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Der Codex

Titel: Der Codex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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Glückspilz«, sagte Vernon. »Wir haben unsere Mütter kaum gekannt.«
    »Ihr nicht haben gleiche Mutter?«
    »Nein. Jeder hat eine andere. Vater hat uns fast allein aufgezogen.«
    Borabay machte große Augen. »Ich nicht verstehen.«
    »Wenn es zu einer Scheidung kommt ...« Tom hielt inne. »Na ja, manchmal kriegt ein Elternteil die Kinder, und dann macht der andere sich davon.«
    Borabay schüttelte den Kopf. »Das sehr eigenartig. Ich hätte gern gehabt Vater.« Er wendete die Fleischspieße. »Ihr mir erzählen, wie war, bei Vater aufwachsen.«
    Philip lachte heiser. »Mein Gott, wo soll man da anfa n gen? Als ich ein Kind war, hat er mir schreckliche Angst eingejagt.«
    »Er hat Schönheit geliebt«, warf Vernon ein. »Und zwar so sehr, dass er manchmal vor einem schönen Gemälde oder einer Statue geweint hat.«
    Philip stieß ein ironisches Schnauben aus. »Yeah, er hat geheult, weil er was nicht haben konnte. Er wollte Schö n heit besitzen. Er wollte sie für sich allein haben. Frauen, Gemälde, alles Mögliche. Wenn etwas schön war, wollte er es haben.« »Das ist aber sehr vereinfacht ausgedrückt«, sa g te Tom. »Es ist doch nichts Falsches, Schönheit zu lieben. Die Welt kann ein so gemeiner Ort sein. Er hat die Kunst um ihrer selbst willen geliebt, nicht weil sie gerade schick war oder ihm Geld eingebracht hat.«
    »Er hat sein Leben nicht nach den Regeln anderer Menschen geführt«, fuhr Vernon fort. »Er war ein Skeptiker. Er ist nach einem anderen Trommler marschiert.«
    Philip winkte ab. »Nach einem anderen Trommler? Nein, Vernon, er hat dem anderen Trommler eins über den Sch ä del gezogen, sich dessen Trommel angeeignet und die P a rade persönlich angeführt. So ist er ans Leben herangega n gen.«
    »Was ihr mit ihm getan?«
    »Er hat uns gern zum Zelten mitgenommen«, sagte Ve r non.
    Philip lehnte sich zurück und lachte bellend. »Abscheul i che Zelttouren mit Regen und Moskitos, auf denen er uns mit Lagerarbeiten malträtiert hat.«
    »Auf einem dieser Ausflüge habe ich meinen ersten Fisch geangelt«, erzählte Vernon.
    »Ich auch«, sagte Tom.
    »Zelten? Was sein Zelten?«
    Doch die Diskussion ging über Borabay hinweg. »Um sein Leben zu vereinfachen, musste Vater fort von der Zivilisation. Weil er selbst so schwierig war, musste er um sich herum Einfachheit schaffen, und das hat er getan, indem er angeln ging. Er ging gern zum Fliegenfischen.«
    Philip setzte eine finstere Miene auf. »Angeln ist neben der heiligen Kommunion möglicherweise die dämlichste Beschäftigung des Menschen.«
    »Diese Bemerkung ist beleidigend, Philip«, sagte Tom. »Selbst für dich.«
    »Also wirklich, Tom! Willst du mir etwa auf deine alten Tage erzählen, du hast diesen Quatsch verinnerlicht? Di e sen Unfug und Vernons buddhistischen achtfachen Pfad der Tugend durchs Leben? Wo kam denn die ganze Rel i giosität her? Immerhin war Vater Atheist. Da hast du was zu verarbeiten, Borabay: Vater war ursprünglich katholisch, aber er wandelte sich zu einem bewusst nüchternen, bei n harten Atheisten.«
    »Die Welt besteht aus mehr als nur deinen Armani-Anzügen, Philip«, sagte Vernon.
    »Stimmt«, erwiderte Philip. »Ralph Lauren gibt's schließlich auch noch.«
    »Wartet!«, rief Borabay. »Ihr alle reden gleichzeitig. Ich nicht verstehen.«
    »Mit der Frage hast du uns erst richtig in Fahrt gebracht«, sagte Philip, noch immer lachend. »Hast du noch andere?«
    »Ja. Wie ihr als Söhne sein?«
    Philips Lachen erstarb. Der Dschungel raschelte hinter dem Feuerschein.
    »Ich weiß nicht genau, was du meinst«, sagte Tom.
    »Ihr mir erzählen, was für Vater er ist für euch. Nun ich fragen, was für Söhne ihr seid für ihn.«
    »Wir waren gute Söhne«, erwiderte Vernon. »Wir haben versucht, so zu sein, wie er uns haben wollte. Wir haben alles getan, was er wollte. Wir haben seine Vorschriften b e folgt; wir haben ihm jeden verdammten Sonntag ein Ko n zert gegeben; wir sind immer brav zum Unterricht gega n gen und haben uns angestrengt, die Wettbewerbe zu g e winnen, an denen wir teilgenommen haben. Auch wenn wir nicht sehr erfolgreich waren, wir haben uns bemüht.«
    »Ihr getan, um was er gebeten. Doch was ihr getan, um was er nicht gebeten? Ihr ihm helfen, nach Sturm Dach wieder auf Haus tun? Ihr machen Einbaum mit ihm? Ihr ihm helfen, wenn krank?«
    Tom hatte plötzlich das Gefühl, dass Borabay ihnen Fangfragen stellte. Er hatte es von Anfang an getan. Er fragte sich, worüber Maxwell Broadbent sich im

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