Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers
nicht, dass die Naik dich im Falle ihres Sieges in Ruhe lassen. Ich kann dir aber versprechen – und du weißt, dass du meinen Worten vertrauen kannst –, dass wir dich nach unserem Sieg beschützen werden. Wir werden die Feinde von deinen Grenzen fernhalten, während ihr eure Verletzten versorgt, und wir werden euch absichern, während eure Zahl wieder wächst. Nie wieder werden Veret und Kaan gegeneinander kämpfen. Unsere Gebietsansprüche überschneiden sich nicht, und wir haben keinen Grund, in Streit zu geraten. So soll es sein, wenn es nach den Kaan geht.
Ich erwarte nicht, dass du jetzt gleich antwortest. Du gehst ein Risiko ein, und das Schicksal deiner Brut hängt von deiner Entscheidung ab. Ich brauche deine Hilfe. Die Brut Kaan braucht deine Hilfe. Und jetzt muss ich aufbrechen. Ich muss mich auf den Kampf vorbereiten, wie du es tun musst. Vielleicht sehe ich dich im Sturzflug die Naik angreifen.«
»Der Himmel möge mit dir sein, Sha-Kaan«, sagte Tanis-Veret. Er war nachdenklich, doch es war nicht ersichtlich, was ihn ihm vorging. »Ich werde kommen, wenn die Naik mich rufen, weil ich es tun muss. Aber das ist auch alles, was ich tun muss.«
»Wie du willst, Tanis-Veret.« Er entfaltete seine Schwingen, bellte zum Abschied und flog heim ins Brutland der Kaan. Ihm war etwas leichter ums Herz, als er über die bevorstehende Schlacht nachdachte.
33
Als der Abend sich übers Land senkte, wurde auch der Nebel dichter, und das Leben im Brutland der Kaan, das ohnehin schon gemächlich verlief, kam beinahe zum Stillstand. Kein Drache blieben draußen, alle zogen sich in Chouls, Fusionskorridore oder private Gemächer zurück, sofern ihr Rang genügend hoch war. Der Rabe saß draußen am Fluss. Man hatte ihnen kein Quartier zugewiesen und erwartete offenbar, dass sie im Freien blieben. Doch es war eine warme und feuchte Nacht, und es war kein Problem, am Fluss das Lager aufzuschlagen.
Das einzige echte Problem lag in der Unsicherheit der Magier. Hirad war dies nur allzu sehr bewusst, wenn er Ilkars besorgte Blicke sah, oder das nervöse Zucken von Densers Lippen, wenn er sich die kalte Pfeife in den Mund schob.
Einerseits war es außergewöhnlich, dachte er, während er beobachtete, wie die vier in der Nähe stritten und übten. Sie saßen am Fluss auf einem flachen Stein, hatten Bücher und Papiere ausgebreitet und mit kleinen Steinen fixiert. Vier der begabtesten Magier von Balaia, darunter der
mächtigste Mann von Xetesk, rangen mit einem Problem, über das sie doch eigentlich schon fast alles wussten.
Andererseits war es gar nicht so überraschend. Sie waren gebeten worden, ein Loch zu schließen, das hunderte Fuß über ihnen am Himmel stand und fast so groß wie eine Stadt war. Hirad konnte nicht einmal ahnen, welche Fähigkeiten man dazu brauchte. Wieder einmal fühlte er sich hilflos. Er war ein Krieger und hatte dafür gesorgt, dass sie überhaupt hierher gelangen konnten, doch die wichtigste Arbeit musste erst noch getan werden, und dazu konnte er nichts beitragen. Er konnte jetzt nur noch herumsitzen und Kaffee trinken.
Dem Ofen gegenüber saß Thraun, immer noch schweigsam und brütend. Das lange blonde Haar war in der feuchten Luft klebrig geworden und hing in verfilzten Strähnen herunter. Der Gestaltwandler hatte kaum ein Wort gesprochen, seit Will gestorben war. Er kam nur in Bewegung, wenn der Rabe in Gefahr war. Er war nicht der einzige Rabenkrieger, der nicht mehr der Gleiche war wie früher.
»Thraun?«, sagte Hirad. Der junge Mann hatte abwesend ins Gras gestarrt. Jetzt hob er den Kopf und sah Hirad direkt an. In seinem Blick lag keine Kraft mehr, keine Entschlossenheit. Nichts außer brütendem Kummer. Jetzt, da er Thrauns Aufmerksamkeit gewonnen hatte, wusste Hirad nicht mehr, was er sagen sollte. Aber er musste irgendetwas tun, dieses brütende Schweigen musste gebrochen werden.
»Wie geht es dir?« Hirad wand sich innerlich, als er diese lahme Frage stellte. Thraun kümmerte es anscheinend nicht.
»Will hätte diesen Ort geliebt«, sagte er. Seine Stimme war wie ein dumpfes Grollen. »Er war ja immer so nervös. Eigenartig, wo er doch ein so begabter Dieb war. Dieser Ort hier ist so friedlich, das hätte ihn beruhigt.«
»Trotz der vielen Drachen, die hier herumfliegen?«
Hirad wurde mit dem Anflug eines Lächelns belohnt. »Ja, trotz der Drachen. Ist das nicht komisch? Vor einem kleinen Wesen wie Densers Hausgeist hatte er schreckliche Angst, aber die riesigen
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