Der Clan der Vampire (Venedig 1 & 2)
und sie traf direkt auf Raphaels Blick. Er lächelte sie an und küsste sie sanft auf die Wange. Sie versuchte, sich ihm zu entziehen, aber er hielt sie fest. Plötzlich hatte sie Angst vor ihm. Er war ein kräftiger Mann. Würde er ihr wehtun wollen oder der Mann, der ihn Bruder genannt hatte, ihm befehlen, sie zu verletzen, hätte sie keine Chance, sich zu wehren.
Raphael lockerte seinen Griff, sodass sie sich zur Seite drehen konnte. „Isabella, dies ist mein Bruder Dante.“
Der große Mann, der neben dem Sofa stand, war von breiter Statur. Sein Haar war rabenschwarz. Die Ähnlichkeit zwischen ihm und Raphael war unverkennbar, nur, dass dieser Mann ein wenig größer war und seine Gesichtszüge weniger elegant als Raphaels.
„Es ist eine Freude, dich in der Familie willkommen zu heißen“, meinte Dante gedehnt.
Eine Lüge hinter freundlichen Worten! Nur wenige Augenblicke zuvor hatte er seinen Bruder beschworen, ihr nicht zu vertrauen. Doch keinesfalls durfte sie sich anmerken lassen, dass sie etwas von ihrem Gespräch mitgehört hatte. Das würde schlimme Folgen für sie haben. Obwohl sie kaum die Hälfte ihrer Diskussion verstanden hatte, erkannte sie, dass Dante gefährlich war und sie wahrscheinlich töten würde, wenn sie ihren Plänen in die Quere kam.
„Danke, Signore“, antwortete sie und senkte ihre Augenlider.
„Aber, aber, Isabella, du musst mich Dante nennen. Wir sind hier nicht sehr formell. Und du bist jetzt meine Schwester.“
„Natürlich“, fügte sie hastig hinzu, um ihn nicht zu verärgern.
„Genug der Höflichkeiten für heute Abend“, warf Raphael ein. „Wie wäre es, wenn ich dir das obere Geschoss zeige und dafür sorge, dass ein Bad für dich zubereitet wird? Ich werde mich in Kürze zu dir gesellen.“
Ihr Puls raste. „Wir bleiben hier?“ Sie hatte angenommen, dass dies Dantes Haus war. Und sie wollte nicht unter seinem Dach mit ihm bleiben. Sie würde lieber in ihrem eigenen Haus sein, wo sie wenigstens Hilfe rufen konnte, wenn sie sie brauchte.
„Ja, wir verbringen die Nacht in meinem Haus“, antwortete Raphael.
„In deinem Haus?“
Er nickte. „Natürlich. Oder dachtest du, du hättest einen Bettler geheiratet? Dies ist Dantes und mein Haus. Wir wohnen hier schon unser ganzes Leben lang. Komm, ich zeige dir mein Schlafgemach.“ Er räusperte sich. „Unser Schlafgemach.“
Isabella schluckte und legte ihre zitternde Hand in seine ausgestreckte Handfläche.
13
Nicht einmal das warme Bad, das ein Diener ihr bereitet hatte, konnte Isabellas Nerven beruhigen. Sie versuchte, einen Sinn hinter den Worten, die sie belauscht hatte, zu erkennen. Was wollte Raphael von ihr und was wollte er von Massimo? Glaubte er wirklich, dass sie unter Massimos Einfluss stand? Sie hatte den Mann immer gehasst, selbst als Giovanni noch gelebt hatte. Sie hasste die Art, wie er sich herumschlich und wie er ihr Haus als sein eigenes ansah, wie er ihre Diener herumkommandierte, wenn er zu Besuch war, und so tat, als wäre er der Hausherr.
Dass jemand denken konnte, dass sie tun würde, was er ihr auftrug, war lächerlich.
Sie wird es nicht herausfinden . Raphaels Worte hallten in ihrem Kopf wider. Was verbarg er vor ihr? War er ein Spieler? Oder hatte er bereits irgendwo anders eine Frau? Was war es, das sie nicht herausfinden durfte?
Offensichtlich hatte er sie nicht wegen ihres Geldes geheiratet. Als sie sich in seinem Schlafgemach umsah, konnte sie nicht umhin, die reiche Ausstattung, die teuren Teppiche und die schönen Gemälde zu bewundern. Alles in seinem Besitz deutete auf großen Reichtum hin. Ihr eigenes Haus sah im Vergleich dazu wie ein Armenhaus aus. Nein, sicherlich war es nicht ihr Geld, das er wollte.
Was sie wieder zurück zu Massimo brachte. Was hatte Massimo, das Raphael und sein Bruder wollten? Sie hatte nie herausgefunden, was Massimo eigentlich tat. Doch immer, wenn er auftauchte, war sicher, dass Giovanni die ganze Nacht mit ihm wegbleiben würde. Und sie hatte es gehasst! Giovanni kam jedes Mal zerzaust und erschöpft nach Hause zurück. Aber ihren Fragen war er immer ausgewichen.
Isabella schlüpfte unter die Decke des großen Bettes und zwang sich, die Augen zu schließen. Irgendwie würde sie dies durchstehen. Morgen würde sie zurück in ihr eigenes Haus gehen und versuchen, herauszufinden, wie sie sich aus dieser Situation befreien konnte. Vielleicht konnte sie an den Dogen appellieren und um seinen Schutz bitten. Schutz vor ihrem eigenen
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