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Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Titel: Der Club der unsichtbaren Gelehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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knallte stolz einen ganzen Stapel Aufträge auf den Tisch und machte den Handkoffer auf. Er war leer. »Außerdem brauche ich noch viel mehr Muster«, sagte sie.
    »Aah, das ist ja wunderbar«, sagte der Zwerg. »Wann hast du die hier bekommen?«
    »Heute Morgen.«
    Es war so einfach gewesen. Eine Tür nach der anderen schien sich für sie geöffnet zu haben, und jedes Mal sagte eine kleine Stimme in ihrem Kopf: »Ist es wirklich richtig, was du da tust?«, und eine etwas tiefere Stimme, die erstaunlich wie die von Madame Sharn klang, sagte: »Er will es herstellen. Du willst es verkaufen. Sie wollen es kaufen. Der Traum fließt von einem zum anderen, und genauso ist es mit dem Geld.«
    »Der Lippenstift hat gut eingeschlagen«, sagte sie. »Diese Trollmädchen legen ihn mit dem Spachtel auf, ohne Witz. Deshalb solltest du auch gleich Spachtel mitverkaufen. Einen schönen Spachtel in einer hübschen Schachtel, mit Glitzer drauf.«
    Er sah sie voller Bewunderung an. »Ich erkenne dich überhaupt nicht wieder, Glenda.«
    »Ja, ich wundere mich selbst«, erwiderte Glenda, während immer mehr Muster in ihrem ramponierten Koffer landeten. »Hast du schon mal daran gedacht, in Richtung Schuhe zu gehen?«
    »Meinst du, es wäre einen Versuch wert? Normalerweise tragen sie keine Schuhe.«
    »Ehe sie hierhergezogen sind, haben sie auch keinen Lippenstift aufgelegt«, sagte Glenda. »Schuhe könnten das nächste große Ding sein.«
    »Aber … sie haben Füße wie Granit. Sie brauchen keine Schuhe.«
    »Aber sie werden welche haben wollen«, konterte Glenda. »Du könntest das Geschäft sozusagen von Grund auf mit aufbauen.«
    Starkimarm sah sie verdutzt an, und Glenda erinnerte sich daran, dass sogar Großstadtzwerge immer noch in der auf den Kopf gestellten Sprache ihrer Heimat befangen waren. »Oh, tut mir leid, ich wollte sagen: vom obersten Stockwerk an.«
    Sie überlegte kurz und redete weiter: »Und dann Kleider«, sagte Glenda. »Ich habe mich umgesehen und festgestellt, dass niemand ordentliche Kleider für Trolle herstellt. Alles sieht aus wie übergroße Kleidung für Menschen. Außerdem sind die Sachen so geschnitten, dass sie darin kleiner aussehen, dabei würde es ihnen besser gefallen, wenn sie so geschnitten wären, dass sie größer darin aussehen. Mehr wie Trolle und weniger wie dicke Menschen. Weißt du, so eine Kleidung, die laut ruft: ›Ich bin eine große kräftige Trollfrau und ich bin stolz darauf.‹«
    »Hast du einen Schlag auf den Kopf abgekriegt?«, fragte Starkimarm. »Wenn ja, dann will ich auch so einen haben.«
    »Wir wollen doch den Traum verbreiten, oder nicht?«, sagte Glenda und ordnete sorgsam die Muster in ihrem Koffer. »Das scheint ein bisschen wichtiger zu sein, als ich zu Anfang dachte.«
    Sie machte vierzehn weitere erfolgreiche Hausbesuche, bevor sie es gut sein ließ, steckte die Aufträge in Starkimarms Briefkasten und ging mit einem leichten Koffer und einem ganz untypisch leichten Herzen zurück zur Arbeit.
     
    Ridcully bog um die Ecke, und da, direkt vor ihm, stand … Seine Gedanken überschlugen sich, als sie nach der korrekten Anredeform suchten: »Erzkanzler« kam nicht in Frage. »Dekan« wäre eine zu offensichtliche Beleidigung gewesen, »Zwei Stühle« ebenso, vielen Dank auch, und »undankbarer, hinterhältiger, schleimiger Drecksack« dauerte zu lange, bis man es ausgesprochen hatte. Wie hieß der Drecksack denn überhaupt, verflixt? Gütiger Himmel, sie waren doch seit ihrem ersten Tag an der UU befreundet gewesen … »Henry!«, entfuhr es ihm. »Was für eine freudige Überraschung! Was führt Sie in unsere armselige und erbärmlich altmodische kleine Universität?«
    »Ach, ich bitte Sie, Mustrum. Als ich hier weg bin, waren die Kollegen doch gerade dabei, die Grenzen des Wissens kräftig auszuweiten. Seitdem ist es wohl etwas ruhiger zugegangen, das schon. Das hier ist übrigens Professor Rübensaat.«
    Hinter dem selbsternannten Erzkanzler von Brazeneck erschien, wie ein kleiner Mond, der sich aus dem Schatten eines Gasriesen löst, ein schüchterner junger Mann, der Ridcully sofort an Ponder Stibbons erinnerte, obwohl er ums Verrecken nicht darauf kam, wieso. Vielleicht lag es daran, dass er aussah wie jemand, der ständig irgendwelche Rechenaufgaben im Kopf löst, und nicht nur normale Aufgaben, sondern solche mit Buchstaben drin.
    »Ach, Sie wissen ja, was es mit diesen Grenzen so auf sich hat«, murmelte Ridcully. »Man schaut auf die andere Seite und

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