Der Club der Gerechten
Blick auf das Gewehr. Es war genau das gleiche wie das, das sie jetzt in der Hand hielt.
Monsignore McGuire hatte kein Gewehr gehabt, als sie ihn fanden.
»Hier ist sein Gepäck«, sagte Keith, schob einen Rucksack vom Sockel, der genauso aussah wie der von Atkinson, und sprang dann selbst auf den Boden. Als er den Rucksack öffnen wollte, sträubten sich ihm förmlich die Nackenhaare. »Ich denke, jemand folgt uns«, flüsterte er kaum hörbar. »Geh weiter und schau dich nicht um.«
Heather gehorchte. Keith hielt sich nur lange genug auf, um das Gewehr des Toten aufzuheben. Dann lief er schnell hinter ihr her.
Perry Randall beobachtete die beiden Gestalten durch sein Nachtglas. Sie waren deutlich zu sehen – ein Mann und eine Frau –, aber nicht deutlich genug, dass er sie identifizieren konnte. Doch trotz des Dunstes, der über dem grünlichen Licht lag, hatten beide etwas Vertrautes an sich.
Dieses Gefühl der Vertrautheit hielt Randall davon ab, sie zu töten. Eve würde ihm nie verzeihen, wenn er zwei ihrer kostbaren Hüter erschoss. Es wäre leicht gewesen – den Schalldämpfer hatte er schon auf seine M-14A1 aufgesetzt, und er brauchte nur dem leuchtend roten Punkt des Lasers über den Tunnelboden und dann den Rücken eines der beiden hinauf zu folgen.
Den Mann zuerst; die Frau hatte bestimmt langsamere Reflexe und würde nicht einmal verstehen, was passiert war – doch dann wäre es zu spät.
Er brauchte nur den Lichtpunkt des Lasers auf den Hinterkopf des Mannes zu richten, wo er wie ein von innen her erleuchteter Blutstropfen glänzen würde, dann auf den Abzug zu drücken, und der Laserpunkt würde sich schnell in einen Strom echten Blutes verwandeln.
Die Frau konnte er dann abschießen, bevor der Mann auf dem Boden lag.
Trotzdem – es war besser, ihnen noch ein bisschen länger zu folgen.
Während sie tiefer in den Tunnel eindrangen, schlich Randall hinter ihnen her, bewegte sich wie ein Gespenst völlig geräuschlos durch die Dunkelheit. Er blieb stehen, als er zu dem Leichnam kam, der von dem Sockel herunterhing. Als er ihn zum ersten Mal durch sein Nachtglas gesehen hatte, hatte er geglaubt zu wissen, wer es war, doch jetzt schaute er dem Toten ins Gesicht. Trotz des schrecklichen Schadens, den die Kugel angerichtet hatte, erkannte er Otto Vandenberg sofort.
Der Mann und die Frau hatten sein Gewehr und seinen Rucksack mitgenommen, in dem auch sein Logbuch war.
Er setzte das Nachtglas wieder an und spähte in die Dunkelheit vor ihm. Die beiden Gestalten gingen noch immer weiter, entfernten sich schnell von ihm. Wenn sie auf eine Kreuzung stießen und entkamen ...
Wenn sie mit Vandenbergs Logbuch an die Oberfläche gelangten ...
Perry Randall setzt das Nachtglas ab, nahm die Waffe von der Schulter, entsicherte sie und legte an. Er schaltete den Laser ein und bereitete sich auf den ersten Schuss vor.
Heather versuchte sich einzureden, dass die dunkle Masse auf dem Boden vor ihr nicht noch eine Leiche sein konnte, wusste jedoch, dass es eine sein musste. Es waren nicht nur die absolute Reglosigkeit oder die unnatürlich gekrümmten Glieder und auch nicht der dunkle Blutfleck auf seiner Brust, die ihr verrieten, dass der Mann tot war.
Es war die Ratte, die schon an seinem Gesicht nagte.
Ein erstickter Laut – Entsetzen und Ekel zugleich – entwich ihrer Kehle, und sie fürchtete, dass sie am Ende die Übelkeit nicht mehr beherrschen könnte, die in ihrem Leib wühlte. Ein Schwindelgefühl überrollte sie wie eine Welle, und sie musste sich an die Wand lehnen, um nicht zu stürzen.
Als Keith Converse in die Hocke ging, um den Leichnam zu untersuchen, wäre Heather – überwältigt von den Bildern des Todes, die sie an diesem Tag schon gesehen hatte – am liebsten auch zu Boden gesunken, hätte die Augen geschlossen und versucht, alles aus ihrem Kopf zu verdrängen. Aber gerade als die Knie unter ihr nachzugeben begannen, sah sie es.
Einen roten Punkt, der über den Boden auf sie zukroch.
Eine Sinnestäuschung?
Es musste eine Sinnestäuschung sein.
Sie richtete die Augen auf den Punkt, wollte ihn zwingen, zu verschwinden.
Aber er kroch näher, und in ihr regte sich eine Erinnerung. Eine Erinnerung an ihren Vater, der ihr beigebracht hatte, wie man die Waffen aus dem Waffenschrank in der Bibliothek benutzte.
»Das Zielfernrohr mit Laser ist das beste. Nachts kannst du damit das Ziel nicht verfehlen. Richte den roten Punkt nur auf den Boden vor dir, beweg die Waffe, bis
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