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Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Titel: Der Club der unsichtbaren Gelehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Nachtküche war der Ort, an dem sie lebte. Sie war ihre Festung.
     
    Ponder Stibbons starrte auf die Buchseite vor seiner Nase. Hässliche Fragen stapelten sich in seinem Kopf, von denen die größte und hässlichste ganz einfach lautete: Könnte womöglich irgendjemand darauf kommen, dass das alles meine Schuld ist? Nein. Gut!
    »Ähm, ich habe hier einen Brauch gefunden, den wir offensichtlich schon eine ganze Zeitlang nicht mehr berücksichtigt haben, Erzkanzler«, sagte er und bemühte sich darum, seine Stimme unter Kontrolle zu behalten.
    »Spielt das eine Rolle?«, fragte Ridcully und streckte sich.
    »Na ja, es ist ein alter Brauch, Erzkanzler«, antwortete Ponder vorwurfsvoll. »Eine Tradition. Obwohl ich so weit gehen würde, zu behaupten, dass die Tradition inzwischen leider darin besteht, diesen Brauch nicht zu berücksichtigen.«
    »Na, dann ist doch alles in Ordnung, oder?«, meinte Ridcully. »Wenn wir eine Tradition daraus machen können, dass wir eine andere Tradition nicht berücksichtigen, dann ist das doch sozusagen eine doppelte Tradition, oder nicht? Wo liegt das Problem?«
    »Es dreht sich um Erzkanzler Thurecht Sodomirs Vermächtnis«, sagte der Meister der Traditionen. »Die Universität ist eine beträchtliche Nutznießerin des Sodomir-Nachlasses. Die Sodomirs waren eine sehr reiche Familie.«
    »Hmm, stimmt. Hab den Namen schon mal irgendwo gehört. Sehr nett von ihm. Und?«
    »Es wäre mir wesentlich leichter ums Herz, wenn sich mein Vorgänger ein bisschen besser um die alten Bräuche gekümmert hätte«, sagte Ponder, der davon überzeugt war, dass man schlechte Nachrichten am besten peu á peu überbrachte.
    »Na ja, er war schließlich tot.«
    »Das schon, aber vielleicht sollten wir eine neue Tradition begründen, und zwar die, regelmäßig die gesundheitliche Verfassung des Meisters der Traditionen zu überprüfen.«
    »Ach, er war eigentlich recht gesund«, erwiderte der Erzkanzler. »Bloß tot. Aber für einen Toten doch ziemlich gut beieinander.«
    »Er war ein Häufchen Staub, Erzkanzler!«
    »Das ist nicht dasselbe wie krank«, sagte Ridcully, der davon überzeugt war, dass man niemals nachgeben sollte. »Streng genommen ist dieser Zustand eher als stabil zu bezeichnen.«
    »An die Zuwendung aus dem Nachlass ist eine Bedingung geknüpft«, sagte Ponder. »Es steht im Kleingedruckten, Erzkanzler.«
    »Mensch, Stibbons, ich kümmere mich nie um das Kleingedruckte!«
    »Ich schon. Hier steht: ›… und dies sei gewährt, solange die Universität eine Mannschaft beim Spiel Tritt-den-Ball oder auch Armer Leit’ Vergniegen stellet‹.«
    »Armer Leitvergniegen?«, fragte der Professor für unbestimmte Studien.
    »Das ist doch lächerlich!«, sagte Ridcully.
    »Lächerlich oder nicht, Erzkanzler, es ist jedenfalls die Bedingung für unsere Zuwendung.«
    »Aber wir nehmen schon seit vielen Jahren nicht mehr daran teil«, sagte Ridcully. »Der ganze Pöbel in den Straßen, dieses Treten und Stoßen und Grölen … und damit meine ich nur die Spieler! Die Zuschauer waren wohlgemerkt fast genauso schlimm! Die Mannschaften bestanden aus Hunderten von Spielern! So ein Spiel konnte tagelang dauern. Deshalb hat die Sache irgendwann aufgehört.«
    »Genau genommen hat es damit nie aufgehört, Erzkanzler«, sagte der Oberste Hirte »Wir haben damit aufgehört, das schon. Ebenso die Gilden. Es war kein Spiel mehr für Gentlemen.«
    »Wie auch immer«, sagte der Meister der Traditionen. »So lauten jedenfalls die Bedingungen.« Er fuhr mit dem Finger die Seite hinunter. »Es gibt noch haufenweise andere Bedingungen. Ach du Schreck. Au weia. O nein, bitte nicht …«
    Seine Lippen bewegten sich langsam beim Weiterlesen. Der ganze Saal schien den Hals zu recken.
    »Jetzt aber raus damit, Mann!«, brüllte Ridcully.
    »Ich glaube, ich muss erst einmal ein paar Dinge überprüfen«, sagte der Meister der Traditionen. »Ich möchte Sie nicht über Gebühr beunruhigen.« Sein Blick wanderte wieder nach unten. »Herrjemine! Also, da wird doch …!«
    »Wovon reden Sie, Mann?«
    »Tja, sieht ganz so aus, als … Nein, es wäre wirklich unfair, Ihnen den Abend zu verderben, Erzkanzler«, sträubte sich Ponder. »Ich habe bestimmt etwas falsch gelesen. Er kann doch unmöglich meinen … Um Himmels willen, nein …!«
    »Ganz kurz zusammengefasst, Stibbons«, knurrte Ridcully. »Soweit ich weiß, bin ich der Erzkanzler dieser Universität. Jedenfalls steht es so an der Tür zu meinem

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