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Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers

Titel: Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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sagte sie ihn wagemutig.
    Â»Nicht nur Ihr Pferd«, sagte er leise. Als sie ihm einen Blick zuwarf, bemerkte sie zu ihrer Überraschung, dass eine Röte seinen Hals überflog.
    Nach einem kurzen, betretenen Schweigen sagte sie: »Ich hoffe, Sie können es einrichten, mir beim Zureiten zu helfen. Das soll niemand anderer tun – inzwischen vertraut mir Tenba und dieses Vertrauen darf ich nicht aufs Spiel setzen. Daher muss ich immer dabei sein.«
    Â»Mir wird er auch bald vertrauen«, sagte Hiroshi. »Wann immer Ihr Vater mich erübrigen kann, werde ich hierherkommen. Wir werden uns gemeinsam auf die Art um ihn kümmern, die man uns beigebracht hat.«
    Der Weg des Houou bestand in einer Kombination der männlichen und der weiblichen Elemente der Welt: sanfte Kraft und wilde Leidenschaft, Dunkel und Licht, Schatten und Sonne, Verborgenes und Enthülltes. Sanftmut allein reichte nicht, um ein solches Pferd zu zähmen. Es bräuchte auch die Stärke und Entschlossenheit eines Mannes.
    Sie begannen gleich an diesem Morgen, bevor die größte Hitze einsetzte, und gewöhnten das Pferd daran, dass es von Hiroshi am Kopf, hinter den Ohren, an den Flanken und unter dem Bauch berührt wurde. Dann legten sie ihm weiche Bänder auf Rücken und Hals und schließlich banden sie ihm eines locker um Kopf und Nüstern – sein erstes Zaumzeug. Tenba schwitzte und ein Beben lief über sein Fell, doch er ließ zu, dass sie ihn berührten.
    Mori Hiroki beobachtete ihr Tun beifällig, und anschließend, nachdem das Füllen mit Möhren belohnt worden war und Shigeko und Hiroshi kalten Gerstentee bekommen hatten, sagte er: »Anderswo in den Drei Ländern und jenseits der Grenzen werden die Pferde schnell und gewaltsam zugeritten, oft auch auf grausame Art. Die Tiere werden zum Gehorsam geprügelt. Doch mein Vater hat immer an die sanfte Art geglaubt.«
    Â»Genau darum sind die Otoripferde so berühmt«, sagte Hiroshi. »Sie sind viel gehorsamer als andere Pferde, verlässlicher in der Schlacht, und sie haben eine größere Ausdauer, weil sie ihre Kraft nicht mit dem Versuch vergeuden, den Reiter abzuwerfen! Ich habe immer die Methoden angewandt, die ich von Ihnen gelernt habe.«
    Shigeko glühte vor Freude. »Wir werden es schaffen, ihn zu zähmen, oder?«
    Â»Ohne jeden Zweifel«, antwortete Hiroshi und erwiderte freimütig ihr Lächeln.

KAPITEL 17

    Takeo wusste, dass seine Tochter das schwarze Füllen gemeinsam mit Sugita Hiroshi zureiten wollte – dass es für ihn bestimmt war, ahnte er allerdings nicht –, denn er war über fast alles informiert, was in Hagi und den Drei Ländern vor sich ging. Zwischen den Städten verkehrten Boten zu Fuß oder zu Pferd, das unterwegs gewechselt wurde, und man setzte Brieftauben ein, um von See aus eilige Nachrichten zu verschicken. Takeo glaubte, Hiroshi sei wie ein älterer Bruder für seine Tochter. Manchmal dachte er sorgenvoll über dessen Zukunft und die Tatsache nach, dass er immer noch unverheiratet war. Er überlegte, welche passende und nützliche Partie es für den jungen Mann geben konnte, der ihm von Kindesbeinen an so treu gedient hatte. Er hatte gehört, dass Hiroshi für Hana schwärmte, glaubte jedoch nicht wirklich an dieses Gerücht, da er wusste, wie klug und charakterfest Hiroshi war – und doch entzog sich dieser jeder möglichen Heirat und schien keuscher zu leben als ein Mönch. Takeo beschloss, noch einmal den Versuch zu unternehmen, in den Kriegerfamilien Hagis eine Frau für ihn zu finden.
    Eines heißen Nachmittags im siebten Monat, kurz vor dem Fest des Webersterns, fuhren Takeo, Kaede,ihre älteste Tochter Shigeko und Hiroshi über die Bucht zur Residenz Terada Fumifusas, des früheren Piratenführers und Vaters von Takeos altem Freund Fumio. Inzwischen kümmerte er sich um die Flotte von Handels- und Kriegsschiffen, die den Drei Ländern die Vorherrschaft im Handel sicherte und sie vor einem Angriff von See beschützte. Terada war um die fünfzig Jahre alt, ließ aber keine der üblichen Beschwerden des Alters erkennen. Takeo schätzte seine Listigkeit und seinen Pragmatismus und auch seine Mischung aus Wagemut und Wissen, die zu einer Ausweitung des Handels geführt und Handwerker und Künstler aus fernen Ländern dazu veranlasst hatte, sich in den Städten der Drei

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