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Der Colibri-Effekt

Der Colibri-Effekt

Titel: Der Colibri-Effekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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gefunden. Irgendwer
muss also die Farbpigmente in einen Lack gerührt und irgendetwas damit
bepinselt haben. Frag mich allerdings nicht, was das war, das kann ich dir noch
nicht sagen. Aber wir kriegen es heraus.«
    Haderlein
machte ein einigermaßen enttäuschtes Gesicht. Wäre ja auch zu schön und einfach
gewesen. Attribute, die zu diesem Fall bisher so überhaupt nicht passten.
    Doch
Ruckdeschl hatte noch zwei kleine Bonbons zur Gemütsaufhellung seines
langjährigen Kriminalhauptkommissars parat. »So viel kann ich dir immerhin
schon sagen: Das lackierte Teil muss ziemlich schwer gewesen sein. Du hast ja
auf der Ladefläche schon den Schlitten gesehen. Es muss auf ihm transportiert
worden sein, da sich eindeutige Spuren von abgeriebenem Lack auf der Sitzfläche
befinden. An den tiefen Riefen im Holz des Schlittens erkennt man, dass das
Ding ziemlich schwer gewesen sein muss. Ansonsten gibt es im Führerhaus des
Lkws, auf der Dose und auch sonst überall haufenweise Fingerabdrücke«, beendete
Ruckdeschl seinen Vortrag.
    Haderlein
lächelte ihn dankbar an. »Na, das ist ja schon mal was«, seufzte er. Das war
zwar auch nicht gerade der Durchbruch und die Lösung aller Fragen, die sich ihm
stellten, aber immerhin kam ein bisschen Bewegung in die Sache. Kiesler hatte
etwas lackiert, um es mit einem Kinderschlitten irgendwohin zu transportieren.
Aber warum ein Schlitten? Vielleicht war das, was er transportiert hatte, zu
schwer für Räder oder der Untergrund für Räder nicht geeignet gewesen. Aber
Schnee und Eis lagen jetzt schon fast ein Vierteljahr zurück. Nun gut, es galt
also, noch ein weiteres Rätsel zu lösen, doch das war er ja gewohnt. Nichts
Neues in diesem Theater, das sich Polizeiarbeit schimpfte. Allein die Frage,
was mit Lagerfeld geschehen war, bereitete ihm körperliche Schmerzen. Er machte
sich große Sorgen.
    »Und dann
hab ich noch etwas für dich, was dich außerordentlich interessieren dürfte«,
überraschte ihn Ruckdeschl lächelnd. Wieder griff er in die Tasche seines
weißen Overalls und holte einen mittelgroßen Plastikbeutel hervor. Darin befand
sich etwas, das Haderlein nur allzu gut kannte. Adrenalin schoss durch seinen
Körper, plötzlich war er wieder hellwach.
    »Wo habt
ihr das gefunden?«, rief er aufgeregt und rupfte Ruckdeschl die Plastiktüte aus
den Fingern. In den Händen hielt er die in Plastik verpackte Sonnenbrille
seines jungen Kollegen Bernd Schmitt, auch genannt Lagerfeld. Für die
Authentifizierung des Teiles brauchte er noch nicht einmal eine umständliche
Diagnose der Spurensicherung abzuwarten. Das hier war Lagerfelds Brille, ganz
klar. Er würde sie immer und überall unter Tausenden von anderen zweifelsfrei
erkennen. Niemand sonst trug so etwas Abartiges.
    »Sie lag
hinten auf der Ladefläche. Und ich würde mal sagen, wenn die Brille dort
gelegen hat, dann war dein junger Kollege auch nicht weit.«
    »Allerdings«,
knurrte Haderlein wie ein alter Wolf auf der Jagd. »Freiwillig hat er die dort
bestimmt nicht liegen lassen. Oder aber, er wollte, dass wir sie finden. Auf
jeden Fall war er hier und wurde bisher nicht irgendwo anonym verscharrt. Ich
werte das einmal als eine gute Nachricht.« Haderlein wurde fast euphorisch. Er
bedankte sich bei Ruckdeschl und gab die neuen Erkenntnisse per Telefon an
Honeypenny durch. Dann atmete er erst einmal tief durch. Er war sicher, dass
Lagerfeld noch lebte, und das war wirklich positiv.
    Er
schaute auf seine Uhr und überlegte, dann zog er die Visitenkarte heraus, die
ihm Fidibus gegeben hatte. »Tabakwaren Breithut«, stand darauf. »Markt 5,
Coburg«. Einerseits war die Frage nach den Zigaretten ziemlich wichtig,
andererseits lag der Laden mitten in der Fußgängerzone, es kostete also viel
Zeit, ihn zu erreichen. Zudem hatte er gar keine dieser ominösen russischen
Zigaretten dabei, die er diesem Breithut hätte zeigen können. Also musste
vorher noch ein Exemplar aus der Asservatenkammer in der Dienststelle besorgen.
Er beschloss, stattdessen seiner »heimlichen Liebe« in der Gerichtsmedizin in
Erlangen einen Besuch abzustatten. Professor Siebenstädter vermisste ihn
bestimmt schon sehnlichst. Immerhin war es bereits Wochen her, dass sie sich
dienstlich gesprochen hatten. Siebenstädter litt wahrscheinlich schon unter
Entzug. Als Dauersingle hatte er ja niemanden sonst, den er piesacken konnte.
Haderlein machte einen neuen Plan: Erst würde er in die Dienststelle
zurückkehren, um die neuesten Informationen zu erfahren

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