Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Colibri-Effekt

Der Colibri-Effekt

Titel: Der Colibri-Effekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
Vom Netzwerk:
ich es vergesse: Sie
wollten von mir doch eine fachkundige Adresse wegen der russischen
Zigarettenfrage. Ich glaube, ich habe den Richtigen für Sie an der Hand. Und
lassen Sie sich nicht abschrecken, Haderlein, der Mann ist kompetenter, als er
vielleicht wirkt.« Er reichte Haderlein eine Visitenkarte, die dieser flüchtig
besehen wegsteckte. »Tabakwaren Breithut, Coburg«, hatte er gelesen, aber mit
diesem Thema würde er sich erst zu einem späteren Zeitpunkt beschäftigen können.
    Fidibus
seinerseits machte sich umgehend und freudig auf den Weg zum Büro des kleinen
Flugfeldes. Georg Fiesder über seine Rechte zu belehren war mal etwas anderes
als die übliche Aktenwälzerei.
    Haderlein
hatte derweil andere Pläne. Er würde sich den Lastwagen vornehmen. »Irgendetwas
muss der doch zu erzählen haben«, brummte er zu sich selbst und beobachtete die
Spurensicherung, die bereits intensiv am und im Laster zugange war. Nur
Ruckdeschl stand als Chef daneben auf der Wiese und notierte eifrig etwas vor
sich hin. Haderlein ging wortlos an ihm vorbei und schaute sich den Laster von
vorn bis hinten an. Ein altes MAN -Modell mit
grobstolligen Zwillingsreifen hinten. Das dunkle Grün der Lackierung hatte sich
schon an vielen Stellen mit einem roten Rostton arrangiert, die alte grüne
Lkw-Plane hing an allen Seiten nur noch in Fetzen herunter, die Aufschrift
»Kaliko Bamberg« war aber noch gut zu lesen. An der Rückseite des Lkws fehlte
die Plane allerdings völlig. Die Ladefläche des Lastwagens war weitestgehend frei.
Haderlein entdeckte eine Holzkiste, aus der ein paar Werkzeuge herausschauten,
eine selbst gebastelte Liege aus Bundeswehrbeständen und etwas, das er erst bei
genauerem Hinsehen identifizieren konnte: ein Schlitten. Ein großer
Kinderschlitten aus Holz mit rund gebogenen Kufen an der Front, wo er mit einem
relativ dicken Seil am Lkw befestigt war. Es war ein kräftiges Kunststoffseil
von der Art, die normalerweise zum Bergsteigen und Klettern benutzt wird. Für
das ordinäre Ziehen eines Schlittens war das Ding jedenfalls absolut
überdimensioniert. Haderlein stellte sich auf die Zehenspitzen und konnte auf
der hölzernen Sitzfläche des Schlittens massive Abriebspuren eines bunten
Lackes erkennen. Bevor er sich eingehender damit befassen konnte, wurden seine
Beobachtungen durch Ruckdeschl unterbrochen, der ihm von hinten auf die
Schulter tippte. Als der Hauptkommissar sich umdrehte, stand der Chef der
Bamberger Spurensicherung mit einer mittelgroßen Blechdose in der Hand vor ihm.
    »Na,
Franz«, sagte er, »wie es aussieht, werden wir nur noch am Ende des Monats
schlafen.«
    Haderlein
konnte darüber nur müde lächeln. Den Spruch hatte er schon öfter von Kollegen
gehört. »So ist das halt bei unseren Berufsbildern. Aber der Fall kann sich
tatsächlich noch eine ganze Weile hinziehen, so wie die Dinge sich jetzt
verhalten. Für jede Antwort tauchen zwei neue Fragen auf. Im Moment blicke ich
überhaupt nicht mehr durch.« Haderlein sprach’s und zuckte etwas ratlos mit den
Schultern. Dann fiel sein neugieriger Blick auf die Blechdose. »Und was hat es
mit deiner Konserve auf sich, wenn ich fragen darf?«
    »Das ist
wirklich interessant, Franz. Die Dose ist eigentlich fast leer, aber vom
ursprünglichen Inhalt ist noch genug übrig, um ihn zu identifizieren. Schau
her!« Ruckdeschl holte einen kleinen Pinsel aus seiner Overalltasche und
tauchte diesen tief in die alte Dose hinein. Als er ihn wieder herauszog,
befand sich an den Pinselhaaren ein glitzernder bunter Staub. Dann hielt er den
Pinsel ins Licht und blies kräftig. Sofort bildete sich eine grünlich
schillernde Wolke, ein buntes Feuerwerk im Miniformat. Doch der glitzernde
Staub sank schnell zu Boden, und die Show war flugs vorbei.
    »Wirklich
hübsch«, sagte Haderlein. »Aber was, bitte, ist das für Zeug?« Ruckdeschl hielt
ihm die Dose vor die Nase. Haderlein kniff die Augen zusammen und konnte mit
ein bisschen gutem Willen die verblichene Schrift auf dem Etikett der Dose
entziffern.
    »Colibri-Effekt«,
stand da und darunter in etwas kleinerer Schrift: »Pigment«. Haderlein schaute
fragend zu Ruckdeschl, der ihn sogleich aufklärte.
    »Das ist
ein Farbpigment, das für Lackfarben verwendet wird«, sagte er fachmännisch. »Es
wird in einen farblosen Lack gemischt, und schon hat man die gewünschte Farbe
oder in diesem Fall einen besonders schönen Metallic-Effekt. Die Kollegen haben
auf dem Lkw auch einen Eimer mit eingetrocknetem Pinsel

Weitere Kostenlose Bücher