Der Cartoonist
der immer Recht hat, so viel ist klar .«
Caroline, die
ein paar Jahre älter war als Scott, hatte es zu einem Doktortitel in Sozialer
Anthropologie und einer vollen Professorenstelle am Pine Manor College
gebracht, einer Hochschule für reiche höhere Töchter in Cambridge, nahe
Harvard. Sie hatte in den Sechzigerjahren in Berkeley promoviert und war durch
und durch von diesem radikalisierten Umfeld geprägt. Voller Stolz hatte sie
sogar ein gerahmtes Foto auf dem Kaminsims zur Schau gestellt, das zeigte, wie
sie während einer Uni-Revolte den Einsatztruppen der Polizei den Mittelfinger
entgegenstreckte. Caroline war eine engagierte Feministin und nahm — auch wenn
sie ein gutmütiger und großzügiger Mensch war — oft Anstoß an Scotts eher
traditionellen Ansichten über die Beziehungen zwischen Männern und Frauen. Sie
war neun Jahre vor Krista geboren und der einzige Nachwuchs aus der ersten Ehe
ihrer gemeinsamen Mutter. Sie und Krista standen sich wirklich sehr nah, und
Scott musste sich vorsehen mit dem, was er über sie sagte. Aber abgesehen von
dem, was er als Carolines »dogmatischen Zug« betrachtete, mochte er sie sehr
gern.
»Aber nein,
Caroline ist nicht der Grund. Jedenfalls nicht dieses Mal. Ich hab nächste
Woche den Arsch voll zu tun mit diesem ganzen administrativen Mist, alles Sachen,
vor denen ich mich einfach nicht drücken kann. Traurig, aber wahr.« Wenn es in
seiner Ehe überhaupt ein Problem gab, über-
legte Scott in
der kurzen Gesprächspause, dann dieses: Krista fand, dass er zu viel Zeit bei
der Arbeit und zu wenig Zeit zu Hause, bei seiner Familie, verbrachte. Es war
die alte Leier, eine, mit der die meisten Arzte zu
leben lernten - oft als Geschiedene. Die wenigen wirklich schlimmen
Auseinandersetzungen, die Krista und er im Laufe ihres Zusammenlebens
ausgetragen hatten, waren fast immer um dieses Thema gekreist. Ein- oder
zweimal hatte sich daraus sogar ein wirklich hässlicher Streit entwickelt. Den
letzten großen Krach hatten sie vor gar nicht allzu langer Zeit gehabt, kurz
nachdem sie das Haus am See gekauft hatten.
Mit dem
Verkauf ihres Hauses in Ottawa hatten sie einen riesigen Reibach gemacht: Der
Wert war in den acht Jahren, in denen es ihnen gehört hatte, um mehr als das
Doppelte gestiegen. Und auch mit dem Grundstück am See hatten sie ein gutes
Geschäft gemacht. Die Künstlerin, der es gehörte, hatte es mit dem Verkauf
eilig gehabt, da sie das Geld so schnell wie möglich benötigte. Kristas
Schlussfolgerung war ganz einfach: Warum sollte Scott weiterhin so hart
arbeiten, wenn er sich jetzt eigentlich auch zur Ruhe setzen konnte? (Zwar
würden sie dann, wohlgemerkt, nicht gerade luxuriös leben können, aber durchaus
angenehm und immer noch genügend Geld übrig haben, um ihrem Kind die beste
Ausbildung zu sichern.) Warum sollte er sich so kaputtmachen, wenn er doch
wegen der Arbeit in den Ausschüssen und dieser administrativen, Zeit
verschwendenden Projekte sowieso ständig herummeckerte? Sie erwarte, sagte sie,
von ihm natürlich nicht, dass er sich jetzt schon völlig zur Ruhe setze, könne
aber nicht einsehen, warum er sich nicht wenigstens die Abende und Wochenenden
freihalten könne. Schließlich sei er doch Psychiater und kein Herzchirurg,
verdammt noch mal!
Als er, um
sich selbst zu verteidigen, das Thema in fieser Weise auf Kristas teuren
Geschmack gelenkt hatte, war ein wirklich hässlicher Streit entbrannt.
Zumindest konnte ihm keiner nachsagen, dass er in seiner Ehe irgendwelche
psychologischen Winkelzüge anwendete. Wenn er sich stritt, geschah es aus dem
Bauch heraus.
»Ich vermute,
du hältst mich auch schon für einen alten, langweiligen Zwangsneurotiker«,
beendete Scott die Gesprächspause.
Gerry lachte:
»Ich finde, du bist ein Arschloch ... aber das netteste Arschloch, das mir
jemals über den Weg gelaufen ist .« Scott strahlte.
»Hör mal, ich war heute bei euch drüben und hab dir ein Geschenk dagelassen,
aber du musst es suchen gehen. Ich hab es hinter einem losen Stein im Kamin
oben bei euch versteckt .«
Scotts Neugier
war im Nu geweckt. Er liebte Überraschungen - jedenfalls die erfreulichen. Der
Kamin war im Eltern-Schlafzimmer, aber Scott waren dort noch nie lose Steine
aufgefallen.
Er begann, die
Lunte zu riechen. Also doch eine Verschwörung!
»Ich muss
los«, sagte Gerry, ehe Scott ihn aushorchen konnte. »Ich wünsch dir einen
schönen Geburtstag. Und lass lieber mal ´ne Anspielung fallen, bevor es dafür
zu spät ist
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