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Der Colibri-Effekt

Der Colibri-Effekt

Titel: Der Colibri-Effekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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haben. Vielleicht ist er ja durchgekommen. Der ist zäh.« Er
schwieg einen Moment lang.
    »Bernd,
ich werde dich jetzt nach Norwegen bringen. Ich selbst muss dann weiter, aber
ich bitte dich inständig, dort auf mich zu warten. Wenn ich nach spätestens
drei Tagen nicht zurück bin, kannst du heimfahren und benachrichtigen, wen du
willst. In diesem Fall werde ich nämlich tot sein. Hast du alles verstanden?
Ich habe etwas zu erledigen, was nur ich tun kann. Nur ich allein. Bitte,
Bernd, du musst mir einfach vertrauen.« Er atmete tief durch, dann fiel das große
starke Bild von einem Mann in sich zusammen.
    »Norwegen?
Was, zum Teufel, willst du denn in Norwegen? Ich kapier einfach nicht, warum du
mir nicht sagst, was los ist, HG . Vertraust du
mir so wenig? Ich bin doch einer von den Guten, ein Polizist, verstehst du?«
    »Darum
geht’s doch gar nicht. Würdest du alles wissen und würden die dich erwischen,
dann wärst du fällig. Denen ist das doch scheißegal, ob du Polizist bist oder
Konditor. Die machen dich fertig, bis du plauderst. Und haben sie dich in ihren
Händen, wirst du plaudern, das verspreche ich dir. Heutzutage muss man dafür
nicht einmal mehr Gewalt anwenden, inzwischen gibt es die Chemie. Glaub mir,
ich weiß, wovon ich rede. Und wenn sie von dir erfahren haben, was sie wissen
wollen, dann bist du tot und dann –« Er hielt inne, als an der Tanksäule
ein regelmäßiges Piepen ertönte. Jahn kletterte wieder auf den Helikopter,
entfernte den Tankstutzen und verschraubte die Tanköffnung ordnungsgemäß. Dann
sprang er herunter, tippte erneut ein paar Zahlen in das Hauptterminal, und die
Säule verschwand im Boden.
    »Hat was
von James Bond, das muss ich schon zugeben.« Lagerfeld wurde etwas neidisch.
»Kannst du mir wenigstens sagen, wo wir hier sind und wieso du einen
Hubschrauber fliegen kannst?«
    Endlich
stahl sich etwas wie der Ansatz eines Lächelns in Jahns Gesicht. »Das kann ich
dir gern erzählen, Bernd. Von mir aus kannst du meine gesamte Lebensgeschichte
bis vor acht Monaten erfahren. Aber mit der fang ich erst an, wenn der Heli
wieder in der Luft ist. Also, was ist? Kommst du jetzt mit?«
    Der
Kriminalkommissar stutzte und überlegte. In ihrer Jugendzeit war Hans Günther
Jahn zuverlässig, ehrlich und vor allem, was das Training betraf, regelrecht
besessen gewesen. Nicht umsonst war er damals bei dem Wettkampf in Ansbach
Bayerischer Judomeister in seiner Altersklasse geworden, während er, Bernd
Schmitt, in seinen Vorrundenkämpfen bereits nach wenigen Sekunden auf dem Kreuz
gelegen hatte. Aber HG hatte sich durchgebissen.
Wenn er etwas gewollt hatte, hatte er es auch bekommen. Außer bei den Frauen,
da war er wegen seiner Ansprüche weniger erfolgreich gewesen. Zudem war er das
Thema Beziehung stets genauso verbissen angegangen wie einen Wettkampf.
    Insgesamt
kam Lagerfeld zu dem Schluss, dass, wenn ein so konsequenter und prinzipientreuer HG vor ihm stand und nebulöse Andeutungen machte,
es ganz sicher einen triftigen Grund dafür geben musste. Lagerfeld war sich
sicher, erstens nicht von ihm verarscht zu werden und zweitens mit seiner
Person dem Schlüssel zu dem verworrenen Fall sehr nahe zu sein. Sein Entschluss
stand fest.
    »Das soll
also heißen, wenn ich wollte, könnte ich jetzt gehen, wohin ich möchte. Habe
ich dich richtig verstanden?«
    »Bis
Flensburg sind es nicht einmal zehn Kilometer. Und in drei Kilometern sollte es
auch eine Bushaltestelle geben.«
    »Flensburg?
Wir sind in Flensburg? Bei den Muschelschubsern?« Lagerfeld war baff. Wieder
überlegte er, kam aber zu dem gleichen Ergebnis, das für ihn im Grunde schon
von Anfang an festgestanden hatte. Manchmal konnte man dem Gefühl also auch
trauen.
    »Dann
komme ich mit dir nach Norwegen. Ich will nur hoffen, dass auch du wirklich
einer von den Guten bist, HG . Ansonsten war es
das nämlich mit meiner Polizeilaufbahn. Dann kann ich gleich dort oben bleiben,
ein neues Leben beginnen und Trockenfische züchten.«
    Jetzt
musste auch Jahn lachen. »Klingt doch gar nicht nach einem so schlechten
Lebensentwurf. Was wäre denn deine Alternative in Bamberg?«, fragte HG grinsend, während er wieder in den Hubschrauber
stieg.
    »Eine
Küche zu streichen«, erwiderte Lagerfeld trocken, erzählte seinem alten Freund
allerdings nichts von Ute und dem Haussegen, der sich in seiner Beziehung
schief gelegt hatte. Dann stieg er zu HG in den
Eurocopter.
    Es war
das vorläufige Ende jeglicher Unterhaltung auf deutschem

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