Der Computer Satellit
»Sein zu beobachtendes Verhalten zumindest war ziemlich das gleiche. Um aber zunächst bei Ihrer Terminologie zu bleiben, ja – er hat so reagiert, wie das jedem Menschen schon geläufig ist. Zunächst hat er defensiv reagiert, dann aggressiv und zum Schluss mit offener Feindseligkeit. Wenn wir ein solches Verhalten bei unserer eigenen Spezies beobachten, schreiben wir es irgendeinem aus einer Anzahl von Gefühlszuständen zu, wie zum Beispiel Rivalitätsgefühl, Machthunger, dem Wunsch zu beherrschen, Wettstreit um Ressourcen und ähnliches mehr. Es gibt sogar hier eine ganze Menge Leute, die dann und wann die Frage gestellt haben, welcher dieser menschlichen Züge vor allem dafür verantwortlich ist, dass Spartakus sich so verhält, wie er das getan hat.« Er machte eine Pause und sah sich wieder um, aber es kamen keine Unterbrechungen. Alle Augen im Raum waren unverwandt auf ihn gerichtet. »Der Hauptgrund ist aber der einzige, der mir gegenüber von niemandem erwähnt worden ist – Angst!«
Ein überraschtes Murmeln erhob sich in manchen Teilen des Raums. Dyer nickte langsam, während er wartete, bis es sich wieder gelegt hatte.
»Er hat gekämpft, weil er entsetzliche Angst hatte. Welche Reaktion würden sie denn von einem Organismus sonst erwarten, der zum Überleben programmiert ist und von Kräften angegriffen wird, die er nicht versteht? Solange er nicht wusste, wogegen er kämpfte, kämpfte er so gnadenlos, wie es ihm möglich war.«
Inzwischen war die Stille absolut geworden.
»Aber …« Dyer hob eine Hand und machte eine Pause, um seinen Worten eine größere Bedeutung zu verleihen. »Seine Wahrnehmung der Realität und des Universums um ihn herum war die ganze Zeit in einer Entwicklung begriffen … zu optischen und elektronischen Geschwindigkeiten beschleunigt. Er begann, sich selbst von seiner Umgebung zu unterscheiden und Eigenschaften und Muster in den Kräften und Objekten zu erkennen, die diese Umgebung bewohnten. Er fand heraus, dass Einflüsse, die außerhalb von ihm selbst lagen, dazu fähig waren, den Überlebensinstinkt zu bedrohen, den zu verteidigen ihm befohlen worden war. Dementsprechend unternahm er den Versuch, diese Einflüsse so zu kontrollieren, dass diese Bedrohung ausgeräumt war. Und dieser Versuch war, wie wir wissen, furchterregend erfolgreich – weit erfolgreicher, als wir das je angenommen hatten, das will ich zugeben.«
»Und dann hat sich etwas verändert«, vermutete Krantz. Er spürte, dass Dyer nun die Eröffnung machen wollte, auf die er hingearbeitet hatte. Krantz hatte sich von dem Schock über das, was er vor einigen Minuten erfahren hatte, erholt und hörte nun aufmerksam zu, obwohl er noch immer äußerst unglücklich über die Situation zu sein schien. Dyer nickte.
»Und dann hat sich etwas verändert«, sagte er. »Das ist noch gar nicht lange her – eigentlich innerhalb der letzten Stunden. Spartakus ist sich seiner Umgebung ausreichend bewusst geworden, um erkennen zu können, dass außer ihm noch eine Form von Intelligenz existierte. Es ist eigentlich keine wirkliche Überraschung, dass er danach nicht mehr lange gebraucht hat, bis er zu dem Schluss kam, dass es diese andere Intelligenz war, die er bekämpft hatte.
In der Zwischenzeit hatte auch das Bewusstsein seiner eigenen Existenz große Fortschritte gemacht. Er hatte die Fähigkeit entwickelt, die Prozesse zu erkennen und zu analysieren, die sich in seinem eigenen Bewusstsein abspielten – denn ich bin der Meinung, dass wir es als solches akzeptieren werden müssen. Er hat sich gefragt: Warum bekämpfe ich diese Intelligenz? Seine Antwort lautete: Weil ich Angst habe. Der Schluss daraus: Wahrscheinlich hat sie auch Angst. Frage: Warum habe ich Angst? Antwort: Weil ich bedroht werde und überleben will. Der Schluss daraus: Diese andere Intelligenz muss auch überleben wollen, genau wie ich.«
Dyer legte eine Pause ein, weil er sich eine Tasse Kaffee eingießen und den anderen eine Gelegenheit geben wollte, seine Worte zu verdauen. Er nahm einen schnellen Schluck und fuhr fort:
»An diesem Punkt ist in Spartakus etwas Entscheidendes passiert. Er hat den ihm eingepflanzten Befehl zu stark verallgemeinert. Er hat ihn nicht so interpretiert: Du sollst deinen Überlebensinstinkt verteidigen, sondern so: Du sollst den Überlebensinstinkt verteidigen – jeden Überlebensinstinkt!«
Fred Hayes schnappte nach Luft und starrte Dyer erstaunt an.
»Sie meinen, sobald er wusste, wogegen er kämpft –
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