Farne und Büsche, vor ihnen lag das weite Land voller Flüsse, Sümpfe, Marschen und Buschwerk.
Sie waren bis zum Abend gewandert und hatten nur angehalten, wenn Denser ihnen zu verstehen gab, dass Erienne etwas Ruhe brauchte. Die dordovanische Magierin hatte von sich aus nichts gesagt, doch im schwächeren Licht des Spätnachmittags waren die Falten in ihrem Gesicht tiefer geworden, und obwohl sie sich gegen die Fürsorge sträubte, schlief sie schnell und mit zufriedenem Lächeln ein.
Will und Thraun hatten das Lager verlassen, sobald im Ofen ein Feuer brannte. Spät in der Nacht waren sie zurückgekehrt. Will gab sich zugeknöpft, während der Gestaltwandler Thraun, immer noch in seiner Wolfsgestalt gefangen, zu einem ruhigen Platz trabte, um sich ein Stück von den Freunden entfernt zur Ruhe zu legen. Sein Wolfsgesicht wirkte bedrückt, soweit man überhaupt darin lesen konnte.
Denser und der Unbekannte hatten die ersten Wachen übernommen, und als die Sterne sich bemühten, das Land ein wenig zu erhellen, saß Hirad wach im Lager, mit dem Rücken bequem an die Böschung gelehnt, betrachtete seine schlafenden Freunde und ließ den vergangenen Tag Revue passieren.
Sie waren schnell gegangen, aber sie waren immer noch zu Fuß unterwegs, und Hirad sorgte sich, weil sie keine Gelegenheit gefunden hatten, wenigstens ein paar Pferde für das Gepäck zu bekommen, damit sie unbeschwert laufen konnten. Noch mehr als die Tatsache, dass die Zeit drängte, beschäftigte Hirad die Frage, wie sie an
den Armeen der Wesmen vorbeikommen sollten. Genaue Zahlen hatten sie nicht, aber vor ihnen lag ganz sicher eine große Zahl von Feinden. Und danach hatten sie immer noch den Dämonenschirm zu überwinden.
Er hatte nicht viel von dem verstanden, was Ilkar erklärt hatte, doch es schien ihm, als sei es unmöglich, den Schirm zu durchbrechen, woraus auch immer er bestehen mochte. Irgendwie freute er sich auch auf den nächsten Kontakt mit Sha-Kaan, denn er hoffte, der mächtige Drache könne ihnen einen Weg durch die Barriere zeigen.
Hirad gähnte ausgiebig, dann schüttelte er den Kopf und sah nach oben. Bis zur Morgendämmerung blieben noch zwei Stunden, vielleicht sogar länger. Es war eine milde Nacht, wenn der Wind nicht die Haut abkühlte, und die sanfte Wärme des Ofens strahlte aufs ganze Lager aus.
Er stand auf, gab aus dem Beutel Kaffeemehl in seinen Becher und füllte ihn mit heißem Wasser aus dem Topf auf dem Ofen auf. Ihr Kaffee ging zur Neige, und Hirad rümpfte empört die Nase, als ihm bewusst wurde, dass sie bald wieder den Kräutertee trinken mussten, den Ilkar immer braute.
Als er sich wieder setzen wollte, ließ ihn ein Knurren herumfahren. Der Kaffee spritzte über seinen Handschuh. Thraun kauerte vor ihm und starrte ihn an, die gelben Augen funkelten kalt und böse. Hirad erwiderte den Blick und schaffte es sogar zu lächeln.
»He, Thraun, ich bin’s doch, kennst du mich nicht mehr?«
Thraun knurrte weiter, und seine Nackenhaare sträubten sich. Er zog sich etwas zurück und spannte die Hinterläufe zum Sprung. Gleich neben ihm regte sich Will und erwachte.
»Was ist denn los?«, fragte er verschlafen.
»Ich weiß auch nicht«, erklärte Hirad. »Er hat …«
Mit einem leisen Bellen sprang der Wolf in die Dunkelheit. Dann brachen die Schmerzen über Hirad herein. Kurz und heftig waren sie und überfluteten alle seine Sinne. Er ging in die Knie, und der Kaffee, der noch im Becher verblieben war, verteilte sich vor ihm auf der Erde.
»Hirad Coldheart, höre mich.« Hirad wusste nicht, warum Sha-Kaans Stimme dieses Mal so nahe war. Sie klang auch anders als beim
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