Der Cartoonist
mir vielleicht Gesellschaft leisten
wurde ?« Er stellte fest, dass Kaths Freundin Lita
verschwunden war.
»Vielleicht«,
sagte Kath kokett.
Scott lief bis
zum Ende des Anlegestegs und bückte sich, um sein Handtuch dort abzulegen. Als
er sich wieder aufrichtete, gruben sich zwei starke, kleine Hände in seinen
Allerwertesten und versetzten ihm einen solchen Stoß, dass er Hals über Kopf in
den kühlen blauen Sees stürzte. Als er wieder auftauchte, jetzt hellwach,
schoss Kath über ihn hinweg und landete mit einer Arschbombe direkt hinter ihm.
Scott tat so, als würde er sie verfolgen, worauf Kath die Leiter hochkletterte
und ihn unter spielerischem Gekreische mit Wasser bespritzte. Er stieg hinter
ihr her und setzte sich neben sie auf den Anlegesteg.
»Hast du einen
Kater ?« , fragte sie mit erwachsen klingender Stimme.
»Nur einen
klein...«, erwiderte Scott und hielt mitten im Satz inne: Mit weit
aufgerissenen Augen starrte Kath entsetzt auf ihr Handgelenk. »Was ist,
Kleines? Was ist los ?« In seiner Fantasie machten sich
bereits Heerscharen von Blutegeln über seine Tochter her.
»Mein Armband!
Ich habe mein Armband verloren !« Sie wandte den Blick
zum Wasser. »Es muss bei meiner Wasserlandung abgefallen sein. Oh Daddy, was
soll ich jetzt nur tun ?« Sie war den Tränen nahe.
Im Juni hatte
Scott ihr zum Geburtstag ein schlichtes Silberarmband geschenkt, und Kath hatte
es seitdem mit fast
religiöser
Ehrfurcht getragen. Nun war dort, wo das Armband gesessen hatte, nur noch ein
dünner, weißer Streifen zu sehen.
»Kannst du es
für mich zurückholen, Daddy? Bitte!« Die Augen mit den Händen abschirmend,
blinzelte Scott argwöhnisch in die trüben, von Algen durchwucherten Tiefen.
Tatsächlich meinte er dort unten, ungefähr zwei bis drei Meter vom Steg
entfernt, irgendetwas schwach glitzern zu sehen.
»Wir werden es
finden, Süße. Bleib ganz ruhig. Wie wär's, wenn du ins Fernsehzimmer läufst und
nach Daddys Tauchmaske suchst? Sie müsste in der Krempelkiste neben der
Werkbank liegen .«
Im Nu und mit
wilder Entschlossenheit schossen Kaths braun gebrannte Beine den Hügel hinauf.
Binnen einer Minute war sie keuchend mit der schwarzen Tauchmaske in den Händen
zurück.
»Hier.« Sie
reichte ihm die Maske herüber. »Kannst du mein Armband sehen ?«
»Ich glaub
schon«, sagte Scott, während er sich die Maske überstreifte. »Mach dir keine
Sorgen .«
Er stellte
sich an den Rand des Anlegestegs, atmete in kurzen, kräftigen Zügen ein und aus
und schätzte die Fallkurve beim Springen ab. Immer noch konnte er irgendetwas
Silbernes so schwach wie einen Stern am bewölkten Himmel in den schlammigen
Tiefen glitzern sehen. Der See wurde hier schnell tief; nur ein kleines Stück
vom Steg ging es bereits vier bis fünf Meter hinunter - das war einer der
Gründe, warum er froh war, dass seine beiden Frauen so gute Schwimmerinnen
waren.
Nachdem er
noch einmal tief Luft geholt hatte, sprang er los. Schon sank er, gefolgt von
sprudelnden Luftblasen, tiefer und tiefer. Dichtes Seegras reckte sich ihm mit
hin und her wogenden Fingern entgegen. Der Körperkontakt mit den langen,
durchsichtigen Fasern war so unangenehm, dass es ihn schauderte. Das Wasser war
kühler hier unten, fast eisig kalt.
Scott sah sich
näher um und entdeckte schon bald das Armband. Es war in einem Büschel von
Algen gelandet, die einen großen Felsblock überzogen. Wie würde Kath ihn loben!
Voller Vorfreude schnappte Scott schnell nach der silbernen Schlinge und stieß
sich kräftig mit den Füßen ab, um Schwung für seinen Aufstieg zu holen.
Die
Erleuchtung kam ihm, als er wieder in die oberen wärmeren Wasserschichten
gelangte - und dieses Aha-Erlebnis traf ihn mit solcher Wucht, dass die
Gedanken ein fast hörbares Klicken in seinem Kopf verursachten.
Die Unterseite
der Anlegestelle sah genauso aus wie die kuriose Bleistiftzeichnung! Jene, die
dieses durchdringende Deja-vu-Gefühl in ihm hervorgerufen hatte. Der senile,
alte Künstler hatte die Unterseite seines Anlegestegs abgebildet!
Noch ehe er
wieder an der Oberfläche aufgetaucht war, wurde Scott bewusst, wie völlig
absurd diese Feststellung war ... Dennoch: Wenn sein Gedächtnis ihn nicht
täuschte, war die Ähnlichkeit nicht zu verkennen. Scott hatte die Unterseite
des Anlegestegs erst ein einziges Mal gesehen, und zwar Ende April, als er
gemeinsam mit Gerry den Steg ins gerade getaute Wasser gelassen hatte. Die
frühere Hausbesitzerin hatte allein gelebt und
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