Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers
entreißen und das Herz zu überfluten, waren nicht stark genug. Sein Selbstvertrauen kehrte zurück, seine Muskeln entspannten sich, und der Druck im Kopf ließ nach. Er lächelte.
»Ja, Kerela. Ich bin jetzt bereit. Rufe den Herrn des Schirms.«
»Gut«, sagte Kerela. »Cordolan und Vilif, tretet von der Säule zurück. Dies ist allein meine Aufgabe.« Die Erzmagierin steckte den Kopf in die Säule hinein, bis das blaue Dämonenlicht um ihr Gesicht spielte. Barras sah, wie ihre Gesichtszüge sich anspannten. Im magischen Licht erinnerte ihr Gesicht an einen Totenschädel. Der ältere Elfenmagier hielt das Tor völlig ruhig. Nicht für Julatsa, sondern für seine Erzmagierin, für Kerela.
Kerela starrte dem Dämonensturm entgegen und begann mit einer Stimme zu sprechen, die so stark war wie zu Beginn der Anrufung.
»Heilera, duis … ich, Kerela, Erzmagierin im Rat von Julatsa in Balaia, rufe dich, Heila, den großen Herrn des Schirms. Komm zu mir, höre unsere Bitte und nenne deinen Preis.«
Eine Weile geschah überhaupt nichts. Das Flüstern blieb, wie es war, und der Ruf der Erzmagierin schien ungehört zu verhallen.
»Höre mich«, sagte Kerela. »Heila, höre mich.«
Abrupt hörte das Wispern auf.
»Ich höre dich.« Eine warme und freundliche Stimme erfüllte das Herz des Turms. Die Ratsmitglieder erschraken, doch die Verankerung hielt, und auch das Tor schwankte nicht.
Und dann war er da. Er kam allein, schwebte über der Flamme und drehte sich mit überkreuzten Armen, die Arme verschränkt und im Schoß ruhend, langsam um sich selbst. Als er erschien, löste sich die Säule wieder auf, und die verankernden Magier erwachten aus ihrer Konzentration, während der Manastrom wieder seinen natürlichen Wegen folgte.
Nur Kerela blieb auf Armesweite vor dem Herrn des Schirms stehen.
»Wir freuen uns über dein Kommen«, sagte sie.
»Schwerlich«, erwiderte Heila. »Schwerlich.« Er schien es tatsächlich zu bedauern, sich in ihrer Gegenwart zu befinden.
Barras wich zwar etwas zurück, konzentrierte sich aber weiterhin völlig auf das Dimensionstor. Es wäre eine Katastrophe gewesen, wenn das Tor in diesem Augenblick geschlossen worden wäre. Bevor Heila in dieser fremden Dimension unweigerlich vernichtet worden wäre, hätte er ihre Seelen in Stücke gerissen. Ringsum verhielten sich die anderen Ratsmitglieder völlig ruhig. Sie hatten sich bis
an ihre jeweiligen Wandsegmente zurückgezogen, nur Kerela blieb vorne stehen. Als ob die räumliche Entfernung irgendetwas ändern konnte.
Mitten im Herzen schwebte der Dämon, und Barras konnte einfach nicht verstehen, warum seine Erscheinung und sein Verhalten überhaupt nichts Böses auszustrahlen schienen.
Heila war etwas mehr als vier Fuß groß, sein nackter, menschenähnlicher Körper war dunkelblau, der Kopf kahl und von pulsierenden Adern überzogen. Auf den Wangen, auf der Oberlippe, am Kinn und am Hals spross ein sorgfältig getrimmter Bart. Seine kleinen und tief eingesunkenen Augen waren schwarz. Doch als er sich langsam an Barras vorbeidrehte und den Blick des Magiers erwiderte, konnte der Elf die ganze Bösartigkeit sehen, die hinter ihnen lauerte.
Heilas Bewegung hörte auf, als er sich Kerela zugewandt hatte. Er runzelte die Stirn, kniff die Augen zusammen und sah sie wütend an.
»Ich habe geruht«, sagte er. »Sage mir, was du willst, und dann reden wir über den Preis.«
Barras schauderte. Der Preis war die Seele eines Ratsmitgliedes, die Heila behalten konnte, solange er wollte.
Kerela erwiderte unverzagt seinen Blick.
»Unserem Kolleg droht eine Invasion. Der Feind darf unsere Mauern nicht durchbrechen. Wir brauchen einen Schirm, der unsere Wände umschließt und alle beschützt, die drinnen sind und jeden vernichtet, der es wagt, ihn zu berühren. Der Schirm muss den Hauptstrom an Mana im Kolleg umschließen, der dabei nicht verloren gehen darf.«
»Wie lange wird der Schirm gebraucht?«, fragte Heila.
»Bis die Belagerung aufgehoben wird. Mehrere Wochen. Genaue Angaben können wir nicht machen.«
Heila zog die Augenbrauen hoch. »Wirklich? Nun gut.« Er drehte sich wieder um sich selbst und sah nacheinander mit ausdruckslosen Augen die Ratsmitglieder an.
»Der Preis ist hoch«, sagte der Dämon. »Ihr müsst verstehen, dass unsere Kräfte verbraucht werden, wenn wir den Schirm aufrechterhalten. Wir brauchen Brennstoff, um unsere Reserven wieder aufzufüllen.«
Barras lief es kalt den Rücken hinunter. Ein Menschenleben
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