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Der Canyon

Der Canyon

Titel: Der Canyon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas - Preston
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Spalt hinab. Ein schwaches, fernes Dröhnen machte sich am äußersten Rand seines Gehörs bemerkbar. Er hielt inne, suchte den Horizont ab und entdeckte den dunklen Punkt, drei, vielleicht vier Kilometer entfernt. Er brauchte nicht erst mit dem Fernglas nachzusehen: Er wusste, was das war.
    »Also los.«

10
    Melodie Crookshank starrte auf die dreidimensionale Darstellung des Venus-Partikels auf dem Bildschirm und wurde von Ehrfurcht gepackt. Es war fünfundsechzig Millionen Jahre alt, und dennoch sah es so makellos aus, als sei es gestern erschaffen worden. Das Bild des Rasterelektronenmikroskops war viel klarer und schärfer, als ein Lichtmikroskop es je zustande brächte, und es zeigte ihr das Partikel in allen Einzelheiten – eine perfekte Kugel, aus der ein Stab hervorragte, mit einem Querstab am Ende wie die Spieren an einem Mast. An den Enden dieser Querstäbe saßen komplizierte Strukturen, kleine Bündel von Röhrchen wie bei einer Pusteblume.
    Eine Untersuchung im Röntgendiffraktometer bestätigte ihre Vermutung – bei der Kohlenstoffkugel handelte es sich um ein Fulleren, auch »Fußballmolekül« genannt, weil die Anordnung der Kohlenstoffatome zur Kugelhülle an einen Fußball oder die von Buckminster Fuller konstruierten geodätischen Kuppeln erinnert. Die Fußballmoleküle waren erst kürzlich entdeckt worden, denn man fand sie in der Natur nur selten. Normalerweise waren sie sehr klein; dieses hier war riesig. Die wichtigste Eigenschaft eines Fußballmoleküls: Es war so gut wie unzerstörbar – alles, was sich innerhalb eines solchen Moleküls befand, war vollkommen versiegelt. Nur die stärksten Enzyme konnten, sorgfältig eingesetzt, ein Fußballmolekül spalten.
    Genau das hatte Melodie getan.
    In der Kugel hatte sie eine erstaunliche Mischung von Mineralien gefunden, darunter eine ungewöhnliche Form von Plagioklas-Feldspat, Na 0,5 Ca 0,5 Si 3 AlO 8 mit Titandotierung, Kupfer, Silber und Alkalimetall-Ionen – im Grunde eine komplexe Mischung aus dotierten Mineralien, Metalloxiden und Silikaten. Der Arm, der orthogonal aus dem Molekül hervorragte, schien ein riesiges Kohlenstoff-Nanoröhrchen zu sein, mit einem Querstab, auf dem Seitengruppen saßen, die eine Mischung aus Keramikverbindungen und Metalloxiden enthielten.
    Sehr seltsam.
    Sie öffnete eine warme Coladose, lehnte sich zurück und nippte nachdenklich. Seit sie Corvus' Leichnam weggeschafft hatten, war es hier still wie in einem Grab, ungewöhnlich still selbst für einen Sonntag. Die Leute hielten sich fern. Das erinnerte sie wieder einmal daran, wie wenige Freunde sie im Museum hatte. Niemand hatte angerufen oder vorbeigeschaut, um sich zu erkundigen, wie es ihr ging, niemand hatte sie zum Essen oder auf einen Drink eingeladen, um sie auf andere Gedanken zu bringen. Das war teilweise ihre Schuld, weil sie sich in diesem Kellerlabor einschloss wie eine Nonne. Aber es hatte auch mit ihrem niederen Status zu tun, der ein wenig nach Versagen roch – die arme Promovierte, die seit fünf Jahren Bewerbungen verschickte und immer noch hier saß.
    All das würde sich bald ändern.
    Sie rief einige Bilder von dem Partikel auf, die sie bereits vorher auf CD-ROM gespeichert hatte, und suchte nach weiteren Beweisen, um eine Theorie zu stützen, die sie allmählich entwickelt hatte. Sie hatte bemerkt, dass die Venus-Partikel offenbar gehäuft vor allem in den Zellkernen vorkamen. Als sie einige der Bilder betrachtete, die sie zuvor für Corvus aufgenommen hatte, fiel ihr etwas Wichtiges auf: Viele der Zellen, in denen die Partikel erschienen, waren länglich verformt. Darüber hinaus lagerten die Partikel in Zellenpaaren unmittelbar nebeneinander. Diese beiden Beobachtungen hingen zusammen, und Melodie fand rasch die Verbindung. Sie spürte ein Kribbeln im Nacken. Nicht zu fassen, dass ihr das bisher entgangen war. Die Partikel steckten zum Großteil in Zellen, die sich in der Mitose befanden. Mit anderen Worten, die Venus-Partikel hatten die Zellen des Dinosauriers infiziert und lösten eine Zellteilung aus. Viele moderne Viren taten genau das Gleiche; auf diese Weise brachten sie ihren Wirt schließlich um – durch von einem Virus induzierten Krebs.
    Der Paläontologe Henry Fairfield Osborn von ihrem eigenen Museum hatte 1925 als Erster die These vorgebracht, der Grund für das Aussterben der Dinosaurier könnte eine pestartige Epidemie gewesen sein, die alle Kontinente heimgesucht hatte. Diese Theorie hatte Robert Bakker in seinem Buch

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