Der Cartoonist
.«
»Danke,
Kumpel. Tschüss und bis bald!« Scott hörte Gerry kichern, als er den Hörer
zurück in Mickys Hand legte.
Hinter
einem losen Stein im Kamin ...
Beinahe schon
wieder gut gelaunt, polterte Scott grinsend die Stufen zur mittleren Etage
hinauf, trottete weiter zur nächsten Treppe, blieb kurz stehen, um ins
Wohnzimmer zu spähen (und festzustellen, dass Krista verschwunden war), und
machte sich danach auf den Weg nach oben. Als er sich übermütig um den
Treppenpfosten schwang, stieß er mit den Fingern gegen die Briefe, die er
vorher auf dem Pfosten abgelegt hatte, und verstreute sie dabei versehentlich
über den gesamten Fußboden. Während er sich leise fluchend bückte, um sie
wieder aufzuheben, fiel sein Blick auf einen Brief, der in Winnipeg
abgestempelt war. Es war zwar die Adresse des Absenders angegeben, aber kein
Name. Die Handschrift war eindeutig weiblich.
Plötzlich und
ohne plausiblen Grund hatte er aus dem Bauch heraus ein Gefühl böser Vorahnung,
ähnlich dem, mit dem er an diesem Morgen aufgewacht war. Er riss den
Briefumschlag auf. Während er die Stufen hinaufging, las er die einzige darin
enthaltene, handgeschriebene Seite.
Lieber
Scott,
selbst beim
Schreiben dieser Zeilen kann ich noch nicht fassen, was ich Ihnen mitteilen
muss. Brian ist tot. Wir haben ihn vor drei Wochen beerdigt, aber erst jetzt
finde ich die Zeit und den Mut, seine Freunde im weiteren Umkreis zu
benachrichtigen. Es geschah im Krankenhaus, es war ein absurder, tragischer
Unfall. Brian wurde wegen eines Herzstillstands in die Notaufnahme gerufen. Er
wollte dem Patienten einen Elektroschock verpassen, doch in dem Moment, als er
die Elektroden ansetzte, gab es eine Fehlzündung, der Apparat ging irgendwie
nach hinten los und versetzte ihm einen tödlichen Stromschlag. Seine Kollegen
haben über eine Stunde lang versucht, ihn wiederzubeleben, aber sie konnten ihn
einfach nicht zurückholen.
Brians Herz
war sowieso schon angegriffen. Ich vermute, es lag an seinem Übergewicht. Er
hat gutes Essen geliebt.
Es war ein
schreckliches, schreckliches Unglück. Unsere Anwälte werden Klage einreichen,
aber das bringt Brian auch nicht zurück. Er war ein guter Ehemann, ein guter
Vater und ein guter Freund.
Obwohl wir
beide, Scott, uns nie begegnet sind, habe ich das Gefühl, Sie zu kennen. Brian
hielt sehr viel von Ihnen und hat oft von Ihnen gesprochen. Er hat mir erzählt,
was vor Jahren geschehen ist, die Geschichte, an der er selbst, Sie und ein
weiterer Mann namens Jake beteiligt waren. Ich musste ihm schwören, das
Geheimnis für mich zu behalten, aber das spielt jetzt wohl keine Rolle mehr.
Hauptsächlich schreibe ich Ihnen jetzt wegen dem, was er mir erzählt hat. Es
muss furchtbar gewesen sein, besonders für Sie. Und dennoch habe ich das
Gefühl, dass Sie das Richtige getan haben. Das Leben geht eben weiter.
Mit
Bedauern und besten Grüßen Delia Homer
Delias Brief,
besonders der letzte Absatz, riefen in Scott eine Erinnerung hervor, die unter
harten Schichten der Verdrängung vor sich hin gemodert hatte. Jahrelang hatte
er sich bemüht, diese Erinnerung aus seinem Gedächtnis zu löschen. Jetzt
erfasste ihn tief im Inneren ein solches Grauen, dass er zitterte und nach
einem Halt suchen musste. Benommen lehnte er sich gegen den Türrahmen zum
Schlafzimmer und starrte mit leerem Blick vor sich hin.
Wie im Traum
nahm Scott seine Frau wahr, die in provokanter Pose und von einem Kissenberg
gestützt vor dem Kamin lag. Im Kamin knisterte ein fröhliches Feuer, und Krista
trug ihre gewagteste Reizwäsche. Vor ihr stand ein Behälter mit dicken
Eiswürfeln, der eine Flasche edelsten Champagners kühlte. Daneben funkelten im
Feuerschein zwei ihrer besten Kristallkelche.
Als Krista
jetzt aufstand, wirkte sie eher erschrocken als sexy. Scott versuchte zu
lächeln, versuchte so zu tun, als sei alles in Ordnung, als sei er ganz
begeistert von dieser kleinen Intrige, die Gerry und Krista hinter seinem
Rücken gesponnen hatten. Krista sah wirklich aufreizend aus. Wenn sie ihm nur
einen Moment Zeit ließ, würde er gleich bei ihr sein, ihr zuprosten und später
mit ihr schlafen ... Aber er konnte nicht, die Erinnerung hinderte ihn daran. Krista
fasste ihn an der Armbeuge: »Scott, was ist los ?« ,
fragte sie besorgt. »Du siehst schrecklich aus .« Als
sie gleich darauf den Brief in seiner Hand bemerkte, schwang eine böse
Vorahnung in ihrer Stimme mit, so dass sie schwankte. »Ist jemand gestorben?
Jemand aus der
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