Der Cartoonist
Familie?«
»Nein, Kris.
Keiner aus der Familie. Erinnerst du dich noch an die Jungs, mit denen ich die
Studienjahre bis zum ersten Examen durchgezogen habe? Jake Laking und Brian
Horner?«
Krista nickte,
während sie in ihrem Gedächtnis kramte. Scott hatte die beiden seit den Tagen
vor ihrer Hochzeit nicht mehr erwähnt. »Es ist Brian Horner. Er ist derjenige,
der gestorben ist .« »Oh, Liebling. Das tut mir Leid.
Aber - es ist doch schon
Jahre her, dass ihr eng miteinander befreundet wart. Als ich dich eben
so in der Tür stehen sah, so verloren und blass, da
dachte ich ... Ich weiß auch nicht. Du hast mir einen ganz schönen Schrecken
eingejagt .«
Scott knüllte den
Brief zusammen und schnipste ihn ins Feuer, wo er zunächst in einer bläulichen
Flamme aufging und sich dann zu feiner schwarzer Asche zusammenkräuselte.
»Mir geht's
gut«, erklärte Scott und nahm seine Frau in die Arme. »Ich hab ein paar zu
viele intus, das ist alles .«
»Meinst du, du
schaffst noch ein Letztes ?« , fragte Krista, während
sie den Verschluss ihres BHs aufschnappen ließ.
»Darauf kannst
du wetten«, sagte Scott und legte sich mit ihr vor das offene Feuer. Wie sich
herausstellte, war sein Geburtstagsgeschenk keineswegs hinter einem Stein
versteckt.
Später
schliefen sie dort ein.
Und zu Scotts
Erleichterung hatte er in. dieser Nacht überhaupt keine Träume.
5
Scott wachte
am Samstagmorgen kurz vor zehn auf. Er hatte einen Kater, und sein Körper war vom
Schlafen auf dem Teppich ganz steif. Neben ihm, in einem Kübel voller Wasser,
schwamm die leere Champagnerflasche. Als er sie entdeckte, musste er lächeln
und an die vergangene Nacht denken ...
Doch das
Lächeln verging ihm, sobald ihm Delia Horners Brief und die davon ausgelösten
Erinnerungen einfielen. Es wunderte ihn, dass Brian seiner Frau von den
schrecklichen Geschehnissen erzählt hatte. Er selbst hatte sich schon vor
Jahren geschworen, mit Krista niemals darüber zu sprechen.
Am Fußende des
Bettes fand er ein kleines, unbeholfen verpacktes Geschenk, und als er es
öffnete, kehrte sein Lächeln zurück. Es war von Kath: eine unsägliche Kreatur,
die sie aus Ton geformt hatte. Er stellte sie auf die Kommode, neben das
gerahmte Foto seiner Eltern, und wandte sich den Flügelfenstern zu.
Der See da
draußen wirkte aufgewühlt und der Himmel durch und durch grau, wie Zinn. Im
Osten lauerte eine schwere Gewitterwolke am trüben Horizont, bedrohlich wie ein
finsterer Koloss, der vorläufig nur sein Haupt und den kräftigen Torso zur
Schau stellt. Es würde bald ein Sturm aufziehen. Typisches Wochenendwetter!
Als Scott sich
vom Fenster abwandte, drang von draußen ein schriller Schrei zu ihm nach oben,
so hoch und unvermittelt, dass er zusammenfuhr und erschrak. Dann sah er, wie
Kath und ihre Freundin Lita am Anlegesteg herumgaloppierten und sich
spielerisch mit viel Gekreisch schubsten. Erleichtert zog er seine Badehose an,
griff nach einem Handtuch und schlenderte die Treppe hinunter.
Krista lag auf
dem Fußboden des Wohnzimmers und verrenkte sich gerade zu einer nicht sehr
damenhaften, aber faszinierenden Aerobic-Übung. Als sie gleich darauf ihre
Position veränderte und die Beine bis an die Grenzen des Möglichen spreizte,
stieg in Scott das unschöne Bild auf, wie sie mittendurch gerissen wurde. Sie
versuchte ein Lächeln, das jedoch zu einer Art Grimasse wurde. Scott warf ihr
einen Kuss zu und trat durch die mit Fliegengitter versehene Schiebetür nach
draußen.
Kath eilte den
Pfad hinauf, um ihn zu begrüßen. Als Scott sich hinabbeugte, um sie
hochzuheben, warf sie sich in seine Arme. Ihr Körper fühlte sich klitschnass
und kalt an. Dann gab sie ihm einen herzhaften Kuss und umschlang seinen Nacken
mit ihren kräftigen, braun gebrannten Armen: »Haste mein Geschenk gekriegt ?«
»Ja, hab ich,
und es war allerliebst«, sagte Scott. Das, was er da ausgepackt hatte, war ein
bunter, klumpiger Lehmmann mit Glotzaugen, einem Schweinerüssel, hochstehenden
Haaren und einem breit grinsenden Mund mit Hasenzähnen.
Als originell
konnte man dieses Geschenk vielleicht bezeichnen, aber ganz bestimmt nicht als
allerliebst »Und du meinst wirklich, er sieht mir ähnlich ?«
»Sei nicht
albern, Dad. Ich hab ihn mir doch ausgedacht Aber wo du's jetzt selbst
erwähnst...«
Kath lachte
und Scott setzte sie wieder auf dem Boden ab.
»Gehst du
schwimmen ?« , fragte sie und deutete auf sein Handtuch.
»Ich bin mir
noch nicht sicher. Kennst du jemanden, der
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