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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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ich es Ihnen später erklären.«
    Sie zuckte mit den Achseln.
    »Ich muss jetzt an Ihnen riechen.«
    Sie wandte mir das Gesicht zu. Ich sah Tränen in ihren Augen. Sie begriff es nicht.
    »Stehen Sie auf.«
    Sie erhob sich langsam.
    »Drehen Sie sich um.«
    Ich sah ihre Angst. Ich zog mit dem Zeigefinger den Kragen ihrer Bluse ein Stück weg und entdeckte Schweißflecken und den Abrieb von Haut. Ich sah Knitterfalten im Rücken.
    »Seit wann tragen Sie diese Bluse?«
    Sie blickte mich neugierig an.
    »Seit gestern abend.«
    »Sie sind mit dieser Bluse zur Arbeit gegangen und haben sie seitdem nicht gewechselt?«
    »Ja.«
    »Sie haben es unterlassen, die Kleidung der beiden zu sichern und zu untersuchen. Es ist unmöglich, so ein Blutbad anzurichten, ohne sich selbst zu beflecken.« Ich gab mir Mühe, sachlich zu klingen. »Außerdem gibt es die Blutspuren auf dem Teppich im Wohnraum, die wahrscheinlich von Schuhen stammen.«
    »Größe zweiundvierzig, wie gesagt«, erwiderte Grüntner trocken.
    »Die Größe von Leutbold. Ich habe auf den ersten Blick gesehen, dass die beiden keine Blutflecken an ihrer Kleidung hatten. Wir schauen da schon genau hin, Herr Kollege. Leutbold und seine Komplizin hatten genug Zeit, die Kleidung zu wechseln. Die haben gebrauchte Kleidung in Reserve gehabt. Die haben den Anschlag gut geplant.«
    »Aber Sie haben keine Kleidungsstücke mit Blutflecken gefunden.«
    »Nein, das habe ich Ihnen doch gesagt. Glauben Sie wirklich, die beiden wären so dumm, uns die Beweisstücke selbst zu servieren?«
    »Und wenn es keine Beweise geben kann, weil die beiden es nicht waren?«
    Grüntner lachte, es klang wie ein Meckern.
    Ich spürte Zorn in mir aufsteigen. »Haben Sie Blutflecken auf den Sohlen von Leutbolds Schuhen gefunden?«
    »Natürlich nicht«, sagte er.
    »Haben Sie Fingerabdrücke auf Blutflecken auf der Statuette entdeckt?«
    »Nein, alles verschmiert. Der Täter trug Handschuhe. Wenn das nicht beweist, dass es einen Mordplan gab, was dann?«
    Es dämpfte meine Wut nicht, als ich erkannte, dass Grüntner hier wahrscheinlich recht hatte. Andererseits trugen manche feinen Damen und Herren oder solche, die sich dafür hielten, Handschuhe ohne Mordabsichten. »Wann wurde Hitler ermordet? Was sagt der Leichenbeschauer? Wurde die Leiche geöffnet?«
    »Zur ersten Frage: wahrscheinlich gegen halb zwei Uhr, wenn wir wenigstens in diesem Punkt den beiden Beschuldigten glauben wollen. Zu den beiden anderen Fragen: weiß ich noch nicht. Nein. Ich nehme an, der Gerichtsmediziner und der Staatsanwalt sind gerade zugange. Wenn Sie wollen, können wir zuschauen.«
    Ich winkte ab. »Es könnte also sein, dass Hitler zu einem anderen Zeitpunkt getötet wurde?«
    »Ja, nicht nach halb zwei, aber davor. Aber ich glaube es nicht. Die Blutgerinnung und die Farbe der Blutflecken sagen mir, der Führer wurde ermordet, kurz bevor wir am Tatort waren. Die Leiche war noch nicht ausgekühlt.«
    »Und Sie haben nichts gegen Leutbold und Schmoll in der Hand, außer dass sie im Hotel waren?«
    »Die haben auf jeden Fall kein Alibi.«
    Ich zwang mich zu lachen. »Ich habe auch keines. Und Sie, Herr Oberleutnant?«
    Der hob die Augenbrauen. Ich deutete es als Zustimmung.
    »Herr Grüntner, ich weise Sie an, die beiden Beschuldigten sofort nach Weimar zu entlassen. Noch gelten die Regeln der Strafprozessordnung in Thüringen. Sie haben nichts gegen Leutbold und Schmoll in der Hand außer Ihrem Verdacht, Sie haben nicht einmal den Hauch eines Indizes. Ich habe den Beschuldigten auferlegt, Weimar nicht zu verlassen. Und das ist schon an der Grenze des Zulässigen. Wir haben einen Mordfall aufzuklären und sonst nichts. Ihre Phantasien sind hilfreich, aber nicht beweiskräftig. Außerdem stehen Sie im Verdacht, gegen den Paragraphen 343 des Strafgesetzbuchs verstoßen zu haben.«
    Grüntner schaute mich lange an. Er verstand nicht.
    »Leutbold beschuldigt Sie, Sie hätten ihn geschlagen. Und ich frage mich, woher der Bluterguss in seinem Gesicht stammt.«
    »Vielleicht vom Führer?«
    Warum lächelt der Kerl? fragte ich mich. Warum fährt er nicht aus der Haut?
    »Das muss untersucht werden. Ich fordere Sie letztmalig auf, Leutbold und Schmoll freizulassen.«
    Grüntner schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, überlegte kurz und stand auf. »Gut«, sagte er. Er ging zu einem Aktenschrank und zog eine Schublade heraus. Er nahm einen schmalen Hängeordner und warf ihn auf den Schreibtisch. »Ich werde diese Personen

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