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Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels

Titel: Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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niedergelassen, vermutlich wollten sie hier die Nacht verbringen. Die Bergarbeiter, Männer und Frauen, waren aneinandergefesselt, manche waren fast noch Kinder. Erschöpft waren sie zu Boden gefallen, wo sie gerade standen, und schliefen jetzt, als wären sie schon tot, wie groteske Leichenhaufen. Niemand hatte ein Feuer gemacht. Bewaffnete Männer – fünf nach Shigerus schneller Zählung – hockten an der Spitze der Gefesselten, aßen etwas Kaltes aus einer Kiste, die zwischen ihnen stand, und ließen einen Krug kreisen. Alle schwiegen.
    Ihre Hände fuhren an die Schwerter, als sie Shigeru sahen. Er grüßte sie kurz und ging an ihnen vorbei, ständig darauf gefasst, sich umzudrehen und ihren Angriff mit Jato abzuwehren. Ihre Blicke waren misstrauisch. Sie stürzten sich nicht auf ihn, vermutlich von seinem Schwert zurückgehalten, doch einer von ihnen rief ihm zu: »Setzen Sie sich doch einen Augenblick zu uns, bitte.«
    Shigeru drehte sich um. Der Mann, der ihn angesprochen hatte, trat auf ihn zu, ein großer Soldat mit einer gewissen Autorität, kein Mann, den er als Bewacher von ein paar Sklaven erwartet hätte. Shigeru glaubte ihnzu kennen, vielleicht hatte er ihn vor Jahren gesehen, als Iida aus Chigawa fortgeritten war. Er blieb stehen und wartete ausdruckslos.
    Der Soldat schaute ihm ins Gesicht. Erkennen flackerte in seinen Augen auf.
    Â»Sie sind es –?«, fing er an, kam aber nicht weiter, weil es bei den Schlafenden hinter ihm zu einer Störung kam. Einer der Bergleute schrie, riss an seinen Fesseln und warf dabei die an ihn gebundenen Leidensgefährten von einer Seite auf die andere, wobei sich ihre knochigen Arme hoben und senkten, als würden sie von Wellen hin und her geschleudert.
    Shigeru erkannte Komori, den Mann, der Iida das Leben gerettet hatte, den Untergrundkaiser. Er merkte, dass auch Komori ihn erkannt hatte, dass er sich so aufführte, um Shigeru das Leben zu retten, und er wusste in dem Moment, in dem er Jato zog, er würde lieber hier sterben, als Komori im Stich zu lassen.
    Der Große schrie den anderen zu: »Das ist ein Otori! Tötet ihn nicht! Er muss lebendig gefangen werden.« Shigeru traf ihn von hinten am Hals und verletzte die Wirbelsäule. Zwei weitere Männer hatten eines der Netze ergriffen, mit denen sie Dorfbewohner fingen, damit sie in die Minen verschleppt werden konnten. Shigeru wich dem ersten Wurf aus, duckte sich unter das Netz und schnitt dem Mann tief bis zur Hauptschlagader in den Schenkel. Als der Verletzte stürzte, fiel sein Netz auf den anderen und er verfing sich darin. Shigeru rollte zurück und drehte sich über die linke Schulter aus der Reichweite des vierten Mannes. Er landete auf den Füßen, beugte sich in der gleichen Bewegung vor und hieb mitJato auf den rechten Arm des Mannes, den er abtrennte. Der fünfte lief auf ihn zu, aber die gefesselten Bergleute standen auf wie ein schlurfendes wildes Tier und kreisten ihn ein. Der Bewacher schlug vergeblich nach ihnen, sie überwältigten ihn und warfen ihn zu Boden.
    Shigeru beendete das Leben der drei, die noch atmeten. Dann zog er sein Kurzschwert und zerschnitt die Fesseln der Gefangenen, bei Komori fing er an.
    Viele von ihnen jammerten vor Schmerz und Angst. Die meisten liefen, sowie sie befreit waren, zum Teich, stillten ihren Durst und verschwanden dann im Wald.
    Komori blutete aus einer Wunde unter der Achsel. In dem spärlichen Licht ließ sich unmöglich feststellen, wie tief die Verletzung war. Shigeru reinigte sie so gut wie möglich und band von dem Moos darauf, das um die Baumwurzeln wuchs. Beide schwiegen. Komoris Augen funkelten. Er war so dünn, dass seine Knochen bleich durch die gespannte Haut zu schimmern schienen.
    Â»Wir haben ein paar Stunden Vorsprung«, sagte er, als er aufstand und dabei zusammenzuckte. »Wir werden erst morgen Mittag in der Mine erwartet. Lord Otori muss dann auf der anderen Seite von Yaegahara sein.« Er betrachtete die toten Männer, versetzte ihrem Anführer einen Tritt und bespuckte ihn. »Von ihnen wird keiner was verraten.«
    Â»Was ist mit den Gefangenen?«
    Â»Sie gehen nach Hause – bis sie wieder gefangen werden. So sieht unser Leben unter den Tohan aus. Sie werden Sie nicht verraten wollen, aber keiner weiß, was er unter Folter verrät. Deshalb müssen Sie jetzt gehen, so schnell Sie können.«
    Â»Ich nehme

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