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Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels

Titel: Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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leidenschaftslos.
    Â»Ich würde Sie gern fragen, wie es irgendjemand wagen konnte, Ihnen das zu diktieren«, sagte er. »Doch in Wahrheit bin ich in der gleichen Situation. Mein Leben untersteht jetzt den Wünschen meiner Onkel.«
    Â»Wir wurden beide von unseren engsten Angehörigen verraten. Weil Ihre Onkel wie die Familie meines Mannes gewillt – sogar eifrig beflissen – sind, Iida Sadamu und die Tohan zu besänftigen und ihnen entgegenzukommen. Vermutlich werden sie kurzfristig davon profitieren. Aber auf lange Sicht kann dieses selbstsüchtige Verhalten nur zum Untergang der westlichen Clans und der Otori führen. Die Drei Länder werden von Meer zu Meer unter die grausame Herrschaft der Tohan fallen. Die weibliche Erbfolge der Maruyama wird beendet sein.«
    Shigeru beugte sich ein wenig vor und sagte noch leiser: »Ich werde mich Ihnen anvertrauen, obwohl ich nie offen darüber geredet habe. Ich werde Rache an Iida nehmen und ihn zerstören, gleichgültig, wie lange ich warten muss. Selbst er muss einige Schwächen haben. Ich habe gesagt, ich übe mich in Geduld: Ich warte darauf, dass sich mir eine Strategie enthüllt, warte darauf, dass seine Wachsamkeit nachlässt oder er einen Fehler macht. Das ist der einzige Grund, warum ich noch lebe. Ich werde ihn zuerst sterben sehen.«
    Sie lächelte. »Ich bin froh. Das ist, was ich von Ihnen zu hören hoffte. Es ist auch mein geheimer Wunsch. Wir werden zusammen arbeiten und teilen, was wir an Informationen und Einfallsreichtum haben.«
    Â»Doch es muss geheim bleiben – vielleicht jahrelang.«
    Â»Was verborgen bleibt vor der Welt, nimmt zu an Kraft und Wert«, antwortete sie.
    Â»Ich habe ein Gerücht gehört, nach dem Iida sich die Maruyamadomäne sichern will, indem er Sie heiratet.« Shigeru hoffte, dass es nicht zu abrupt klang.
    Â»Die Familie meines Mannes hofft, mich genau dazu zwingen zu können. Aber weder der Tod meines Sohns noch Drohungen gegen das Leben meiner Tochter werden mich dazu bringen. Lieber wäre ich tot.«
    Nach einer Pause sagte sie: »Ich sollte Ihnen etwas aus meinem Leben erzählen, damit Sie mich verstehen. Mein Mann Ueki Tadashi stammte aus einem kleinen Clan an der Grenze des Ostens und des Mittleren Landes. Er war schon zuvor verheiratet gewesen, mit einer Frau aus dem Osten, und hatte drei Kinder. Die Älteste, eine Tochter, war ein Jahr älter als ich – schon siebzehnund mit einem Cousin von Sadamu, Iida Nariaki, verheiratet, den mein Mann adoptierte, obwohl Nariaki den Zunamen Iida behielt.«
    Â»Es geht mich zwar nichts an«, sagte Shigeru, »aber wer arrangierte diese Ehe, wählten Sie Ihren eigenen Mann?«
    Â»Ich war ziemlich dagegen, muss ich zugeben. Mir gefiel der Gedanke nicht, Stiefkinder zu haben, und ein so enges Bündnis mit der Iidafamilie war mir unbehaglich. Aber ich ließ mich überreden und bedauerte es zuerst nicht. Mein Mann war ein angenehmer Mensch, intelligent, gütig, und er unterstützte mich in jeder Hinsicht.«
    Shigeru versuchte ein jähes Gefühl von etwas, das mit Eifersucht verwandt war, zu verdrängen.
    Naomi fuhr fort: »Aber seine Kinder waren anders beschaffen, und sein gütiger Charakter bedeutete, dass er nicht so viel Einfluss auf sie ausübte, wie nötig gewesen wäre. Die Tochter benahm sich, als wäre sie die Erbin von Maruyama. Als meine eigene Tochter geboren wurde, verbarg sie ihren Zorn und ihre Enttäuschung nicht, sondern bestand darauf, gesetzlich anerkannt zu werden. Mein Mann verweigerte ihr das nicht, er verhielt sich lediglich ausweichend. Er bekam gesundheitliche Probleme – als unser Sohn geboren wurde, schien er sich ein wenig zu erholen, er war sehr glücklich –, doch das hielt nur ein paar Wochen an. Er war den ganzen Sommer hindurch schwach und starb, bevor unser Sohn einen Monat alt war, an einem Tumor, hieß es.«
    Â»Sie haben mein tiefstes Mitgefühl«, sagte Shigeru.
    Â»Erst als er nicht mehr da war, wurde mir klar, wiesehr er mich beschützt hatte«, fuhr sie fort. »Seither werde ich von allen Seiten angefeindet. Ich nahm die Drohungen nicht ernst und mein Sohn starb. Ich hatte keinen Beweis, dass er vergiftet worden war, doch er starb so plötzlich, nachdem er immer so kräftig gewesen war. Meine Anklagen und Verdächtigungen wurden abgewiesen – ich galt als

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