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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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und neue anzuziehen. »Und was ist mit der Zentralheizung oder den Kaminen?«
    Wohlfeld verschwand.
    Wenn die beiden ihre Kleidung beseitigt hatten, fehlte sie uns als Beweisstück. Wenn sie die Kleidung nicht gewechselt hatten und wir keine Spuren darauf fanden, waren sie aus dem Schneider. Es war unmöglich, ein solches Blutbad anzurichten, ohne sich zu beschmutzen. Ich stellte mir vor, wie das Blut spritzte, als Goethe Hitlers Kopf traf. Je mehr ich über die Sache nachdachte, um so verworrener wurde sie.
    »Was denken Sie, Herr Kommissar?« fragte Rickmer.
    »Dass ich nachher ein bisschen schnüffeln muss«, sagte ich.
    Er schaute mich mit großen Augen an.
    »Warten Sie es ab. Es gibt nichts, was ein Kriminaler nicht tut, um die Wahrheit ans Licht zu zerren.«
    Rickmer grinste. Das gefiel mir, er verstand meinen Humor. Er war vielleicht doch kein schlechter Kerl. Immerhin mischte er sich nicht ein, hörte zu und schien zu begreifen, um was es mir ging. Inzwischen fand ich es fast beruhigend, ihn dabeizuhaben. Wenn Grüntner frech wurde, hatte Rickmer bestimmt ein Papier dabei, in dem stand, dass ich gleich nach dem Reichspräsidenten kam. Oder er würde die Erfurter Garnison der Reichswehr alarmieren, eine vergnügliche Vorstellung. Oder Grüntner einsperren lassen, noch schöner. Aber das waren Wunschvorstellungen, ich hatte keine Ahnung, was Rickmer tun würde, wenn mich die Erfurter Kollegen gegen das Schienbein träten. Wahrscheinlich nichts.
    Wohlfeld kam zurück. »Die haben die Zentralheizung und die Kamine untersucht. Haben eher keine Textilspuren gefunden.«
    »Was heißt >eher keine    »Sie müssen die Asche noch im Labor anschauen. Glauben Sie, die finden noch was in der Brennkammer einer Zentralheizung, die volle Pulle gelaufen ist?«
    »Ehrlich gesagt, es wäre ein Wunder«, erwiderte ich. »Aber manchmal gibt es Wunder. Und manchmal löst der liebe Gott auch einen Kriminalfall.«
    »Diesen nicht«, sagte Rickmer. »Der Sündenablass ist bestimmt schon gewährt. Der Mörder kommt ins Paradies.«
    »Sie sind also einer vom Stamm der gottesfürchtigen Krieger.«
    Wohlfeld lachte, Rickmer schaute mich schräg an.
    »Haben die werten Herren Kollegen im Heizungsraum nach Fingerabdrücken gesucht?« fragte ich Wohlfeld.
    Er verschwand.
    Der Gestank war ekelhaft.
    Ich ging ins Badezimmer, es war mondän in Marmor gekachelt. Über einem Doppelwaschbecken hing ein mächtiger Spiegel in schwerem Goldrahmen. Auf der Ablage unter dem Spiegel entdeckte ich zwei Rasierer der Marke Rotbart, daneben Peri-Rasiercreme, die ich mir auch schon ins Gesicht geschmiert hatte, bis Erika mir erklärte, sie finde den Geruch schauderhaft. Hitler benutzte Seife der Marke Steckenpferd-Lilienmilch, die Hotelseife war nicht ausgepackt. Auf dem Waschbecken standen Dralles Birkenwasser, Pfeilring-Hautcreme, auf dem Badewannenrand lagen Fichtennadeltabletten. Ich sah nichts, was mir hätte helfen können. Ich verließ das Badezimmer. »Kommen Sie, es reicht«, sagte ich. Ich warf noch einen Blick auf Hitlers Bart, der schwarz aus der Blutkruste herausragte.
    Auf der Treppe kam uns Wohlfeld entgegen. »Ja, die haben Fingerabdrücke gefunden und werten sie in Erfurt aus«, sagte er schnaufend.
    Wir gingen zurück in das Zimmer, in dem ich Leutbold und Sofia Schmoll befragt hatte. Ich roch ihr Parfüm noch. Oder bildete ich es mir ein? Grüntner saß mit einem Kollegen am Tisch und lächelte uns an.
    »Ich bin sicher, Sie haben wichtige Spuren entdeckt.«
    Ich nickte, antwortete aber nicht. Erst wollte ich hören, was Grüntner und seine Leute gefunden hatten. Wenn deren Ergebnisse einigermaßen zu meinen Überlegungen passten, kamen wir vielleicht weiter.
    »Wir sollten bald zu Ihrer Mordkommission in Erfurt fahren und uns dann anschauen, was wir haben. Die Leiche können Sie zur Rechtsmedizin bringen lassen.«
    Grüntner nickte. Wenn er enttäuscht war, dass ich ihm nichts serviert hatte, ließ er es sich nicht anmerken. Er war nicht einmal traurig, obwohl sein Führer ein Stockwerk höher tot im Bett lag.
    *
    Wir fuhren getrennt nach Erfurt, Grüntner in einem schwarzen Wanderer vorneweg. Es war dunkel, die Scheibenwischer plagten sich mit dem Regen. Uns folgte der Leichenwagen. Ich war erschöpft und wusste, meinen Begleitern ging es nicht besser.
    Grüntner hatte ein großes Dienstzimmer, in einem kleineren Raum daneben saß eine Frau und tippte. Er schickte sie Kaffee holen und mimte den freundlichen Gastgeber. Seine Lage war

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