Der Colibri-Effekt
nichts, um den heißen Brei
herumzureden. Jahn beschloss, die Initiative zu ergreifen.
»Was
genau sollen wir also tun? Was sollen wir aus diesem U-Boot holen?«, fragte er
direkt. Er hatte keine Lust, eingeschüchtert herumzusitzen, sondern wollte
wissen, was Sache war.
Als
Antwort legte Dag einen Plan auf den Tisch und schob ihn zu HG hinüber. Er zeigte ein russisches U-Boot, über dem
groß der Name »K-278 Komsomolez« stand. Der Bug war rot umrahmt, darunter las HG : »2 x RPK -2
›Starfish‹ Wijoga«.
»Wir
möchten, dass Sie zwei Torpedos aus dem Wrack dieses U-Bootes bergen«, sagte
Dag Moen ruhig.
»Wie tief
liegt das U-Boot überhaupt?«, fragte HG . Er war
über das Vorhaben so entsetzt, dass er erst einmal Zeit gewinnen wollte.
»Es liegt
in tausendachthundert Meter Tiefe waagerecht auf dem Meeresboden, wie es sich
für ein U-Boot gehört«, antwortete Dag Moen.
»Aber das
ist unmöglich«, sagte Jahn. »Das ist viel zu tief, so weit kommt mein ROV nicht hinunter. Außerdem wiegt ein Torpedo viel zu
viel. Das ROV kann maximal fünfundsiebzig
Kilogramm transportieren. Ein kompletter Torpedo übersteigt das Maximum um ein
Vielfaches.« HG hoffte, dass sich das Ganze damit
vielleicht erledigt hatte.
»Das ist
alles schon okay«, entgegnete ihm Rutger seltsam lächelnd, »wir brauchen nur
die Gefechtsköpfe. Die wiegen jeweils um die fünfzehn bis zwanzig Kilogramm,
nicht mehr.«
»Außerdem
wissen wir, dass Sie mit Ihrem Tauchroboter spielend in diesen Tiefen arbeiten
können, wir haben uns erkundigt, Herr Jahn«, schaltete sich Moen wieder ein.
In diesem
Moment wurde ihm klar, was die Männer vorhatten. Er hatte die Spezialausbildung
der KSK durchlaufen, der Elitetruppe der
Bundeswehr, also erkannte er auch die Tragweite des eben Gehörten. Die
Ausbildung hatte auch einen fundamentalen Unterricht in Waffenkunde aller
Gattungen beinhaltet. Wenn ein Torpedokopf nicht mehr als zwanzig Kilo wog,
dann konnte es sich nicht mehr um einen konventionellen Gefechtskopf handeln. Dieser
hätte bei Weitem mehr Gewicht auf die Waage gebracht. Die Irren hier wollten
eine Nuklearwaffe bergen, Atombomben. In Hans Günther Jahn tat sich ein großes
schwarzes Loch auf. Er konnte doch unmöglich diesen Terroristen helfen, sich
Atomwaffen zu beschaffen. Er schaute sich die Typen an und wusste, was
passieren würde, würde ihr Plan erfolgreich sein: Es würde die moderne Version
des Nationalsozialismus geben. Und die beinhaltete Blut, Tod und Vernichtung.
Marit
schaute ihn fragend an, sie hatte die plötzliche Anspannung in seinem Körper
bemerkt. Jetzt wusste er auch, was Dag und Sedat für eine Rolle spielten. Sie
waren Vermittler, Waffenhändler, die Tom und ihn engagiert hatten, um die
Torpedoköpfe zu heben, damit sie die Bomben wiederum an die Skins verkaufen
konnten. Warum die allerdings über so viel Geld verfügten, konnte Jahn sich
nicht erklären. Später sollte er zufällig ein Gespräch zwischen Dag Moen und
Rutger Kesselring mitbekommen, aus dem hervorging, dass das Geld aus dem Iran
stammte.
»Und was
wollt ihr dann mit den Torpedoköpfen anfangen?«, fragte Tom in seiner naiven
Art. Jahn hätte ihm am liebsten einen dicken Fisch in den Rachen gestopft. Je
weniger sie wussten, desto höher waren die Chancen, lebend aus dieser Nummer
herauszukommen. Doch Tom hatte offensichtlich nicht kapiert, worum es hier
ging.
»Das
wollen Sie gar nicht wissen«, schaltete sich nun plötzlich der kleine Türke
ein, der sich ihnen mit Sedat vorgestellt hatte. »Machen Sie Ihren Job, und Sie
fahren gesund und mit viel Geld wieder nach Hause.«
Die Augen
der Zwillinge hatten nun endlich einen Grund, sich von Marit Evensens Körper
loszureißen und sich stattdessen drohend auf Sedat zu richten.
»Hat
unser Kanake etwas gesagt?«, knurrte Rutger. Auch er schaute Sedat an, als
wollte er ihm auf der Stelle das Genick brechen. Dann löste sich sein Blick von
dem kleinen Türken, um sich wieder HG , Tom und
Marit zuzuwenden. »Aber der dreckige Türke hat recht. Tun Sie einfach nur Ihren
Job, dann werden Sie reich und bei bester Gesundheit wieder heimfahren können.
Wenn nicht, wird nichts davon eintreffen. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
Tom
blickte Rutger konsterniert an, Marit drückte sich noch enger an HG . Die Blicke der Zwillinge waren zwischenzeitlich
wieder bei ihrem Lieblingsobjekt angelangt, und Rutger wurde noch deutlicher.
»Und
damit unser Bergungsspezialist nicht auf dumme Gedanken kommt, werden Hans
Weitere Kostenlose Bücher