Der Code des Luzifer
Und der würde ihm nicht lange helfen. Er drehte sich um und lief los, aber ein harter Aufprall an der Wand neben ihm ließ ihn sofort wieder innehalten. Ein Pfeil war vor den Angreifern vorbeigeschossen. Max blickte auf. Sayid stand an das Geländer gestützt, einen kurzen afrikanischen Jagdbogen in den Händen, und schickte bereits den nächsten Pfeil die Treppe runter. Er traf eins der geschnitzten Ungeheuer in den Kopf. Die Schläger wichen zurück und gingen in Deckung. Max nutzte die Chance.
Mit wenigen Schritten war er an Sayids Seite.
»Mehr Pfeile waren nicht da«, sagte Sayid zitternd vor Anstrengung, Angst und Aufregung.
Max schob ihn bereits wieder in das Schlafzimmer zurück.Er hatte genug getan, um die Angreifer fürs Erste zurückzuschlagen.
»Du hast mir das Leben gerettet, Sayid.«
Sayid lächelte. »Tatsächlich?«
»Ja. Obwohl – nur ein paar Zentimeter näher, und du hättest mich getötet.«
»Ich hab noch nie mit einem Bogen geschossen«, erklärte Sayid, als Max hinter ihnen die Tür zumachte.
»Wäre ich nie drauf gekommen«, ächzte Max, während er eine große antike Kommode vor die Tür wuchtete. Er musste seine ganze Kraft aufwenden, aber die Angst vor dem, was da die Treppe hinaufkam, machte ihn stark.
»An Bobbys Handy geht keiner ran«, erklärte Sayid.
»Dann müssen wir improvisieren«, sagte Max – und er klang sehr ernst. Sie waren jetzt in echten Schwierigkeiten und konnten nicht mit Hilfe rechnen.
Die Kommode vor der Tür würde die Verfolger eine Weile aufhalten, jetzt sah er sich erst einmal um. Konnten sie sich hier verstecken? Schwere Möbel, Vitrinen und Tische auf gedrechselten Beinen, ein Leopardenfell auf dem blanken Holzfußboden. Gitterfenster, eine Chaiselongue, ein Kastenbett, dessen Seiten fast bis an den Boden reichten. Nirgends ein vernünftiges Versteck, wo man sie nicht nach Sekunden finden würde. Schwere blaue Vorhänge verhüllten Bett und Fenster, eine Tür führte in ein Ankleidezimmer. Dort drin war es ziemlich finster.
Lautes Ächzen und Gebrüll ertönte vor der Schlafzimmertür. Ihre Verfolger gaben sich alle Mühe. Die Kommode rückte ein paar Zentimeter vor.
Max packte einen großen Tisch und schob ihn an die Kommode heran. Damit gewannen sie noch einige kostbare Minuten.Alle diese Vorhänge! Die mussten doch zu etwas gut sein. Als Max an den Vorhangschnüren über dem Kamin zog, kamen dahinter in Gold gerahmte Porträts von Antoine d’Abbadie und seiner Frau Virginie zum Vorschein. Beim Anblick ihrer freundlichen Gesichter bekam Max ein schlechtes Gewissen, weil er so viel hässliche Gewalt in das Haus dieses Exzentrikers gebracht hatte. Gewalt, die lärmend hinter der Tür wütete, um über Max und Sayid herzufallen.
»Sayid! «
Max zeigte auf das Ankleidezimmer. Sayid zögerte – dort würde man sie sofort finden! Aber Max knotete schon die Vorhangschnüre zu einem langen Seil zusammen. Sayid wusste, Max würde ihn nicht ohne Grund nach nebenan schicken, und mit den Schlägern, die jederzeit hereinbrechen konnten, wollte er schon gar nichts zu tun haben. Also gehorchte er.
Sayid bemerkte sofort die Balkontür hinter den schweren Vorhängen in dem kleinen Zimmer. Max war mal wieder allen anderen voraus – ihm war der Balkon auf dem Grundriss des Châteaus nicht entgangen. Sayid zog die Balkontür auf, während Max fieberhaft die getäfelten Wände des Zimmers abtastete. Endlich fand er den Riegel, nach dem er gesucht hatte. Ein Klick, und schon sprang eine schmale Tür auf. Dahinter erschien ein Gang: ein schwarzer Tunnel, der ins Innere des Gebäudes führte.
»Für die Dienstboten«, sagte Max. »Komm. Es geht los.«
Max schob Sayid auf den Balkon, zog die Vorhänge zu und schloss die Tür – der Deutsche und seine Schlägerbande mochten wertvolle Sekunden verlieren, ehe sie merkten, dass das Zimmer einen Balkon hatte.
Sayids Mund war ganz trocken. »Was geht los?«, fragte er flüsternd.
Max befestigte das zusammengeknotete Seil am Geländer und schob Sayid sanft nach vorn. »Kinderleicht«, sagte er. »Du brauchst nur über das Geländer zu steigen, dann steckst du den gesunden Fuß in diese Schlinge und ich lasse dich runter. Riechst du die Seeluft? Die Freiheit winkt.«
Einige der Vorhangschnüre waren aus besonders starkem Material, und daraus hatte Max am Ende des Seils eine Schlinge gemacht. Er lächelte. »Keine Hektik. Lass dir Zeit«, sagte er mit vorgetäuschter Ruhe.
Ein lautes Krachen an der Tür brachte
Weitere Kostenlose Bücher