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Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit

Titel: Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Blatt auf der gegenüberliegenden Seite glatt und sah noch einmal hin. Er entdeckte verschiedene Farben; die Übersetzung war mit hellerer Tinte geschrieben als die Transkription. Der letzte überzeugende Beweis waren der Buchrücken und die Bindung. Er überprüfte rasch die ganz oder teilweise leeren Seiten. Sechs Blätter waren verändert worden. Kein Zweifel, sie waren jüngeren Datums als die anderen.
    Ihm blieb nichts anderes übrig. Mit pochendem Herzen und angestrengt lauschend, ob der Archivar zurückkehrte, zog Denser einen Dolch aus der Tasche und schnitt die nicht übersetzten Seiten aus dem Buch. Er faltete
sie hastig zusammen und stopfte sie sich ins Hemd. Als er den Dolch eingesteckt hatte und eine unbeschädigte Seite aufschlug, wurde die Tür wieder geöffnet.
    »Danke«, sagte er, als ein Tablett mit Kaffee und Brot auf den Schreibtisch gestellt wurden. Mit leicht zitternder Hand schenkte er sich einen Becher ein. Es war knapp gewesen.
    »Braucht Ihr noch meine Hilfe?«, fragte der Archivar.
    »Nein«, sagte Denser lächelnd. »Ich bin so gut wie fertig. Nur noch ein paar Abschnitte.«
    Der Dordovaner entfernte sich. Denser lehnte sich zurück und sah ihm nach, blies auf seinen Kaffee und trank einen Schluck. Er war nicht zu heiß, und er trank die halbe Tasse aus. Dann biss er in das Brot mit kaltem Fleisch. Der Archivar verschwand hinter einem Regal, und Denser ergriff die Gelegenheit, klappte den Band zu und legte die Klammern um. Für ihn schien es offensichtlich, dass Seiten fehlten. Wer nicht genau hinschaute, bemerkte möglicherweise nicht, dass etwas nicht in Ordnung war. Möglicherweise.
    Denser wollte kein Risiko eingehen. Er trank seinen Kaffee aus, biss noch einmal ins Brot und stand auf. Der Stuhl kratzte leicht auf dem glatten Holzboden. Er nahm das Buch auf und ging zu dem Regal, in den die Prophezeiung gehörte. Der Archivar fing ihn ab.
    »Macht Euch nicht die Mühe, ich nehme es schon«, sagte er. Er streckte die Hände aus.
    »Das ist keine Mühe.«
    »Ich bestehe darauf.«
    Denser lächelte so großzügig, wie er es in diesem Moment konnte. »Vielen Dank.« Er folgte dem Dordovaner zur Lücke in dem acht Fächer hohen Regal. Der Mann hob das Buch, um es hineinzuschieben, hielt inne und
runzelte die Stirn. Er wog es in der Hand und fühlte das Gewicht. Denser hielt den Atem an. Es dauerte nur einen Herzschlag lang, aber Denser kam es vor wie ein ganzes Leben. Schließlich zuckte der Archivar mit den Achseln und verstaute das Buch endgültig im Regal. Denser lächelte.
    »Vielen Dank für Eure Hilfe«, sagte er.
    »Es war mir ein Vergnügen.« Der misstrauische Ausdruck war noch nicht ganz verschwunden. »Nehmt das Essen mit, wenn Ihr geht. Der Wächter begleitet Euch zum Tor.«
    Denser bot ihm die Hand, die der Dordovaner schüttelte.
    »Auf Wiedersehen«, sagte Denser. »Wir wollen hoffen, dass es für alle gut ausgeht.«
    »Dem kann ich nur beipflichten.« Ein letztes Lächeln.
    Denser ging so ruhig er konnte zum Ausgang der Bibliothek und rief den Wächter, der ihn nach draußen begleiten sollte, bis er wieder in die Straßen von Dordover entlassen wurde. Erst dort draußen entspannte er sich, und ein breites Grinsen erschien in seinem Gesicht. Er musste jetzt schleunigst die anderen finden. Gut möglich, dass Vuldaroq ihnen bald seine Gastfreundschaft entzog.
    Erst am nächsten Morgen in der Frühe trieben die beharrlich nagenden Zweifel den Archivar wieder zum Regal, wo er die Tinjata-Prophezeiung noch einmal in Augenschein nahm. Seine Flüche störten die Stille der Bibliothek erheblich.
     
    Der Rabe, falls man die Truppe noch so nennen konnte, war binnen zwei Tagen gekommen und wieder verschwunden. Soweit Vuldaroq und seine Spione es sagen konnten, hatten die Rabenkrieger nichts Neues herausgefunden,
was zwar schade, aber eigentlich nicht sonderlich überraschend war. Die dordovanische Kollegwache und die Magier-Spione hatten alle möglichen Kontaktpersonen und alle zwielichtigen Gestalten der Stadt verhört. Spione und Auftragsmörder gingen allen Spuren nach, aber bisher wusste man nichts über Eriennes Ziel, auch wenn man eine Vorstellung hatte, in welche Richtung sie zunächst gereist war.
    Er war zufrieden, dass seine Pläne sich so gut entwickelten. Der Köder war geschluckt worden, und Vuldaroq konnte sich in dem Wissen, dass Balaias beste Männer sich an der Suche beteiligten, behaglich zurücklehnen. Ihn störte nur, dass Denser aus der Prophezeiung nicht nur die

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