Der Chinese
er sprach mit Lodin. In seinen Briefen nach Hause an den Missionsverein, der ihre Arbeit unterstützte und das nötige Geld einsammelte, verhehlte er die Schwierigkeiten nicht. Aber immer wieder wies er darauf hin, dass man Geduld haben müsse. Die christliche Kirche hatte in ihren Anfängen Hunderte von Jahren zu ihrer Verbreitung gebraucht. Diese Geduld müsse man auch von denen verlangen, die zu den Menschen in das riesige und zurückgebliebene Land China geschickt wurden.
Er stand auf, wusch sich an der Waschschüssel und zog sich an. Den Vormittag wollte er dazu nutzen, einige Briefe zu schreiben, die er auf dem englischen Schiff abgeben wollte. Nicht zuletzt hatte er das Bedürfnis, an seine Mutter zu schreiben, die inzwischen so alt war, dass ihr Gedächtnis nachließ. Er wollte sie wie so oft daran erinnern, dass sie einen Sohn hatte, der die wichtigste christliche Arbeit tat, die man sich vorstellen konnte.
Es klopfte vorsichtig an der Tür. Als er öffnete, stand ein Dienstmädchen mit einem Frühstückstablett vor ihm. Sie stellte es auf den Tisch und verschwand lautlos. Während Elgstrand seine Jacke anzog, ging er zur Tür und betrachtete den gefegten Hof. Es herrschte eine feuchte Wärme, und der Nebel verhieß vielleicht Regen. Auf der Fahrt flussabwärts würden sie Regenzeug und Schirme brauchen. Er winkte Lodin zu, der vor seiner Tür stand und die Brille putzte. Ohne ihn wäre es schwer geworden, dachte Elgstrand. Er ist naiv, nicht sonderlich begabt, aber freundlich und fleißig. Er hat etwas von der glücklichen Einfalt, von der in der Bibel die Rede ist.
Elgstrand sprach schnell das Tischgebet und setzte sich vor sein Frühstückstablett. Beim Essen fragte er sich, ob eine Mannschaft bestellt worden war, die sie den Fluss hinunterund wieder hinaufrudern würde.
In diesem Augenblick vermisste er San. Solange er auf der Missionsstation gewesen war, hatte San diese Aufgaben erledigt, und alles war wohlgeordnet gewesen. Seit jenem Herbstabend, an dem San verschwunden war, hatte Elgstrand niemanden finden können, der seinen Platz ausgefüllt hätte.
Er schenkte sich Tee ein und fragte sich wie so oft, warum San eigentlich weggegangen war. Die einzige vernünftige Erklärung war die, dass er mit dem Dienstmädchen Qi, in das er sich verliebt hatte, geflohen war. Es schmerzte Elgstrand, dass er allzu gut von San gedacht hatte. Von den gewöhnlichen Chinesen ständig betrogen und hintergangen zu werden, das konnte er aushalten. Die Falschheit lag in ihrer Natur. Aber dass auch San, von dem er so viel gehalten hatte, in der gleichen Weise handeln konnte, das war die größte Enttäuschung, die er in seiner Zeit in Fuzhou erlebt hatte. Er hatte alle befragt, die San kannten. Aber niemand wusste, was in jener stürmischen Nacht geschehen war, als der Wind die Schriftzeichen vom Tempel des wahren Gottes heruntergerissen hatte. Das Schild war wieder an seinem Platz. Aber San blieb verschwunden.
In den folgenden Stunden schrieb Elgstrand seine Briefe und stellte einen Bericht für die Mitglieder der Mission zu Hause in Schweden fertig. Es war jedes Mal eine Qual, wenn er über die Fortschritte der Missionsarbeit berichten musste. Gegen ein Uhr verschloss er den letzten Umschlag und schaute noch einmal nach dem Wetter. Es sah noch immer nach Regen aus. Als Elgstrand ins Boot stieg, glaubte er, einige Ruderer von früheren Reisen wiederzuerkennen. Aber er war sich nicht sicher. Lodin und er nahmen ihre Plätze in der Mitte des Bootes ein. Ein Mann mit Namen Xin verbeugte sich und sagte, sie könnten jetzt ablegen. Die Missionare nutzten die Reise flussabwärts zu einem Gespräch über verschiedene Probleme auf der Station. Sie sprachen auch darüber, dass sie weitere Stationen brauchten. Elgstrand träumte davon, am ganzen Min-Fluss entlang ein Netz christlicher Stationen zu errichten. Wenn sie bewiesen, dass sie wachsen konnten, würde es anziehend auf all jene wirken, die zweifelten und zögerten und dennoch neugierig waren auf den merkwürdigen Gott, der seinen Sohn am Kreuz geopfert hatte.
Aber woher sollte das Geld kommen? Darauf hatte weder Lodin noch Elgstrand eine Antwort.
Als sie bei dem englischen Schiff ankamen, entdeckte Elgstrand zu seinem Erstaunen, dass er es kannte. Die Missionare kletterten das Fallreep hinauf, und vor ihnen stand Kapitän Dunn, dem Elgstrand früher schon begegnet war. Er stellte ihm Lodin vor, und sie begaben sich in die Kajüte des
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