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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Fingerabdrücke vom Hotelpersonal in einem Hotelzimmer gibt, erscheint mir nicht sonderlich beweiskräftig.
    Wenn Sie aber welche auf Blutflecken gefunden haben, dann können sie nur während oder nach der Tat dorthin gekommen sein. Können Sie mir folgen?«
    Er kaute mit leerem Mund. »Die Kollegen von der Spurensicherung haben die Abziehfolien dem Erkennungsdienst zugeleitet. Wir arbeiten zügig in Thüringen.«
    »Daran habe ich keinen Zweifel«, erwiderte ich. »Wenn Sie keine weiteren Indizien gegen Leutbold und Schmoll haben, dann sollten Sie die beiden wieder auf freien Fuß setzen.«
    »Ich werde mich kundig machen«, sagte er.
    »Tun Sie das. Vielleicht schaffen Sie es, während ich den Tatort genauer besichtige. War der Staatsanwalt schon da?«
    Grüntner nickte. »Er hätte Sie gerne gesprochen, hatte aber wenig Zeit. Aber das wird er gewiss nachholen. Ich gehe jetzt telefonieren«, sagte er.
    Ich ging mit Wohlfeld und Rickmer die Treppe hinauf zur Suite. Es stank furchtbar nach der Leiche. Wohlfeld und Rickmer blieben in der Tür stehen, während ich sagte, was ich sah. Ich besprach die Leiche und den Leichenfundort. Das tat ich auch, wenn ich allein war, Wohlfeld kannte diese Angewohnheit. Ich stellte mich vors Bett und betrachtete den Boden. »Da gibt es eine Stelle ohne Blutspur. Hier hat er wohl gestanden. Auf der Bettdecke sind kleine, keulenförmige Spritzer, hier auf dem Teppich auch. Die breitere Seite der Flecken weist zu mir. Also hat er gestanden, wo ich jetzt stehe, als er getroffen wurde.« Ich schaute nach oben. »Sogar an der Decke Flecken. Hier hat offenbar der Täter gestanden, direkt vor Hitler. Dann hat er den Goethe genommen und ihn Hitler auf den Kopf geschlagen. Er hat einmal geschlagen.« Ich spielte den Mörder und hob den Arm mit einer imaginären Statuette in der Hand. »Ich bin zu schnell. Noch einmal zurück. Hitler steht vor mir. Ich will ihn töten. Nein, ich will ihn schlagen, vielleicht erst nur verletzen. Oder gleich umbringen? Ich nehme die Statuette, sie bietet sich an, steht auf dem Tisch hier in Reichweite. Ich schlage also einmal, vielleicht nicht fest oder gerade besonders fest, weil ich wütend bin. Mein Hass auf ihn hat sich vielleicht lange aufgestaut. Jetzt entlädt er sich, endlich. Ich schlage einmal, und bevor Hitler fällt, noch einmal. Beim zweiten Mal stärker. Kopfwunden bluten stark, beim zweiten Schlag hat er die Wunde getroffen, die er beim ersten verursacht hatte. Das erklärt vielleicht die Spuren an der Decke.«
    Ich war versucht, mir eine Zigarette anzustecken, der Gestank würgte mich. »Hitler stand mir frontal gegenüber. Er ist mit dem Rücken auf das Bett gefallen. Dann schlage ich weiter auf ihn ein, vielleicht aus Hass, vielleicht, weil ich ihn jetzt töten muss. Schwere Körperverletzung, das sind ein paar Jahre Zuchthaus. Ich will nicht ins Zuchthaus. Also schlage ich ihn tot. Sofia Schmoll sagt, sie habe Schlaggeräusche und einen Schrei gehört. Sie ist in die Küche gegangen und hat sich einen Tee bereitet. Das dauert vielleicht zehn Minuten. Dann hat sie einen zweiten Schrei gehört, die Tür aufgemacht und die Leiche entdeckt. Vom Täter will sie nichts gesehen haben. Das ist möglich, zehn Minuten reichen, um einen Mann zu erschlagen und dann zu fliehen. Kann ein Mann mit diesen Verletzungen ein paar Minuten überleben und schreien?« Ich schaute in die matschigen Reste von Hitlers Gesicht. »Vielleicht - unwahrscheinlich, nicht unmöglich. Quasi als verspätete Reaktion des Nervensystems. Wo ist die Statuette? Vorhin hat sie noch auf dem Boden gelegen.« Die Stelle war markiert mit einem schwarzen Stift auf dem hellen Teppich. »Wohlfeld, wo ist die Statue?«
    Wohlfeld zeigte mir seine Handflächen.
    »Aha, der Kollege Grüntner. Der hat die Statue wohl ganz schnell nach Erfurt geschafft. Warum auch immer. Wohlfeld, was berichtet Ihnen der Tatort?«
    »Das war kein geplanter Mord«, sagte Wohlfeld.
    »Genau, zumindest ist es unwahrscheinlich, dass jemand einen Mord plant und dann so eine Schweinerei anrichtet. Außerdem wäre es dumm, Hitler in einem Hotelzimmer zu ermorden. Man muss durch den Hoteleingang, wo es eine Rezeption gibt. Oder man nimmt einen Hintereingang und fällt dadurch noch mehr auf. Man muss damit rechnen, dass Hotelpersonal oder Gäste einen sehen, sogar nachts. Wenn Sie einen Mord begehen wollen und das im Hotel tun, dann sind Sie entweder strohdumm oder verrückt oder beides.«
    Wohlfeld nickte. Rickmer schaute

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