Der Club der Serienkiller
Ton hervor. Mehr als die Geschichte von dem Tierbiss hat Agent Wade mir nicht mit auf den Weg gegeben. Ich gerate ins Schwimmen.
»Äh...«
»Äh? Was heißt ›äh« Tony scheint sich mit seinem Gesicht noch näher an meines zu schieben, seine Augen treten aus den Höhlen, und Zornesröte steigt ihm in die Wangen.
»Ähm...«
»Jetzt also ›ähm<.« Chuck beugt sich ebenfalls vor.
Ich muss schlucken, und mein Herz fängt an zu galoppieren. »Also, äh, ähm, äh...«
»Vielleicht hat ja Richard die Anzeige geschaltet, in der der Kentucky Killer aufgefordert wird, sich mit uns zu treffen, und ist nicht gekommen, weil er deswegen Schuldgefühle hat.« Ich blicke zu Betty hinüber.
Meine Retterin!
Sie schenkt mir ein zaghaftes Lächeln, und ich würde sie am liebsten direkt auf ihren schmalen Mund küssen.
Die anderen schauen sofort in ihre Richtung. Sie antwortet mit ihrem bezaubernden Achselzucken. »Klingt doch irgendwie einleuchtend, oder?«
»Richard könnte nicht mal seinen eigenen Namen buchstabieren, geschweige denn eine Anzeige verfassen«, wendet Burt rasch ein, und ich blicke erneut zu Betty hinüber. Sie zögert, verhaspelt sich und bringt keinen Ton mehr heraus.
»Man muss nicht schreiben können, um was per Telefon durchzugeben.« Gut gemacht, Chuck. Wirklich gut.
»Ah - so gibt man diese Anzeigen also auf, ja?«, wirft Cher ein.
Chuck mustert sie herausfordernd. »Wovon redest du?«
»Du scheinst ja ein Experte für Anzeigen zu sein, Chuck«, werfe ich ein, bevor ich überhaupt merke, dass ich auf mein Lieblingsmitglied losgehe.
»Experte? Was willst du damit sagen, du Zwerg?«
Chuck sieht jetzt die anderen Mitglieder fragend an. Mir bleibt nicht anderes übrig, als traurig den Kopf zu schütteln und ratlos mit den Schultern zu zucken.
»Nichts, nur dass du anscheinend ein Experte im Aufgeben von Anzeigen bist.«
»Du kleiner Scheißer.« Chuck wirft mir einen ziemlich angewiderten Blick zu.
Tony ergreift das Wort. »Hört zu, vergesst die beschissene Anzeige.«
»Aber was ist mit Richard?« Burt schiebt seinen Teller mit Backfisch fort und greift nach seinem sicher ziemlich starken Kaffee. »Schreiben wir ihn einfach ab? So wie die anderen?«
Tony zögert ein Weilchen, reibt sich dann mit den Händen übers Gesicht und gähnt, wobei er ein paar furchtbar aussehende Zähne entblößt. »Ich gehe der Sache nach, okay?«
»Ich fürchte, das reicht nicht, Mr. Curtis. Wir haben das Recht zu erfahren, was los ist.«
»Sobald ich was weiß, werde ich euch es verdammt nochmal sagen. Okay?«
Gedankenverloren schnäuzt Tony sich die Nase an einer Ecke der Tischdecke. Als er fertig ist, lässt er sie fallen und blickt in die beunruhigten Gesichter der verbliebenen Mitglieder. Er versucht Ruhe zu bewahren und behält seinen Plan für sich. »Nehmen wir ein bisschen den Fuß vom Gas. Wir sind alle etwas nervös.«
»Was hast du erwartet?« Chuck wirkt immer noch ungewohnt angespannt. »Wo sind die hin? Ich meine, irgendjemand muss was darüber wissen. Uns ist immerhin bekannt, dass William getötet
wurde, vielleicht gilt das auch für die anderen.«
Allmählich frage ich mich, ob Chuck im Grunde seines Herzens womöglich ein kleiner Feigling ist.
Tony wirft ihm einen finsteren Blick zu. »Hört zu, ihr Schwarzseher, ich hab gesagt, dass ich der Sache nachgehen werde.«
Missmutig nimmt Chuck einen unglaublich tiefen Zug von seiner Zigarette. »Wer weiß noch von diesem Club? Ich schätze, einer von uns muss jemandem davon erzählt haben, vielleicht einem Freund, ganz nebenbei. Genau das glaube ich nämlich. Dass jemand Wind von diesen Treffen gekriegt hat und was dagegen hatte. Und zwar gewaltig. Irgendjemand hat gequatscht. Aber wer?«
»Ich stopf dir gleich das Maul, wenn du nicht die Klappe hältst«, stößt Tony hervor, dann gähnt er erneut und stopft sich noch schnell einen halben Kopfsalat von Bettys Teller in den Rachen, bevor er den Mund schließt.
Chuck wendet sich völlig entnervt ab. »Irgendwas stimmt hier nicht. Die Sache fängt langsam gewaltig an zu stinken.«
Chucks unheilvolle, düstere Worte hängen für den Rest des Abends in der Luft, und nicht einmal Burt Lancaster kann mit seiner witzigen Geschichte jemanden aufheitern. Mit dem Club geht es zu Ende; mir ist zum Heulen zumute.
Sicher, ich möchte ein Held sein, doch ein großer Teil meines Herzens wird für immer dem Club gehören.
Da fällt mein Blick auf Betty, sie hat mir das Profil
zugewandt.
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