Der Canyon
könnten sie das Fossil binnen weniger Tage finden.«
»Und wenn sie von uns bekommen, was sie wollen?«
»Werden sie uns töten.«
»Das glauben Sie doch nicht im Ernst.«
»Ich glaube das nicht, Tom. Ich weiß es. Sie haben bereits versucht, mich umzubringen.«
Ford kam auf die Füße, Tom rappelte sich unter Schmerzen hoch und half Sally auf. Der Mönch machte sich in seiner üblichen halsbrecherischen Geschwindigkeit auf den Weg über das Hochplateau zum Rand auf der anderen Seite, und seine Kutte fegte bei jedem energischen Schritt über den Boden.
8
Die Rotoren liefen bereits, als Masago in den Hubschrauber sprang, wobei er mit den Händen das Gesicht gegen Staub und Schmutz abschirmte. Er schlängelte sich zwischen den sieben DEVGRU-Leuten hindurch, aus denen das Operationsteam bestand, und nahm einen rückwärts gewandten Sitz weit vorn. Der Kommandant der Besatzung reichte ihm einen Kopfhörer mit Mikrofon an einem schwarzen Kabel, das in die Decke führte. Er setzte ihn auf und rückte das Mikro zurecht, als der Vogel abhob und davonzog, mit offenen Türen; er überflog knapp den Rand des Canyons, schwebte über die Felsspitzen und Mesas dahin, ab und zu unterbrochen von einem gähnenden Spalt, wo ein Canyon tief in die Erde hinabstürzte. Die Sonne stand fast genau über ihnen, und die Landschaft unten schien vor Hitze rot zu glühen.
Auf dem Boden des Hubschraubers entrollte Masago eine topografische Geological-Survey-Karte des Zielgebiets im Maßstab 1:24000. Ihm waren Karten auf Papier immer noch lieber als elektronische GPS-Karten; irgendwie vermittelte das Papier ihm ein Gefühl für die Landschaft, was der elektronischen Version nicht gelang. Die Bilder von der Drohne, die unsichtbar in einer Höhe von fünfundzwanzigtausend Fuß kreiste, zeigten ihm, dass die Ziele es doch geschafft hatten, aus dem Canyon herauszuklettern, und nun auf dem Weg zu einem tiefen, komplexen Tal dahinter waren. Das Tal war wahrlich kein angenehmer Ort, um darin jemanden zu suchen, bot aber andererseits den Vorteil eines begrenzten Gebiets, das man gut absichern konnte.
Als Masago die Karte mit rotem Buntstift markiert hatte, reichte er sie dem Kommandanten der Einsatztruppe, Sergeant First Class Anton Hitt. Hitt studierte sie schweigend und begann, die auf der Karte markierten Punkte in sein GPS-Gerät einzugeben. Die Männer hatten ihren endgültigen Einsatzbefehl kurz vor dem Abheben erhalten und ohne Murren oder offensichtliche Schwierigkeiten aufgenommen; vor allem hatte es keine Kommentare gegeben, als Masago sie über die mögliche Notwendigkeit aufgeklärt hatte, amerikanische Zivilisten zu töten. Natürlich hatte er dick aufgetragen und behauptet, es seien Bio-Terroristen, die über eine alles vernichtende Mikrobe verfügten. Die meisten Leute konnten mit komplexen Wahrheiten nicht umgehen – da hielt man es besser einfach.
Er beobachtete Hitt bei der Arbeit. Der Kommandant war ein schweigsamer Afro-Amerikaner, körperlich fantastisch in Form, mit einer hohen, mahagonifarbenen Stirn, klaren, hellbraunen Augen und einer ungeheuer ruhigen Ausstrahlung. Er trug einen Wüsten-Tarnanzug und Kampfstiefel und war mit einem M4 bewaffnet, ausgerüstet für 6.8SPC-Munition und mit einem High-Tech-Zielfernrohr ausgestattet. Darüber hinaus trug er einen Ruger .22er Magnum, eine exzentrische Waffe für einen Soldaten einer Spezialeinheit, doch Masago hielt den Revolver für eine sehr gute Wahl. Als stehende Klinge hatte er ein Trace Rinaldi bei sich, ebenfalls eine Wahl, die für ihn sprach. Masago hatte Hitt gestattet, die Entscheidungen in puncto Ausrüstung selbst zu treffen, und der Sergeant hatte beschlossen, dass seine Männer leicht und schnell sein sollten, keine großen Munitionsvorräte, nur Ein-Liter-Feldflaschen, keine Granaten, keine Ersatzmagazine, und sie mussten auf die üblichen Kevlar-Panzerwesten ebenso verzichten wie auf ihre SAW-Maschinengewehre. Schließlich war das hier kein Einsatz im Stadtzentrum von Mogadischu, wo schwer bewaffnete böse Jungs aus jeder Haustür hervorquollen.
Als Hitt fertig war, gab er Masago die Karte zurück.
»Die vier Männer, die wir absetzen, brauchen keine Funkstille zu wahren. Wir bauen einen Kreis um die Ziele auf und ziehen ihn zusammen. Das ist ein sehr einfacher Plan. Einfach gefällt mir.«
Masago nickte. »Noch Fragen?«
Hitt schüttelte den Kopf.
»Sergeant Hitt«, sagte Masago langsam, »bald werde ich Sie bitten, mehrere unbewaffnete amerikanische
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