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Der Code des Luzifer

Der Code des Luzifer

Titel: Der Code des Luzifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilman
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Sayid dazu, über das Geländer zu steigen. Die Fingerknöchel weiß vor Anspannung, nickte er. Er hielt die Krücken in einer Hand, klammerte die andere um das Seil und schob seinen gesunden Fuß in die Schlinge.
    Max zog das Seil über seiner Schulter stramm und konzentrierte sich auf Sayids Gewicht. »Langsam loslassen. So – ich hab dich«, flüsterte er.
    Das Seil schnitt ihm in den Rücken, als er es Hand über Hand nach unten gleiten ließ. Dann spannte er seine Oberschenkel an und trat vorsichtig an das Geländer heran. Sayid hing noch zwei Meter über dem Boden. Das Seil war zu kurz! Max beugte sich über das Balkongeländer, um Sayid so weit wie möglich hinabzulassen. Das Seil brannte in seinem Rücken und die Haut an seinen Händen schien bis auf die Knochen durchgewetzt. Er schwitzte. Das Geländer drückte an seine geprellten Rippen. Er musste loslassen, er konnte nicht mehr. Sayid würde abstürzen und sich die Beine brechen. Er hatte versagt.
    Plötzlich ließ das Gewicht nach. Max machte die Augen auf. Sayid stand unten und winkte zu ihm hoch. Max zog das Seil zu sich herauf, schlang es um eine Balkonstütze und ließ sich daran hinab. Unten angekommen, riss er das Seil los und schleudertees in die Dunkelheit. Auch wenn ihre Verfolger den Balkon entdeckten, würden sie nicht sehen, wie Max und Sayid von dort weggekommen waren. Das dürfte reichen, sie auf eine zeitraubende Reise durch den Dienstbotengang zu schicken.
    Max drängte Sayid in den Schatten der Bäume. »Pass auf, ob jemand kommt. Vor allem die Frau des Deutschen. Ich wette, die wartet hier draußen im Auto.«
    Sie mussten so schnell wie möglich verschwinden. Wie viel Zeit blieb ihnen noch, bis ihre Verfolger die Tür oben aufgestemmt hatten und erkannten, dass die Jungen geflohen waren? Max stützte seinen Freund und half ihm zwischen den Bäumen hindurch zur Vorderseite des Châteaus. Ein halbes Dutzend Motorräder parkte dort. Ob auch der Hai hier war? Wohl kaum. Falls ja, wäre er beim Kampf auf der Treppe sicher ganz vorn mit dabei gewesen.
    Max spähte in die Dunkelheit. Links von der Einfahrt waren die Schatten noch dunkler als in der Umgebung. Dort stand das Auto des Deutschen – gut versteckt gegenüber dem Tor, sodass man vom Fahrersitz aus beobachten konnte, ob der alte Franzose zufällig noch einmal vorbeikam.
    »Keine Spur von Bobby«, flüsterte Max Sayid ins Ohr. »Offenbar hat er von unserem Anruf nichts mitbekommen. Wir müssen das alleine schaffen. Halte dich zwischen den Bäumen auf der rechten Seite. Siehst du das Auto? Beweg dich so, dass man dich von da aus nicht sehen kann. Wir treffen uns am Eingangstor. «
    Sayid zögerte. Was hatte Max vor?
    »Ich komme gleich nach«, versicherte Max. Und dann lief er zum Eingangsportal des Châteaus. Die Tür stand zum Glück offen. Er musste ihnen einen Vorsprung verschaffen.
    Max kam gerade in das Büro des Franzosen, als er aus demoberen Stockwerk die wütende Stimme des Deutschen hörte: »Findet sie! Findet sie! Durchsucht jedes Zimmer!«, trieb er seine Schlägerbande an.
    Max sah sich prüfend in dem kleinen Büroraum um. Denk nach. Na los! Er nahm eine Schere vom Schreibtisch, die würde er noch brauchen. Dann öffnete er den Kasten der Alarmanlage und betrachtete die unbeleuchteten Lämpchen und den Hauptschalter. Wie viel Zeit blieb ihm, nachdem er die Anlage aktiviert hatte? Er rief sich ins Gedächtnis, was der Franzose getan hatte. Er hatte sein Büro verlassen, die Tür hinter sich zugemacht und war dann aus dem Haus gegangen. Wie lange hatte er dafür gebraucht? Der Franzose war langsam. Max spulte die Szene vor seinem inneren Auge ab. Und zählte. Die Bürotür schließen, eins … zwei Sekunden. Umdrehen, drei … vier. Drei oder vier Schritte bis zur Eingangstür, fünf … sechs. Die Tür aufmachen, sieben … Hut und Jacke anziehen, acht … neun … zehn … elf …
    Der Franzose hatte seine Taschen abgeklopft, zwölf … dreizehn. Noch einmal zum Büro zurück, vierzehn … fünfzehn. Tür auf, sechzehn. Was hatte er dort gemacht? Etwas von seinem Schreibtisch genommen. Was? Seine Zigaretten, die er vergessen hatte, siebzehn … achtzehn. Dann das Ganze noch einmal: aus dem Büro, zur Eingangstür, neunzehn … zwanzig, einundzwanzig. Der alte Mann war schneller geworden, zweiundzwanzig … dreiundzwanzig … vierundzwanzig. Die Tür war noch offen … er trat hindurch und zog sie hinter sich zu.
    Fünfundzwanzig Sekunden, höchstens. Der alte Franzose

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