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Der Code des Luzifer

Der Code des Luzifer

Titel: Der Code des Luzifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilman
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mochte langsam sein, aber er war auch routiniert, schließlich tat er das jeden Abend. Auf die Sekunde genau.
    Max’ Finger schwebte über dem Hauptschalter. War dasüberhaupt der richtige? Er hielt den Atem an, legte den Schalter um, und während er dann genau das Gleiche tat wie der Franzose, zählte er stumm mit. Tür … eine Sekunde. Umdrehen, zwei … drei … vier …
    Schritte polterten auf der Treppe. Max spähte um die Bürotür herum. Der Deutsche kam ächzend vor Anstrengung in die Eingangshalle. Max duckte sich hinter der halb offenen Haustür und beobachtete durch den schmalen Spalt zwischen Tür und Mauer, wie der Mann plötzlich stehen blieb.
    Fünf … sechs … sieben …
    Max hätte ihn aus der Dunkelheit heraus am Arm packen können.
    Acht … neun … zehn …
    Der Mann gestikulierte wie wild und brüllte: »Das Auto! Bring das Auto! Wir brauchen eine Taschenlampe! Die sind abgehauen! Rhona, schnell! KOMM!«
    Elf … zwölf … dreizehn … vierzehn … Max wagte kaum zu atmen. Die Uhr tickte; die Alarmanlage würde losgehen, falls er nicht zur Tür hinauskam und sie zumachte. Das war seine einzige Chance. MACH SCHON! Halt die Klappe und verzieh dich!
    Fünfzehn … sechzehn. Der Deutsche drehte sich wieder zur Treppe um. Max hörte einen Motor anspringen, Reifen knirschen, eine Autotür aufgehen und zuschlagen. Keine Scheinwerfer.
    Siebzehn … achtzehn … neunzehn. Die Frau des Deutschen lief in die Eingangshalle. Blieb stehen. »Ernst!«
    Zwanzig …
    Von oben die Antwort. »Hier!«
    Einundzwanzig … zweiundzwanzig …
    Sie lief der Stimme ihres Mannes entgegen.
    Dreiundzwanzig …
    Max trat vor, packte die Tür …
    Vierundzwanzig … fünfundzwanzig!
    Die Tür fiel leise hinter ihm ins Schloss.
    Alles still.
    Max atmete erleichtert aus. Er sprang an den Krokodilen vorbei die Stufen hinunter, lief zu den Motorrädern und machte sich daran, mit der Schere die Hinterreifen aufzustechen, einen nach dem anderen. Das Zischen war Musik in seinen Ohren.
    Die Sache war besser gelaufen, als er gehofft hatte. Das Auto des Deutschen stand genau vor dem Eingang und der Schlüssel steckte noch. Jetzt war es Max egal, ob er Krach machte.
    Er versetzte dem ersten Motorrad in der Reihe einen Tritt. Nett, den Dominoeffekt einmal live zu erleben. Die Maschinen kippten klappernd um. Lenker bohrten sich zwischen Speichen, Brems- und Kupplungshebel verhakten sich in Motorblöcken, Scheinwerfer gingen zu Bruch.
    Max rückte sich den Fahrersitz in dem kleinen Mercedes zurecht, drehte den Zündschlüssel, stellte den Automatikhebel von Parken auf Fahren und fuhr zum Eingangstor. Dort hielt er an, öffnete das Fenster und rief: »Sayid, dein Taxi ist da!«
    Sein Freund trat aus dem Schatten. »Max!« Er stieg ein. »Was war das für ein Lärm?«
    »Nichts«, sagte Max grinsend. »Wart mal ab, was jetzt gleich erst losgeht …«
    In diesem Augenblick ertönte aus dem Château das ohrenbetäubende Kreischen der Alarmanlage. Max und Sayid drehten sich um. Mehrere Gestalten stürzten die Treppe hinunter. Einige versuchten ihre Motorräder hochzuheben; zwei größere Silhouetten fuchtelten wie wild in der Gegend herum und riefen etwas.
    Max lachte, streckte den Arm aus dem Fenster und winkte. »Auf Wiedersehen, ihr Nieten«, rief er auf Deutsch.
    Sayid schlug mit beiden Händen aufs Armaturenbrett und schrie: »Wir haben’s geschafft. Wir haben’s geschafft!« Max fuhr los. Richtung Biarritz.
    »Schnall dich an, Sayid. Was hast du? Oder lebst du gern gefährlich?«

14
    F edir Tischenko war abergläubisch. Viele große Männer der Geschichte hatten sich von Vorzeichen leiten lassen, und bescheiden, wie er war, zählte Fedir sich dazu. War er nicht von der Hand des Blitzgottes gezeichnet worden? Er bezweifelte, dass irgendein anderer Mensch eine so grausame Taufe überlebt hätte.
    Die unsichtbaren Mächte des Universums lenkten sein Schicksal eindeutig auf jenen Augenblick hin, wo er die größte aller Naturgewalten entfesseln und die Welt in ihren Fundamenten erschüttern würde.
    Aber er war auch ein praktischer Mensch. Aberglaube mochte sein Fühlen beherrschen, doch war es kalte Logik, die ihm zu finanzieller Macht verholfen hatte. Sein Bestreben, vor den Medien der Welt anonym zu bleiben, hatte nicht nur mit seiner Entstellung zu tun, sondern auch mit Verschlagenheit. Hinter den Kulissen war es viel einfacher, Regierungen zu beeinflussen, Politiker zu kaufen und Leute zu bestrafen, die seinen Erwartungen nicht

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