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Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit

Titel: Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Reptilien, und ihre Ausdünstungen mischten sich mit dem Geruch von Holz und Öl und einer sauren Note, die, wie er wusste, durch die in den riesigen Lungen verbrauchte Atemluft zu erklären war. Es war kein Geruch, den man ignorieren konnte, aber man konnte ihn ertragen. Hinter einer leichten Krümmung des Ganges, der von Blackthornes Männern erweitert worden war, betrat er eine niedrige Höhle mit einer gewölbten Decke, die Platz für zehn Drachen bot. Drei lagen im Zentrum, und ihre riesigen Körper versetzten Hirad nicht weniger in Erstaunen als bei der ersten Begegnung.
    Auf den ersten Blick sah man einen Berg von goldenen Schuppen, der sich beim Atmen leicht bewegte und im Licht der Laterne schwach glitzerte. Auf den zweiten, wenn man den Docht der Laterne etwas höher drehte, erkannte man drei Kaan. Nos-Kaan und Hyn-Kaan lagen nebeneinander, sie hatten die Schwänze eingerollt und die Hälse nach innen gedreht. Vor ihnen wirkte Hirad wie ein Zwerg. Sie hatten die Flügel fest zusammengefaltet, die Krallen kratzten leicht über den Steinboden. Ihre winzigen Bewegungen gaben ihnen ein Gefühl von Geborgenheit und erzeugten etwas Wärme.
    In ihrer Mitte, noch einmal mindestens ein Viertel größer als sie, lag Sha-Kaan, der Große Kaan seiner Brut. Er war freiwillig ins Exil gegangen, um zwei Dimensionen zu retten. Als Hirad den Choul betrat, hob er den Kopf, und
die Bewegung lief als Welle durch seinen hundertzwanzig Fuß langen alternden Körper mit den trüb gewordenen goldenen Schuppen. Hirad trat zum Großen Kaan und blieb vor dem großen Mund stehen, der ihn im Ganzen verschlucken konnte.
    »Ich hoffe, dir hat dein Mahl gemundet, Hirad Coldheart«, grollte Sha-Kaan. Seine Stimme war nur in Hirads Kopf zu hören.
    »Ja, danke. Es war ein unerwarteter Festschmaus«, erwiderte der Barbar. Sha-Kaan hatte vor seiner Hütte ein Schaf abgelegt, das, abgesehen vom gebrochenen Hals, völlig unverletzt war.
    »Wenn wir können, dann versorgen wir dich«, sagte Sha-Kaan.
    »Der Bauer könnte möglicherweise Einwände haben, dass du ausgerechnet seine Herde ausgesucht hast«, meinte Hirad lächelnd.
    »Ein kleiner Preis für unser ständiges Opfer.« Sha-Kaan wusste Hirads Humor nicht zu schätzen.
    Das Lächeln des Barbaren verschwand, und sein Herz begann zu rasen, als ihm unangenehme Gedanken kamen. Er sah Sha-Kaan tief in die Augen und sah die tiefe Trauer und den großen Kummer nach dem erlittenen Verlust. Es war jene Art von unheilbarer Leere, unter der auch der Unbekannte litt, seit seine Verbindung zu den Protektoren abgerissen war.
    »Was ist los, Großer Kaan?«
    Sha-Kaan blinzelte langsam und atmete ein. Hirad spürte den Luftzug am ganzen Körper.
    »Wir altern hier«, sagte er. »Diese Welt dämpft unser Feuer, sie trocknet unsere Flügel und lässt uns geistig verhungern. Die geistige Sphäre der Brut kann uns hier nicht unterstützen, weil wir keine Verbindung zu ihr haben. Du
hast alles getan, was du tun konntest, Hirad, und unsere Dankbarkeit ist ungebrochen. Doch unsere Augen werden trüb, die Schuppen werden stumpf, und unsere Muskeln protestieren bei jeder Bewegung. Deine Dimension erschöpft uns.«
    Ein eiskalter Schauer lief Hirads Rücken hinunter.
    »Ihr sterbt?«, fragte er besorgt.
    Sha-Kaans verblüffend blaue Augen reflektierten das Licht der Laterne, als er Hirad anstarrte.
    »Wir müssen heim, Hirad Coldheart. Bald.«
    Hirad biss sich auf die Unterlippe und verließ den Choul. Er war wütend, und er war frustriert. Er musste etwas unternehmen.
     
    In der Wärme des folgenden Morgens spielte Lyanna nach einem Frühstück, das aus Früchten, Milch und Roggenbrot bestanden hatte, im Obstgarten. Sie sprang zwischen den Bäumen umher, sang für sich selbst und war bald in ein Spiel vertieft, das Erienne, die von einer Bank aus zuschaute, natürlich nicht verstand.
    Es war eine stille, friedliche Nacht gewesen. Lyanna war nicht aufgewacht und erfrischt und voller Tagendrang aufgestanden. Erienne war froh, weil sie wusste, dass sie all ihre Kraft brauchen würde. Es war ein Frieden, der bald schon gestört werden sollte, und Erienne machte sich große Sorgen, als sie ihr kleines Mädchen beim Spielen beobachtete. Ihre Unschuld und ihre Kindlichkeit, diese Sorglosigkeit, all das sollte bald verschwinden, weil die Kräfte, die in ihr schlummerten, befreit und beherrscht werden mussten.
    Am letzten Abend hatte sie allein im Esszimmer gesessen, Wein getrunken und nachgedacht, und sie war zu einer

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