Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Chinese

Der Chinese

Titel: Der Chinese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
berufen kann.«
     
    Robertsson gab keine Einzelheiten preis. Aber der Durchbruch in der Ermittlung war aufgrund von verschiedenen Hinweisen aus der Bevölkerung erfolgt. Jetzt war man damit beschäftigt, Spuren zu sichern. Ein erstes Verhör hatte bereits stattgefunden.
     
    Die Journalisten bedrängten Robertsson mit ihren Fragen. »Hat er gestanden?«
     
    »Nein.«
     
    »Hat er irgendetwas eingeräumt?«
     
    »Darüber kann ich nichts sagen.«
     
    »Warum nicht?«
     
    »Die Ermittlung befindet sich in einer entscheidenden Phase.« 
    »War er verwundert, als er festgenommen wurde?« 
    »Kein Kommentar.« 
    »Hat er Familie?« 
    »Kein Kommentar.« 
    »Aber er lebt in der Nähe von Hudiksvall?« 
    »Ja.«
     
    »Was ist er von Beruf?«
     
    »Kein Kommentar.«
     
    »Welche Verbindung besteht zwischen ihm und all den Getöteten?« »Sie müssen einsehen, dass ich diese Frage nicht beantworten kann.«
     
    »Aber Sie müssen auch verstehen, dass unsere Zuschauer wissen wollen, was passiert ist. Dies hier ist das zweitschlimmste Gewaltverbrechen, das je in Schweden begangen wurde.«
     
    Robertsson zog verwundert die Augenbrauen hoch. »Und welches war schlimmer?« »Das Stockholmer Blutbad.« Robertsson bekam einen Lachanfall. Birgitta Roslin
     
    stöhnte über den übereifrigen Journalisten. »Das kann man aber kaum vergleichen«, sagte Roberts
     
    son. »Aber ich will nicht mit Ihnen darüber streiten.« 
    »Was geschieht als Nächstes?« 
    »Wir werden den Festgenommenen weiter verhören.« 
    »Hat er einen Verteidiger?« 
    »Er hat nach Tomas Bodström verlangt, aber das dürfte
     
    kaum möglich sein.« 
    »Sind Sie sicher, den richtigen Mann gefasst zu haben?« 
    »Es ist noch zu früh, um auf diese Frage zu antworten.
     
    Aber ich bin froh, dass wir ihn festgenommen haben.« Das Interview endete. Birgitta stellte den Ton leiser.
     
    Staffan sah sie an. »Was sagt die Richterin dazu?« 
    »Natürlich haben sie etwas in der Hand. Sonst wäre die Festnahme nicht beschlossen worden. Aber er ist wegen mutmaßlicher Beteiligung festgenommen worden. Das ist die schwächere Festnahmebegründung. Entweder ist Robertsson vorsichtig, oder er hat nichts weiter in der Hand.« 
    »Ein Mann allein soll das getan haben?«
     
    »Es muss nicht heißen, dass er allein war, nur weil er der einzige Festgenommene ist.«
     
    »Kann es denn etwas anderes sein als die Tat eines Wahnsinnigen?«
     
    Birgitta Roslin schwieg eine Weile, bevor sie antwortete. »Kann die Tat eines Wahnsinnigen eigentlich gut geplant sein? Deine Antworten sind genauso gut wie meine.« »Also müssen wir abwarten.«
     
    Sie tranken Tee und gingen früh schlafen.
     
    Er streckte die Hand aus und legte sie an ihre Wange. »Woran denkst du?« fragte er. »Dass es in Schweden eine ungeheure Menge Wald gibt.« 
    »Ich dachte, du fändest es vielleicht schön, einmal von allem wegzukommen.«
     
    »Wovon? Von dir?«
     
    »Von mir. Und den Verhandlungen. Ein kleiner Aufruhr in der Lebensmitte.«
     
    Sie rückte näher an ihn heran. »Manchmal denke ich: Soll das alles gewesen sein? Es ist ungerecht, ich weiß. Du, die Kinder, meine Arbeit, was will ich mehr? Aber das andere, das, woran wir gedacht haben, als wir jung waren. Nicht nur zu verstehen, sondern auch zu verändern. Wenn man sich umsieht, erblickt man eine Welt, die immer nur schlimmer wird.«
     
    »Aber doch nicht nur. Wir rauchen weniger. Wir haben Computer und Handys.« 
    »Mir kommt es so vor, als ob die Welt sich auflöste. Und unsere Gerichte sind total überfordert, wenn es darum geht, eine Art moralischen Anstand im Land zu verteidigen.« 
    »Hast du darüber nachgedacht, als du in Norrland warst?« 
    »Vielleicht. Ich sehe ein bisschen schwarz. Vielleicht ist es nötig, zuweilen schwarzzusehen.«
     
    Sie lagen schweigend nebeneinander. Sie erwartete, dass er sich zu ihr umwandte. Aber nichts geschah.
     
    Wir sind noch nicht so weit, dachte sie. Gleichzeitig konnte sie nicht verstehen, warum sie selbst nicht zu tun vermochte, was er nicht tat.
     
    »Wir sollten verreisen«, sagte er. »Gewisse Gespräche führt man besser am Tag, als wenn man einschlafen will.« 
    »Vielleicht sollten wir eine Pilgerfahrt machen«, sagte sie. »Den Weg nach Santiago di Compostela gehen, wie die Tradition es vorschreibt. Steine in unsere Rucksäcke tun, einen Stein für jedes Problem, mit dem wir uns herumschlagen. Wenn wir dann Lösungen gefunden haben, legen wir die Steine

Weitere Kostenlose Bücher