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Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit

Titel: Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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aufbewahrt. Denser bekam vom zuständigen Archivar ein großes, in hellbraunes Leder gebundenes Buch, dessen Einband mit goldenem Laub geschmückt war. Es enthielt mehr als sechzig dicke Pergamente. Links stand jeweils die Transkription der eigentlichen Überlieferung, rechts eine offenbar lückenhafte Übersetzung.
    Denser hatte sich erkundigt, was es mit diesen willkürlich im Text verteilten leeren Stellen auf sich hatte, und erfahren, dass diese Teile der Überlieferung nur für die Augen der Hüter der Überlieferung zugänglich seien. Er hatte die Stirn gerunzelt, weil seine Neugierde geweckt war, und gelesen, was er lesen konnte.
    Die ersten Seiten enthielten einen ausufernden Bericht über die Gefahren einer sexuellen Vereinigung von Angehörigen verschiedener Kollegien und über die Gefahren, falls Balaia zum Einen Weg der Magie zurückkehren sollte, außerdem die Aufforderung, solche Magier zu identifizieren und ihre weitere Entwicklung zu unterbinden, sobald man sie identifiziert hatte.
    Denser zog die Augenbrauen hoch. Es kam ihm vor, als habe das dordovanische Denken in den letzten Jahrtausenden keine großen Fortschritte gemacht.
    Er las weiter, übersprang einige leere und unvollständige Abschnitte der Übersetzung, und kam zu der Stelle, an der über die wahrscheinlichen Resultate gesprochen wurde, falls man diese Bedrohung ignorierte oder den sich entwickelnden Magier nicht kontrollieren konnte. An dieser Stelle begann Densers Herz schneller zu schlagen, und sein Mund wurde trocken. Balaia war bereits von Flutwellen, Wirbelstürmen und tagelangen, ununterbrochenen Gewittern heimgesucht worden, und hier war alles Wort für Wort beschrieben. Es war kaum zu glauben, dass es eine Prophezeiung und kein Tagebuch war, denn
Tinjata hatte nicht nur die Wetterbedingungen vorhergesehen, sondern auch angegeben, wo welche Phänomene sichtbar werden sollten.
    »Das Meer wird sich erheben und den Mund des Landes zerschmettern.« Man musste kein Genie sein, um zu folgern, dass Tinjata damit Sunatas Zähne meinte. »Die Sonne wird ihr Gesicht verbergen, und der Himmel wird überschäumen und Sintfluten auf die Erde schicken. Und wenn die Götter seufzen, dann werden die Großen gestutzt, wo sie sich am sichersten fühlten, die Stolzen werden niedergedrückt, und ihre steinernen Tempel sollen zu den Grabstätten ihrer Angehörigen werden.«
    Schaudernd las Denser, was noch alles kommen sollte. »Die Bestien der Unterwelt werden sich erheben und sich gegenseitig verschlingen, die Berge werden zu Staub zerfallen, den niemand sehen kann, denn die Augen der Welt werden geblendet sein vom erneuerten Glanz des Einen. So wird das Licht der Hölle auf das Antlitz der Erde scheinen.«
    »Bei allen Göttern.« Er schaute auf und bemerkte, dass der Archivar ihn beobachtete. »Die Prophezeiung erfüllt sich wirklich, nicht wahr?« Der Archivar nickte. »Gibt es noch mehr?«
    »Es lohnt sich, den Text ganz zu lesen«, erklärte der Archivar. »Es hilft Euch vielleicht, unsere Ängste besser zu verstehen.«
    Denser blies die Wangen auf. »Ich verstehe sie jetzt schon. Ich bin nur nicht mit Euren Methoden einverstanden. Wir reden hier immerhin über meine Tochter.«
    »Was soll ich dazu sagen?«
    »Ihr könntet sagen: ›Darf ich Euch einen Kaffee und ein Brot holen?‹«
    »Ich bin gleich zurück, aber verlasst einstweilen nicht
die Bibliothek. Es gibt immer noch einige Leute, die sehr verärgert darüber sind, was bei Eurem letzten Besuch in unserem Turm geschehen ist.«
    Der Archivar verneigte sich leicht und entfernte sich. Denser hörte, wie er leise die Tür hinter sich schloss. Er nahm an, dass es nicht so sehr um ihm persönlich ging, sondern eher um die Tatsache, dass sein Hausgeist auf seinen Befehl hoch oben im Turm von Dordover einen dordovanischen Magier getötet hatte. Denser hatte kein großes Mitleid für den Mann empfunden, der so dumm gewesen war, den Dämon zu fangen, der mit Denser eine geistige Verbindung eingegangen war. Dennoch hatte er es bedauert, ihn töten zu müssen. Dawnthief und die Rettung Balaias hatten jedoch auf dem Spiel gestanden, und in diesem Moment war ein derartiges Opfer notwendig gewesen.
    Denser richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Prophezeiung und blätterte die Seiten durch, die in der Bindung knarrten. Er runzelte die Stirn und betrachtete noch einmal eine der teilweise leeren Seiten. Mit dem Pergament stimmte etwas nicht. Er zog die Lampe näher heran, drückte das

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