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Der Coach

Titel: Der Coach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Du kannst gar nicht glauben, dass es vorbei sein soll. Aber das neue Team steht schon bereit, und du bist bald vergessen.«
    »Das ist so lange her.«
    »Fünfzehn Jahre, mein Lieber. Als ich auf dem College war, bin ich immer in den Ferien heimgekommen, aber das Feld hab ich gemieden. Ich bin nicht mal an der Schule vorbeigefahren. Rake hab ich nie gesehen, ich hatte auch keine Lust dazu. Und dann, irgendwann im Sommer, kurz bevor ich ins College zurückmusste, etwa einen Monat, bevor sie ihn gefeuert haben, hab ich mir abends ein Sixpack gekauft, bin hierher gefahren und alle Spiele im Geist noch mal durchgegangen. Stundenlang war ich hier. Ich sah uns da unten, wie wir nach Belieben gepunktet haben, jedes Spiel haushoch gewonnen haben. Das war toll. Und dann hat es furchtbar wehgetan, weil es vorbei war, weil unser Ruhm einfach so verpufft ist.«
    »Hast du Rake da gehasst?«
    »Nein, an diesem Abend habe ich ihn geliebt.«
    »Das änderte sich täglich.«
    »Ging den meisten von uns so.«
    »Tut es jetzt immer noch weh?«
    »Inzwischen nicht mehr. Nach der Heirat haben wir uns Dauerkarten gekauft, sind dem Fanklub beigetreten, wie es alle machen. Mit der Zeit hab ich dann vergessen, wie es war, ein Held zu sein, und jetzt bin ich einfach nur ein Fan.«
    »Schaust du dir alle Spiele an?«
    Paul deutete nach links unten. »Na klar. Die Bank hat einen ganzen Block Sitzplätze.«
    »Mit deiner Familie brauchst du auch einen ganzen Block.«
    »Mona ist eben sehr fruchtbar.«
    »Offensichtlich. Wie sieht sie denn aus?«
    »Wie eine Schwangere eben aussieht.«
    »Nein, ich meine, ist sie noch in Form?«
    »Du willst wissen, ob sie fett geworden ist?«
    »Genau.«
    »Nein, sie trainiert zwei Stunden täglich und isst nur Salat. Sie sieht fantastisch aus, und sie will bestimmt, dass du heute zum Abendessen kommst.«
    »Gibt’s Salat?«
    »Es gibt alles, worauf du Lust hast. Soll ich sie anrufen?«
    »Nein, noch nicht. Lass uns einfach nur reden.«
    Beide schwiegen lange. Sie beobachteten einen Lieferwagen, der vor dem Tor zum Stehen kam. Der Fahrer war korpulent, trug verwaschene Jeans und eine Jeanskappe, hatte einen dichten Vollbart und humpelte. Er ging an der Endzone entlang und die Tartanbahn hinunter, und als er zur Tribüne kam, bemerkte er, dass Neely und Paul oben saßen und ihn beobachteten. Er nickte ihnen zu, stieg ein paar Reihen hoch, setzte sich dann und blickte auf das Feld, regungslos und ganz für sich.
    »Das ist Orley Short«, sagte Paul, als ihm schließlich der Name zu dem Gesicht einfiel. »Späte Siebziger.«
    »Ich erinnere mich noch an ihn«, sagte Neely. »Der langsamste Linebacker, den es je gab.«
    »Aber auch der gefährlichste. Der Beste in der Conference, wenn mich nicht alles täuscht. Er hat ein Jahr am Junior-College gespielt und dann aufgehört, um sich ganz der Holzfällerei zu widmen.«
    »Rake hatte eine Schwäche für Holzfäller.«
    »Hatten wir die nicht alle? Vier Holzfäller in der Defense, und die Conference war praktisch schon gewonnen.«
    Ein weiterer Lieferwagen hielt neben dem ersten, ein weiterer stämmiger Geselle in Latzhose und Jeanshemd stapfte die Tribüne empor, begrüßte Orley Short und setzte sich neben ihn. Es schien eine zufällige Begegnung zu sein.
    »Wer das ist, weiß ich nicht«, sagte Paul, offensichtlich unzufrieden, weil er den zweiten Mann trotz aller Bemühungen nicht einordnen konnte. In dreieinhalb Jahrzehnten hatte Rake hunderte junge Männer aus Messina und dem Umland trainiert. Die meisten lebten noch in der Gegend. Rakes Spieler kannten einander. Sie gehörten einer Bruderschaft an, die keine neuen Mitglieder mehr aufnahm.
    »Du solltest öfter herkommen«, bemerkte Paul, als es schließlich Zeit war, wieder etwas zu sagen.
    »Warum?«
    »Die Leute würden sich freuen, dich zu sehen.«
    »Vielleicht will ich sie aber nicht sehen.«
    »Warum denn nicht?«
    »Keine Ahnung.«
    »Glaubst du etwa, die Leute nehmen dir noch übel, dass du die Heisman Trophy nicht gekriegt hast?«
    »Nein.«
    »Natürlich werden sie dich erkennen, aber du bist Teil der Legende, der Vergangenheit. Du bist der AllAmerican, auch wenn es eine Ewigkeit her ist. Schau mal im Renfrow vorbei, dann wirst du sehen, dass Maggie immer noch das große Foto von dir über der Kasse hängen hat. Ich frühstücke jeden Donnerstag da, und irgendwann fangen immer zwei von den alten Hasen eine Diskussion darüber an, wer nun der beste Quarterback von Messina war: Neely Crenshaw oder Wally

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