Der Code des Luzifer
einem Kreis. Sehr ähnlich, wenn nicht identisch mit der Zeichnung, die er vorhin gefunden hatte. Nur, dass hier die Spitzen des Dreiecks mit Buchstaben versehen waren – E, S und Q.
Wieder war Max der Lösung des Rätsels einen Schritt näher gekommen. Dies war ein wichtiger Teil des Vermächtnisses, das der sterbende Mönch ihm hinterlassen hatte. Nach kaum einerMinute war er mit der groben Skizze fertig. Er schraubte den Anhänger aus dem Okular, faltete die Zeichnung zusammen und steckte sie in seine Jackentasche.
Zeit, zu gehen!
Er kletterte unter dem Teleskop hervor, schloss das Fenster und lief zu Sayid.
»Sayid, ich bin fertig. Wir verschwinden jetzt besser.« Zu spät!
Max sah den gespenstischen Schemen eines Mannes die Treppe hinaufkommen. Es war der Deutsche. Und er grinste. Sofort war Max klar, dass nur er die Alarmanlage ausgeschaltet haben konnte.
»Sehr gut, Max. Wir hatten vergeblich danach gesucht.«
Die Erkenntnis traf Max wie ein Schlag: Der Mann und die Frau hatten gewusst, dass er heute in das Château kommen würde. Woher? Wer hatte es ihnen gesagt? Aber das war im Augenblick nicht so wichtig. Max hatte ihnen in die Hände gespielt, und sie hatten im Dunkeln gewartet und ihm so viel Zeit gelassen, wie er brauchte, um dem Geheimnis des Mönchs auf die Spur zu kommen.
Der Schock war schnell überwunden. Max drängte sich zwischen den herantretenden Deutschen und Sayid, steckte seinem Freund Bobbys Handy zu und schob ihn fort, Richtung Schlafzimmer des Châteaus. »Geh, Sayid! Ruf Bobby an!«, zischte er.
Sayid stakte auf seinen Krücken wie ein dürres Insekt in Todesangst den Gang hinunter.
Der Mann schüttelte den Kopf und zündete sich in aller Ruhe eine Zigarette an.
»Max, es hat keinen Sinn, ihr könnt nicht fliehen.« Er sah dem Rauch nach, der sich in dem mondhellen Treppenhausträge nach oben kräuselte, und sagte schulterzuckend: »Ich bin nicht allein.«
Aus der Dunkelheit sprangen zwei Gestalten an dem Mann vorbei die Treppe hinauf. Junge Männer in Motorradkluft. Der eine mit einer Motorradkette bewaffnet, der andere mit einer kurzen Eisenstange – einem Schraubenschlüssel. Die führten offensichtlich nichts Gutes im Schilde. Der Hai war nicht dabei, aber Max hatte diese Kerle damals in seiner Gang gesehen.
»Bringt ihn nicht um. Noch nicht. Holt euch erst den verletzten Jungen«, rief der Deutsche.
Max wusste, wenn sie Sayid bekamen, würden sie ihm solche Schmerzen zufügen, dass er, Max, seine Seele verkaufen würde, damit sie aufhörten.
Aber er dachte nicht daran, einfach wegzulaufen. In Schwierigkeiten? Tu immer das Unerwartete, Max. Die Stimme seines Vaters. Max lächelte. Er sah die beiden Kerle an. Eine Kette und ein Schraubenschlüssel? Er musste sich was einfallen lassen. Er schnappte sich einen äthiopischen Schild und ein gefährlich aussehendes Antilopengehörn von der Wand und griff an, sprang die letzten drei Treppenstufen mit einem Satz hinunter und stürzte sich auf die verblüfften Schläger. Der Deutsche drehte sich um und rannte los, einer der Männer geriet hinter ihm ins Stolpern und trat ihm in die Beine, sodass sie beide zu Boden gingen. Der Deutsche schrie vor Schmerz und Wut auf.
Der zweite Schläger fand sein Gleichgewicht wieder und schwang die Kette nach Max’ Kopf. Max duckte sich, riss den Arm hoch, spürte und hörte die Kette auf den Schild krachen und sprang nach vorn. Die Augen des Angreifers weiteten sich, als Max ihm an die Kehle ging. Er schwankte, machte einen Schritt rückwärts und stieß ans Geländer. Max rammte die Antilopenhörnernach vorn und traf ihn so, dass sie ihm links und rechts am Hals vorbeigingen und ihn am Treppenpfosten festnagelten, unmittelbar neben einem der Ungeheuer, die darin eingeschnitzt waren. Und in dem schwankenden Licht sah es fast so aus, als grinste es höhnisch über den dummen Kerl, der zum Fressen nah an seinem Rachen zappelte und nicht weg konnte.
Kaum war der Schläger außer Gefecht, als aus der Dunkelheit etwas herangezischt kam.
Max fuhr herum, hob den Lederschild – ein Messer schlug ein und blieb darin stecken.
Der Deutsche schrie von unten einen Befehl:
»Wir brauchen ihn lebend!«
Aber lautes Trampeln sagte Max, dass junge Leute nicht immer das tun, was die Erwachsenen ihnen sagen, auch wenn sie noch so gut dafür bezahlt werden. Die ersten Gestalten tauchten undeutlich vor ihm auf. Er sah ihre Messer im Mondlicht aufblitzen. Max hatte nur den Schild zu seiner Verteidigung.
Weitere Kostenlose Bücher